Selbständig integriert? - Institut für Mittelstandsforschung ...
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Abb. 8.1.3: Anteil der Hochschulabsolventen nach Studium in Deutschland und im Ausland<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
türkisch<br />
2<br />
5<br />
10 6<br />
italienisch<br />
polnisch<br />
44<br />
17<br />
russisch<br />
49 1<br />
11<br />
deutsch<br />
33<br />
in Prozent<br />
türkisch<br />
4<br />
14<br />
italienisch<br />
4<br />
8<br />
polnisch<br />
Frauen Männer<br />
41<br />
57<br />
13 9<br />
russisch<br />
deutsch<br />
Studienabschluss in Deutschland Studienabschluss im Ausland<br />
Quelle: Primärerhebung „<strong>Selbständig</strong>e Migrantinnen Nordrhein-Westfalen“; ifm Universität Mannheim.<br />
Nimmt man die selbständigen Frauen aus Polen und Russland mit einem abgeschlossenen Studium genauer<br />
unter die Lupe, dann stößt man auf eine beachtlich hohe Zahl an Ärzt(inn)en und Zahnärzt(inn)en. Allein zwischen<br />
2004 und 2006 haben rund 5.000 polnische Ärzte und Ärztinnen ihre Heimat verlassen. 37 Andererseits<br />
wird bei genauem Blick auf andere Gruppen des Gesundheitswesens aber auch die Vermutung bestätigt, dass<br />
die im Herkunftsland erzielten Abschlüsse nicht unbedingt mit den in Deutschland erworbenen Zertifikaten<br />
verglichen werden können; zumindest nicht in allen Fällen. Rund ein Fünftel der polnisch- und russischstämmigen<br />
Hochschulabsolventinnen, die im Gesundheitswesen tätig sind, übt einen sog. „Hilfsheilberuf“ aus. Dazu<br />
zählen insbesondere therapeutische Berufe (etwa Krankengymnasten, Masseurinnen, Heilpraktikerinnen usw.)<br />
und Hebammen, die in Deutschland normalerweise keinen tertiären Ausbildungsgang durchlaufen. Hingegen<br />
schließen in Polen, wie auch in einigen anderen Ländern, bspw. Krankenschwestern oder Logopädinnen mit<br />
einem Hochschulstudium ab. Hinzu kommt, dass in Osteuropa bspw. weit mehr künstlerische Berufe mit akademischen<br />
Laufbahnen verbunden sind. Aber dennoch lässt sich auch unter Abzug der genannten Fälle resümieren,<br />
dass die <strong>Selbständig</strong>en osteuropäischer Herkunft zu einem überdurchschnittlich hohen Anteil eine<br />
(auch an deutschen Maßstäben gemessene) hohe Qualifikation aufweisen.<br />
Hinsichtlich der Frage, ob der Schritt in die <strong>Selbständig</strong>keit eine gelungene Arbeitsmarkt- und letztlich soziale<br />
Integration darstellt, müssen zusätzlich zur formalen Qualifikation weitere Kriterien berücksichtigt werden:<br />
Denn auch ein hoher Bildungsabschluss kann u.U. nicht verhindern, dass die in der <strong>Selbständig</strong>keit gewählte<br />
Tätigkeit einer marginalen Platzierung entspricht. Hiervon dürfte dann die Rede sein, wenn die erworbene<br />
Qualifikation weder in einer abhängigen noch in einer selbständigen Beschäftigung eine adäquate Verwertung<br />
findet. Nicht selten führen mangelnde Chancen am Arbeitsmarkt genauso bei hochqualifizierten Deutschen<br />
dazu, dass sie in eine ausbildungsinadäquate Tätigkeit flüchten müssen. Bei Migrant(inn)en scheint diese Gefahr<br />
jedoch noch größer, soweit die von ihnen erlernten Berufe in Deutschland keine Anerkennung finden. Die Zahl<br />
der erwerbslosen Ausländer mit einem akademischen Abschluss ist in etwa dreimal so hoch wie bei deutschen<br />
Akademiker/innen, was zumindest teilweise auf die Undurchsichtigkeit im sog. „Anerkennungsdschungel“ zurückgeführt<br />
wird. 38 Vor allem <strong>für</strong> Osteuropäer/innen stellt die Akzeptanz der in den Herkunftsländern erworbenen<br />
beruflichen Abschlüsse ein großes Problem dar, welches häufig dazu führt, dass Migranten auf Tätigkeiten<br />
mit niedrigeren Zugangshürden ausweichen. 39<br />
37 Allerdings nicht nur nach Deutschland. Vgl. ÄrzteZeitung Nr. 102 vom 06.06.2008, Seite 5. Schon in der Zeit davor findet sich eine<br />
auffällig hohe Zahl an Ärzten unter den Spätaussiedler/innen (vgl. Leicht et al. 2005).<br />
38 Vgl. auch iwd, Nr. 47, 2008 sowie Süddeutsche Zeitung 17.01.2009.<br />
39 Daher haben bspw.akademisch ausgebildete Migrant(inn)en bei der Otto-Benecke-Stiftung Gelegenheit, durch Nachqualifizierungen<br />
zu anerkannten Abschlüssen zu kommen.<br />
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