KLINISCHE PSYCHOLOGIE
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Definition: Unter Agoraphobie versteht man die Angst vor weiten oder öffentlichen<br />
Plätzen (griech. „agora“ = „Marktplatz“) bzw. davor, keine Fluchtmöglichkeit zu<br />
haben (z.B. in der Mitte eines Kinos) oder im Notfall keine Hilfe zu bekommen (z.B.<br />
auf Flugreisen oder im Wald).<br />
Klassifikationskriterien nach der ICD-10:<br />
Eine deutliche und anhaltende Furcht vor oder Vermeidung von mindestens<br />
2 der folgenden Situationen:<br />
Menschenmengen (z.B. Warteschlangen, Einkaufsstraßen etc.)<br />
Öffentliche Plätze (z.B. Supermarkt, Kino, Straßenbahn etc.)<br />
Alleine Reisen<br />
Reisen mit weiter Entfernung von Zuhause<br />
Mindestens ein Mal nach Beginn der Störung müssen mindestens zwei<br />
Angstsymptome der Panik-Symptome (s.o.) gleichzeitig vorhanden<br />
gewesen sein – und zwar im Zusammenhang mit den gefürchteten<br />
Situationen (s.o.)<br />
Anmerkungen: Agoraphobiker verlassen, wenn überhaupt, nur selten ihre<br />
Wohnung, brauchen meist Begleitung, achten darauf, möglichst immer<br />
Medikamente oder die Telefonnummer des Arztes bei sich zu haben<br />
(„Sicherheitssignale“) etc. etc.<br />
11.3.2. Diagnostik<br />
Differentialdiagnose:<br />
Abgrenzung von anderen Angststörungen: Da Panikattacken auch bei anderen<br />
Angststörungen auftreten (s.o.: in 80% der Fälle!), ist es wichtig, a) die<br />
Häufigkeit der Attacken zu beachten und b) ihren Kontext und zentrale<br />
Befürchtungen herauszuarbeiten!<br />
Panikstörung: Angst vor körperlichen und/oder geistigen „Katastrophen“<br />
(„Ich werde sterben!“; „Ich werde verrückt!“)<br />
Soziale Phobie: Angst vor Bewertung und Blamage<br />
Spezifische Phobien: Angst vor spezifischen Situationen<br />
<br />
(situationsgebundene Befürchtungen)<br />
PTSD: Angst vor Reizen und Situationen, die an das Trauma erinnern<br />
Zwangsstörung: Angst für Objekt der Zwangsvorstellung!<br />
Die Abgrenzung von organischen Erkrankungen: ist bei der Panikstörung<br />
besonders wichtig, da sie sich v.a. in physiologischen Symptomen äußert und<br />
die meisten Patienten von einer physiologischen Ursache überzeugt sind!<br />
Hier nur einige Beispiele, was alles ausgeschlossen werden muss:<br />
Lungenerkrankungen (Atemnot, Enge-Gefühl etc.) => Röntgen und<br />
internistische Untersuchung<br />
Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion: Herzklopfen, Schwitzen,<br />
Angst, Atemnot etc.) => Laboruntersuchung<br />
Herzinfarkt (Brustschmerzen, Unruhe, Atemnot, Vernichtungsgefühl<br />
etc.)<br />
…<br />
Diagnostische Messinstrumente (klinische Fragebögen):<br />
„Agoraphobic Cognitions Questionnaire“ (Ehlers & Margraf): Fragebogen<br />
zu angstbezogenen Kognitionen, z.B. bezüglich körperlicher Krisen,<br />
Kontrollverlust oder Vermeidung.<br />
Wie oft („nie“ bis „immer“) haben sie folgende Gedanken, wenn sie nervös<br />
bzw. ängstlich sind: „Ich muss mich gleich übergeben!“; „Ich muss einen<br />
Hirntumor haben!“ etc.<br />
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