KLINISCHE PSYCHOLOGIE
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Barbie-Puppen stellen ein unrealistisches Rollenmodell dar: Um ihre Figur zu<br />
erreichen, müsste die Durchschnittsfrau ihre Oberweite um ca. 30 Zentimeter<br />
vergrößern und ihre Taille um 25 cm reduzieren. Die Größe müsste ca. 2, 15 m<br />
betragen!<br />
Dass soziokulturelle Faktoren bei der Entstehung von Essstörungen tatsächlich eine<br />
große Rolle spielen, zeigen folgende Befunde:<br />
Essstörungen werden meist durch eine Diät eingeleitet (73 – 91% erkranken<br />
während einer Diätphase); das gilt v.a. für die Fressattacken bei Bulimie, die<br />
nahezu immer auf vorangegangene Diäten zurückzuführen sind<br />
(„Disinhibition“-Effekt).<br />
Der Übergang zwischen gesellschaftlich akzeptierter Schönheitspflege und<br />
krankhaftem Schönheitswahn ist dementsprechend fließend!<br />
Essstörungen treten primär in westlichen Industrienationen auf; in<br />
Entwicklungsländern gibt es sie kaum!<br />
Noch gibt es diesbezüglich aber leider zu wenige Studien; die These, es<br />
gäbe kulturspezifische Unterschiede, ist daher nur bedingt empirisch<br />
abgesichert!<br />
Einfluss der Medien<br />
6.2.3. Kognitiv-verhaltenstheoretisches Modell<br />
Das kognitiv-verhaltenstheoretische Modell versucht v.a., die aufrechterhaltenden<br />
Bedingungen von Essstörungen herauszuarbeiten, womit nichts anderes gemeint ist<br />
als die das gestörte Verhalten verstärkenden Faktoren.<br />
Grundannahme: Im Zentrum von Essstörungen stehen Probleme mit dem eigenen<br />
Gewicht und ein gestörtes Verhältnis zum Essen – ausgelöst werden Essstörungen<br />
jedoch meist durch andere Probleme (zwischenmenschliche Konflikte, mangelnde<br />
soziale Kompetenz, Belastungen in der Kindheit, übertriebener Perfektionismus etc.).<br />
Diese Probleme führen dazu, dass die Patientin sich selbst als inkompetent und<br />
unfähig erlebt und sich beim Auftreten konkreter Probleme (spezifische Auslöser) in<br />
die Essstörung „flüchtet“!<br />
Bei der restriktiven AN lassen sich folgende Verstärker ausmachen:<br />
Der vielleicht zentralste Verstärker ist der Erfolg bei der<br />
Nahrungseinschränkung selbst.<br />
Beides gibt den Patientinnen das Gefühl der Selbstkontrolle, was<br />
wiederum zu einem gesteigerten Selbstwert und Selbstwirksamkeitsgefühl<br />
führt. Darüber hinaus kompensieren die Patientinnen mit ihrer Kontrolle<br />
über das Essen vielfach den Kontrollverlust in anderen Lebensbereichen.<br />
AN-Patientinnen haben häufig ein hohes Maß an Perfektionismus, sie<br />
streben Gewichtsreduktion an wie andere Schulerfolg! Auf Pro-Ana-Seiten<br />
werden regelrechte Wettbewerbe ausgerufen!<br />
Ein weiterer Verstärker ist der mit erfolgreicher Nahrungseinschränkung<br />
einhergehende Gewichtsverlust.<br />
Je dünner die Patientinnen, desto schöner fühlen sie sich!<br />
Die permanente Auseinandersetzung mit Essen und Gewicht verhindert eine<br />
Auseinandersetzung mit anderen Schwierigkeiten und Defiziten, wodurch die<br />
Störung negativ verstärkt wird!<br />
Negativ verstärkend wirken außerdem die permanente Angst vor<br />
Gewichtszunahme und Kontrollverlust sowie die körperlichen Symptome<br />
nach vermehrter Nahrungsaufnahme (Völlegefühl, Blähungen etc.).<br />
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