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KLINISCHE PSYCHOLOGIE

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3) Kohorten-Studien: untersuchen gesamte Geburtskohorten über lange<br />

Zeiträume, so z.B. in England geschehen (5000 Vpn über 30 Jahre; 30 davon<br />

wurden schizophren)<br />

5.4. Soziale und psychologische Ätiologiefaktoren<br />

5.4.1. Labelling-Ansatz<br />

Der Labelling- bzw. Etikettierungsansatz (in den 60ern entstanden) geht davon aus,<br />

dass psychische Störungen die Folge gesellschaftlicher Stigmatisierungen sind.<br />

Menschen sind demnach nicht von sich aus „abnorm“, sondern werden erst durch die<br />

Gesellschaft in diese Rolle gezwängt; nur, wer von der Mehrheit als „gestört“<br />

angesehen- und entsprechend behandelt wird, entwickelt tatsächlich eine bleibende<br />

„Störung“!<br />

Rosenhan-Experiment (1972): Rosenhan schickte 8 normale Personen an<br />

verschiedene Kliniken, um sich dort als „Patienten“ auszugeben und über<br />

akustische Halluzinationen zu klagen: Die betreffenden Personen wurden in<br />

fast allen Fällen eingewiesen und erst nach 19 Tagen (in einem Fall sogar 59<br />

Tagen!) wieder entlassen. Obwohl sie sich nach dem Diagnosegespräch wieder<br />

völlig normal verhielten, wurde (außer von einigen Mitpatienten!) von<br />

niemandem bemerkt, dass sie gesund waren!<br />

Während des Klinikaufenthalts protokollierten die „Pseudopatienten“<br />

genauestens, wie mit ihnen umgegangen wurde: Ihre Fragen wurden nicht<br />

ernst genommen, es wurden keine ernsthaften Gespräche geführt etc. etc.<br />

Kritik: Es gibt außer dem Rosenhan-Experiment kaum empirische Befunde, die den<br />

Labelling-Ansatz stützen könnten, dafür aber eine Vielzahl von Befunden, die gegen<br />

ihn sprechen.<br />

1) Gibt es keine gesellschaftspezifischen Unterschiede, was die Häufigkeit von<br />

Schizophrenie betrifft<br />

2) Bestehen, was die Zeit vor und nach einem Klinikaufenthalt betrifft, i.d.R. keine<br />

Unterschiede in sozialen Variablen wie dem Beruf oder Beziehungen; sprich:<br />

die Patienten sind nachher nicht weniger angepasst als vorher!<br />

5.4.2. Sozioökonomischer Status<br />

Die Schizophrenierate ist in den untersten Sozial-Schichten (sprich: in Slums und<br />

Arbeitervierteln) am höchsten!<br />

Dazu gibt es 2 Erklärungen:<br />

1) Soziogenetische Hypothese („social stress“): Das Leben unter den<br />

schlechten Bedingungen ist eine Ursache der Krankheit (mehr Stress, mehr<br />

kritische Life-Events, schlechtere Ernährung, schlechtere medizinische<br />

Versorgung, weniger Bildung etc.)<br />

2) Social-Drift Hypothese („social selection“): Nicht die soziale Schicht<br />

bedingt die Krankheit, sondern die Krankheit die soziale Schicht. Schon<br />

im Vorfeld der akuten Krankheit driften Schizophrene aufgrund der<br />

Symptomatik der Promodalphase (Antriebslosigkeit, sozialer Rückzug<br />

etc.) in die unterste Schicht ab.<br />

Die empirischen Daten sprechen eher für die Social-Drift Hypothese (man<br />

braucht sich dazu nur die Herkunftsfamilien der Schizophrenen anzuschauen,<br />

die in den meisten Fällen einen besseren sozioökonomischen Status innehaben)<br />

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