KLINISCHE PSYCHOLOGIE
KLINISCHE PSYCHOLOGIE
KLINISCHE PSYCHOLOGIE
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
5.5. Behandlung<br />
5.5.1. Medikamentöse Behandlung<br />
Neuroleptika (auch „Antipsychotika“ genannt) haben eine antipsychotische und<br />
sedierende Wirkung; sie sind daher bei der Behandlung von Schizophrenien und<br />
anderen psychotischen Störungen unverzichtbar!<br />
Neuroleptika werden sowohl zur Akutbehandlung, als auch zur<br />
Rückfallprophylaxe eingesetzt.<br />
Der biochemische Wirkmechanismus von Neuroleptika ist hochkomplex und<br />
noch immer nicht bis ins Letzte geklärt:<br />
Gemeinsam ist allen Neuroleptika ihre hemmende Wirkung auf die<br />
dopaminerge Übertragung; erreicht wird diese durch die antagonistische<br />
Besetzung der Dopaminrezeptoren; für die antipsychotische Wirkung ist<br />
dabei insbes. die Blockade der D2-Rezeptoren bedeutsam.<br />
Neuroleptika interagieren aber auch mit anderen Transmittersystemen:<br />
Rezeptoren für Serotonin (insbes. 5-HT2A), Acetylcholin (meist α1),<br />
Histamin und Noradrenalin z.B. werden von ihnen, wenn auch in<br />
geringerem Maße, teilweise ebenfalls blockiert!<br />
Neuroleptika haben eine Vielzahl von Nebenwirkungen – besonders ins<br />
Gewicht fallen dabei die extrapyramidal-motorischen Nebenwirkungen (s.u.),<br />
die sich folgendermaßen erklären lassen:<br />
Blockiert werden nicht nur die Dopaminrezeptoren des mesolimbischen<br />
und mesokortikalen Systems (schizophrene Symptomatik), sondern auch<br />
die des mesostriatalen Systems (Motorik) Parkinson-Symptomatik<br />
Wechselwirkung mit anderen Transmittersystemen, insbes. Verminderung<br />
der ACh-Aktivität im Striatum (die für die Motorik überaus wichtig ist)<br />
Je nachdem, ob die antipsychotische oder die sedierende Wirkung im<br />
Vordergrund steht (wovon zumindest bei den typischen Neuroleptika das<br />
Ausmaß der motorischen Nebenwirkungen abhängt), wird zwischen hoch-,<br />
mittel- und niedrigpotenten Neuroleptika unterschieden.<br />
Bei ersteren (z.B. bei Haloperidol) sind die antipsychotische Wirkung und<br />
damit die motorischen Nebenwirkungen im Verhältnis zur sedierenden<br />
Wirkung hoch, bei den niedrig-potenten Neuroleptika ist es umgekehrt!<br />
Alle Neuroleptika wirken symptomatisch; d.h. sie führen zu keiner Heilung im<br />
eigentlichen Sinne, sondern bekämpfen lediglich die Symptomatik!<br />
Zumindest die klassischen bzw. typischen Neuroleptika haben dabei kaum<br />
lindernde Wirkung auf die Negativsymptomatik, sondern können diese im<br />
schlimmsten Fall sogar noch verschlimmern!<br />
Neuroleptika bewirken keine Bewusstseinsveränderung und führen nicht zu<br />
Toleranzentwicklung und Gewöhnung!<br />
Geschichtliches:<br />
Früher (1. Hälfte des 20.Jh.): Zwangsjacken, Elektrokrampftherapie und<br />
präfrontale Lobotomie (Durchtrennung der Nervenbahnen zw. Frontallappen<br />
und den unteren Gehirnzentren)!<br />
1. Revolution: Neuroleptika wurden erstmals in den 50ern (1952 in Europa,<br />
1954 in den USA) eingesetzt; das erste Neuroleptikum war dabei<br />
Chlorpromazin. Der Anteil dauerhaft hospitalisierter Patienten wurde dadurch<br />
enorm reduziert (ein gigantischer Erfolg)!<br />
2. Revolution: Seit rund 30 Jahren wird vermehrt auf atypische Neuroleptika<br />
gesetzt (s.u.); das erste atypische Neuroleptikum war Clozapin!<br />
65