KLINISCHE PSYCHOLOGIE
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2) Singt der Spiegel dagegen, hat Alkohol eine sedierende Wirkung und es<br />
überwiegen negative Emotionen.<br />
Randbemerkung: Die kurzzeitige Wirkung von Alkohol scheint, zumindest wenn nur<br />
geringe Mengen konsumiert wurden, nicht zuletzt von den Erwartungen des Trinkers<br />
anzuhängen.<br />
Gibt man Pbn ein nach Alkohol schmeckendes, aber in Wahrheit alkoholfreies<br />
Getränk, verspüren diese die von ihnen erwartete Wirkung (z.B. erhöhte<br />
Aggressivität und sexuelle Erregung)<br />
Zu den langfristigen Wirkungen von Alkohol gehören:<br />
Toleranzsteigerung und Entzugserscheinungen: Um die hemmende Wirkung<br />
des Alkohols auszugleichen, steigern bestimmte Nervenbahnen ihre Aktivität;<br />
wird kein Alkohol mehr zugeführt, fehlt seine hemmende Wirkung und es<br />
kommt zu einem Zustand der Übererregtheit!<br />
Letzterer äußert sich in Schlafstörungen, Ruhelosigkeit, Tremors etc.<br />
(F 10.3: Entzugssyndrom); in besonders schlimmen Fällen kann es zu<br />
einem „Delirium tremens“ (F 10.4: Entzugssyndrom mit Delir) kommen.<br />
Leberzirrhose: Absterben und Entzündung von Leberzellen<br />
Amnestisches Syndrom (auch Korsakow-Syndrom genannt): Vitaminmangel<br />
führt zu Gedächtnislücken<br />
Unterernährung: Da Alkohol hochkalorisch ist, nehmen Alkoholiker oft nur<br />
noch wenig Nahrung zu sich; das Problem ist jedoch, dass Alkohol trotz der<br />
hohen Kalorienzahl kaum Nährstoffe enthält!<br />
Alkohol während der Schwangerschaft: Alkoholembryopathie (kleiner Kopf,<br />
weit auseinanderstehende Augen, flache Nase, verminderte Intelligenz,<br />
geschwächtes Immunsystem etc.)<br />
Außerdem: Bluthochdruck und Gefäßerkrankungen (=> daher die roten<br />
Nasen); Schädigung von Hirnzellen etc.<br />
Gesellschaftliche und familiäre Auswirkungen des Alkoholkonsums:<br />
Die von Personen mit Alkoholproblemen verursachten Kosten für das<br />
Gesundheitssystem sind rund doppelt so hoch wie die Kosten, die Abstinente<br />
verursachen.<br />
Alkoholismus führt auf Dauer zu Arbeitsunfähigkeit und Frühberentung!<br />
Annähernd die Hälfte aller Autounfälle ist auf übermäßigen Alkoholkonsum<br />
zurückzuführen (die stärkste Risikogruppe sind junge Männer)!<br />
Kriminalität: Etwa ein Drittel aller Festnahmen erfolgt wegen oder unter<br />
Beteiligung von Trunkenheit; über die Hälfte aller Gewaltverbrechen (Mord,<br />
Vergewaltigung etc.) wird unter Alkoholeinfluss begangen!<br />
Alkoholismus ist nicht zuletzt eine „Familienkrankheit“ – schließlich leiden<br />
auch die Angehörigen von Alkoholikern unter den Folgen der Störung<br />
(Unzuverlässigkeit, Arbeitslosigkeit, sexuelle und gewalttätige Übergriffe etc.)<br />
und entwickeln in Folge dessen häufig selbst psychische Störungen!<br />
Konsequenz: Nahestehende Personen sollten in die Therapie mit<br />
einbezogen werden!<br />
7.2.3. Komorbiditäten und Differentialdiagnose<br />
Alkoholismus weist eine extrem hohe Komorbiditätsrate auf: Die<br />
Lebenszeitprävalenz für zusätzliche psychiatrische Störungen (Angststörungen,<br />
Depression etc.) liegt bei Alkoholabhängigen bei 80%!<br />
Geschlechtsspezifische Unterschiede: Bei Frauen ist die Komorbiditätsrate<br />
insgesamt höher als bei Männern; besonders häufig sind dabei Angststörungen<br />
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