KLINISCHE PSYCHOLOGIE
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8. Persönlichkeitsstörungen<br />
8.1. Persönlichkeitsstörungen allgemein<br />
8.1.1. Zur Diagnose von Persönlichkeitsstörungen<br />
Im DSM-IV werden Persönlichkeitsstörungen als überdauernde, unflexible und<br />
tiefgreifende Erlebens- und Verhaltensmuster definiert, die von den Erwartungen der<br />
soziokulturellen Umwelt abweichen.<br />
A. Dabei müssen sich ein solches Muster in mindestens 2 der folgenden<br />
Bereichen manifestieren:<br />
Kognition<br />
Affektivität<br />
Gestaltung zwischenmenschlicher Beziehungen<br />
Impulskontrolle<br />
B. Es muss unflexibel und tiefgreifend sein (s.o.) und in vielen persönlichen<br />
und sozialen Situationen zum Tragen kommen.<br />
C. Leiden oder Beeinträchtigungen in wichtigen Funktionsbereichen<br />
D. Stabiles und lang andauerndes Muster mit Beginn im Jugend- oder frühen<br />
Erwachsenenalter<br />
Dient zur Abgrenzung von Persönlichkeitsveränderungen, die erst im<br />
Erwachsenenalter einsetzen und meist auf Substanzmissbrauch oder<br />
hirnorganische Schädigungen zurückgehen!<br />
Die Diagnose von Persönlichkeitsstörungen ist aus mehreren Gründen problematisch:<br />
1) Persönlichkeitsstörungen treten oft komorbid mit anderen Störungen auf,<br />
wobei sie großen Einfluss auf deren jeweilige Ausprägung haben. M.a.W.:<br />
Persönlichkeitsstörungen können den Kontext für andere psychische Störungen<br />
bilden und diese auf verschiedene Weise prägen.<br />
2) Das Phänomen der „Ich-Syntonie“: Persönlichkeitsstörungen werden von<br />
Patienten meist nicht als solche erkannt, sondern für normal gehalten.<br />
3) Dem entspricht, dass Leute mit einer Persönlichkeitsstörung meistens nicht<br />
wegen der Persönlichkeitsstörung, sondern wegen einer anderen Störung (z.B.<br />
Depression) in die Behandlung kommen.<br />
Im DSM-IV werden Persönlichkeitsstörungen vor diesem Hintergrund auf<br />
einer getrennten Achse, der Achse II, angeordnet (s.o.). Dadurch soll darauf<br />
aufmerksam gemacht werden, dass Persönlichkeitsstörungen oft zusätzlich<br />
zu anderen Störungen auftreten und daher einer gesonderten Diagnose<br />
bedürfen.<br />
4) Komorbidität mehrerer Persönlichkeitsstörungen: Häufig erfüllen<br />
Patienten die Kriterien mehrerer Persönlichkeitsstörungen.<br />
Beispiel: Auf über 50 % der Patienten mit einer Borderline-Störung treffen<br />
auch die Kriterien für eine schizotypische-, antisoziale- oder histrionische<br />
Persönlichkeitsstörung zu!<br />
5) Bei den Merkmalen einer Persönlichkeitsstörung handelt es sich um<br />
kontinuierliche Variablen, die bei „normalen“ Persönlichkeiten lediglich<br />
weniger stark ausgeprägt sind!<br />
Vor diesem Hintergrund wird diskutiert, ob im Zusammenhang mit<br />
Persönlichkeitsstörungen nicht ein dimensionaler Klassifikationsansatz<br />
passender wäre!<br />
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