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Selbständig integriert? - Institut für Mittelstandsforschung ...

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234<br />

Frauen signifikant. Vor allem die Unternehmerinnen türkischer und russischer Herkunft arbeiten wöchentlich<br />

zwischen 7 bis 14 Stunden mehr als der Schnitt (nicht abgebildet). Leider haben wir keine Informationen über<br />

das hierdurch erzielte Nettoeinkommen. 313 Allerdings testen wir nachfolgend (Kapitel 17.3) den Einfluss dieser<br />

Strategie auf den subjektiven wirtschaftlichen Erfolg.<br />

Ein indirekter Indikator <strong>für</strong> die Ressourcenausstattung ist die Betriebsgröße. Zwar setzt sich die<br />

Untersuchungsgruppe zu einem deutlich höheren Anteil aus Kleinstbetrieben zusammen. Doch unter Kontrolle<br />

anderer Variablen verliert die Beschäftigungszahl der Betriebe an Einfluss.<br />

In welchem „ethnischen“ Umfeld arbeiten die der Selbstausbeutung verdächtigen Unternehmerinnen? Im<br />

Vergleich zu den übrigen <strong>Selbständig</strong>en zeigen sich kaum Unterschiede in Bezug auf ihre Kundenstruktur.<br />

Allerdings arbeiten die Frauen weit häufiger in Quartieren mit einer starken Konzentration an weiteren<br />

<strong>Selbständig</strong>en mit gleicher Herkunft. Dies ist unter den „Selbstausbeutenden“ mit 50% höherer<br />

Wahrscheinlichkeit der Fall als unter den <strong>Selbständig</strong>en insgesamt.<br />

Fasst man zusammen, spricht einiges da<strong>für</strong>, dass die auf einer Kombination von Mehrarbeit und Niedrigpreisen<br />

beruhenden Strategien zu einem großen Teil den Versuch darstellen, hierdurch den Mangel an adäquaten unternehmerischen<br />

Ressourcen zu kompensieren. In dieser Perspektive ist es berechtigt, dann zumindest bei<br />

diesen Betrieben von einer Strategie der Selbstausbeutung zu sprechen. Als „ethnische“ Strategie lässt sich<br />

eine solche zwar nicht unbedingt bezeichnen, da wohl auch viele kleine „deutsche“ Betriebe auf diese Art ihre<br />

Marktposition verteidigen.<br />

Es ist aber davon auszugehen, dass eine Strategie, die auf einem hohen Arbeitspensum, niedrigen Preisen<br />

und dem Mangel an Humankapital beruht (wenn überhaupt, dann) viel eher tragfähig ist, wenn hierbei wenigstens<br />

die Familienangehörigen mit eingespannt werden können und zudem das Beschäftigtenreservoir<br />

aus Landsleuten besteht. Eine Berücksichtigung dieser Variablen in den multivariaten Analysen erbringt jedoch<br />

keinen signifikanten Effekt. Dieser zeigt sich lediglich bivariat, d.h., die durchschnittlichen Anteile an<br />

Familienbeschäftigten sowie an co-ethnischen Beschäftigten liegen bei allen Herkunftsgruppen unter den sich<br />

„potenziell selbstausbeutenden“ Frauen deutlich höher als in der Referenzkategorie. 314 Hieran gemessen deutet<br />

sich an, dass die Untersuchungsgruppe versucht, ihr Überleben am Markt auch durch den Rückgriff auf<br />

„ethnische Ressourcen“ abzusichern. Aus diesem Blickwinkel bekommt die untersuchte Strategie dann eine<br />

„ethnische“ Komponente.<br />

17.2 mut, risikobereitschaft und ethnizität<br />

Strategien erfordern oftmals den Mut etwas Neues und Unkalkulierbares zu versuchen. Und dies betrifft nicht<br />

nur den Wagemut, den der Schritt in die <strong>Selbständig</strong>keit verlangt. Mut und eine gewisse Risikofreude sind teils<br />

auch dann erforderlich, wenn grundlegende Entscheidungen zur Positionierung oder zum weiteren Verbleib auf<br />

dem Markt anstehen.<br />

Risikobereitschaft wird bislang allerdings häufiger im Kontext der Gründungsneigung bestimmter Individuen<br />

oder Gruppen und weniger im Zusammenhang mit ihrem Verhalten in der täglichen Unternehmens(weiter)führung<br />

diskutiert. 315 Dies gilt zumindest <strong>für</strong> weite Teile der empirischen Forschung, wenngleich die neoklassischen<br />

„Entrepreneurship-Theorien“ durchaus nicht nur in der Person der Gründer(innen) sondern auch in der des<br />

Unternehmers 316 einen Risikoträger sehen und sich mit dem Zusammenspiel von unternehmerischer Wagnis<br />

und wirtschaftlichem Ertrag befassen. 317 Sowohl in der Gründungsforschung als auch in der öffentlichen Debatte<br />

kehren zwei Einschätzungen beständig wieder: So wird Frauen eine geringere Risikobereitschaft (bzw. größere<br />

Aversion) beim Schritt in die <strong>Selbständig</strong>keit zugeschrieben 318 und im Gegensatz hierzu gelten Migranten<br />

313 Dieses hatten wir in Kapitel 11.2 anhand der Mikrozensusdaten ermittelt.<br />

314 Die Unterschiede zwischen den Mittelwerten erweisen sich im T-Test jeweils als signifikant (zumindest <strong>für</strong> die weiblichen Herkunftsgruppen).<br />

315 Bspw. Spengler/ Tilleßen (KfW-Gründungsmonitor 2006); Köllinger/ Schade (2005) untersuchen bspw. den Einfluss von Optimismus,<br />

Selbstbewusstsein und Risikofreude auf das unterschiedliche Gründungsverhalten in Deutschland und den USA.<br />

316 Von „Unternehmerinnen“ ist in der deutschsprachigen Literatur seltener die Rede.<br />

317 Vor allem Knight (1921).<br />

318 Wagner 2006; Spengler/ Tilleßen (KfW-Gründungsmonitor 2006, S. 8); Metzger et al. 2008.

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