KLINISCHE PSYCHOLOGIE
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Bulimie und die bulimische Form der Anorexie lassen sich als Teufelskreislauf<br />
beschreiben:<br />
Geringes Selbstwertgefühl Diät, um sich besser zu fühlen (s.o.: positive<br />
Verstärkung) zu strake Nahrungsreduktion Diät wird nicht eingehalten;<br />
negative Affekte („Disinhibition“-Effekt) Fressattacke (emotionsregulierende<br />
Funktion) Schlechtes Gewissen und Angst vor<br />
Gewichtszunahme Kompensatorische Maßnahmen (Spannungsreduktion)<br />
körperliche, psychische und soziale Folgeschäden geringes<br />
Selbstwertgefühl …<br />
6.2.4. Andere psychologische Modelle<br />
Psychodynamische Theorien: deuten Essstörungen als missglückten Ablöseversuch<br />
von den Eltern; einerseits gehe es den Betroffenen darum, Autonomie zu gewinnen<br />
und sich als selbstwirksam zu erleben; andererseits wollen sie nicht erwachsen<br />
werden.<br />
Letzteres zeigt sich nicht nur daran, dass sich ihr Autonomiestreben auf ein so<br />
infantiles Feld wie das Essen beschränkt; sondern auch daran, dass durch die<br />
Nahrungsverweigerung die sexuelle Reifung verzögert bzw. verhindert wird<br />
(Angst davor, einen weiblichen Körper zu bekommen).<br />
Systemische Theorien: betrachten essgestörte Patienten als „Symptomträger“ in<br />
einem dysfunktionalen Familiensystem; durch ihre Störung verhindern sie familiäre<br />
Konflikte (etwa zwischen den Eltern); die Krankheit hat demnach eine „positive“<br />
Funktion.<br />
Merkmale essgestörter Familien (nach Minuchin):<br />
Übermaß an Bindung: Eltern sprechen und denken für ihre Kinder<br />
Überbesorgtheit: Die Familienmitglieder sind extrem um das gegenseitige<br />
Wohl besorgt<br />
Rigidität: Der Familie geht‟s um den Erhalt des Status quo; sie ist<br />
dementsprechend wenig flexibel und tut sich schwer mit Veränderungen<br />
Fehlende Konfliktlösung: Die Familie vermeidet entweder Konflikte oder<br />
befindet sich in chronischen Konflikten<br />
6.2.5. Zusammenfassung (die wichtigsten Risikofaktoren)<br />
Risikofaktoren für Anorexie (in der Reihenfolge ihres zeitlichen Auftretens):<br />
Genetische Prädisposition<br />
Weibliches Geschlecht<br />
Ethnische Zugehörigkeit („westlich“ sozialisiert)<br />
Schwangerschaftskomplikationen<br />
Kindliche Schlafstörungen<br />
Überbehütender Erziehungsstil<br />
Sexueller Missbrauch<br />
Zwanghafte Persönlichkeitsstörung<br />
Perfektionismus<br />
Angststörung<br />
Negatives Selbstbild<br />
„Weight concerns“ (Gedanken über Gewicht)<br />
Adoleszentes Alter<br />
Spezifische Auslöser (Schulstress, Beziehungsstress, Identitäts- und<br />
Autonomiekonflikte etc.<br />
…<br />
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