KLINISCHE PSYCHOLOGIE
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und affektive Störungen. - Bei Männern geht Alkoholismus häufig mit einer<br />
antisozialen Persönlichkeitsstörung einher.<br />
Alkoholabhängigkeit geht meist mit der Abhängigkeit von weiteren Substanzen einher<br />
(„Polytoxikomanie“); z.B. sind über 90% der Alkoholiker auch nikotinabhängig<br />
(was möglicherweise auf eine Kreuztoleranz von Alkohol und Nikotin zurückzuführen<br />
ist)!<br />
Hinzu kommen zahlreiche Begleit- und Folgeerkrankungen (z.B. alkoholinduzierte<br />
Psychosen, Suizidalität, Unterernährung etc.), die bei der Behandlung zwecks „Harm<br />
Reduction“ Vorrang haben (s.u.).<br />
Entzugssymptome: Patient fühlt sich ängstlich, depressiv, ruhelos, kann nicht<br />
schlafen; Tremor der Finger, Augenlider, Lippen und Zunge; Erhöhter Puls,<br />
erhöhter Blutdruck, erhöhte Körpertemperatur etc.<br />
Entzugssyndrom mit Delir (auch „Delirium tremens“ genannt): tritt bei 15%<br />
aller Alkoholabhängigen auf – und zwar 3 bis 4 Tage nach Beginn der<br />
Abstinenz; dauert 3 – 7 Tage und führt unbehandelt bei 10-20% der Fälle zum<br />
Tod (Herz-Kreislauf-Versagen)!<br />
Prodromalerscheinungen: Schlaflosigkeit, Unruhe, Angst, Zittern<br />
Symptome: Bewusstseinstrübung und Desorientierung, motorische Unruhe,<br />
überwiegend visuelle, z.T. aber auch taktile Halluzinationen (Patienten<br />
sehen die berühmten „weiße Mäuse“ und anderes Getier)<br />
Ein Delir ist ein akuter und lebensbedrohlicher psychiatrischer Notfall!!<br />
Alkoholabhängigkeit muss von riskantem bzw. schädlichem Alkoholkonsum<br />
unterschieden werden; bei letzterem kommt es laut ICD-10 zwar zu Schäden, es liegt<br />
aber keine Abhängigkeit vor.<br />
Faustregel (Grenzwerte):<br />
Frauen: max. 5 Mal in der Woche 20 g Alkohol/Tag (~ ½ l Bier)<br />
Männer: max. 5 Mal in der Woche 40g Alkohol/Tag (~ 1 l Bier)<br />
7.2.4. Epidemologie, Verlauf und Prognose<br />
Häufigkeit (in Deutschland):<br />
Der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch reinen Alkohols liegt in Deutschland bei<br />
ca. 10 Litern; das entspricht einem halben Liter Bier und einem Glas Wein<br />
(0,2 Liter) pro Tag!<br />
50 % dieses Verbrauchs gehen dabei auf 7% der Bevölkerung zurück!<br />
Epidemiologie:<br />
1, 5 Mio. sind abhängig (= 2,4%)<br />
2,7 Mio. betreiben Alkoholmissbrauch (= 4%)<br />
7,9 Mio. legen einen riskanten Alkoholkonsum an den Tag (= 11%)<br />
Geschlechterspezifität: Männer trinken im Schnitt etwa 3 Mal so viel wie<br />
Frauen und sind daher auch wesentlich häufiger von alkoholbedingten<br />
Syndromen betroffen (s.o.).<br />
Alkoholabhängigkeit: 4 % zu 1%<br />
Alkoholmissbrauch: 5% zu 2%<br />
Fazit: Alkoholbedingte Störungen stellen bei Männern die häufigste, bei<br />
Frauen (nach Angststörungen) die zweithäufigste psychische Erkrankung dar!<br />
Kulturelle Unterschiede und aktuelle Tendenzen:<br />
Am höchsten ist der Alkoholkonsum in Nordamerika und Europa; auch dort<br />
bestehen jedoch zwischen den einzelnen Staaten z.T. große Unterschiede; am<br />
höchsten ist der Konsum in Gegenden, in denen viel Wein produziert wird<br />
(Italien, Frankreich, Californien etc.).<br />
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