KLINISCHE PSYCHOLOGIE
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6. Methoden zur Untersuchung gestörten Verhaltens<br />
6.1. Wissenschaftstheoretisches<br />
6.1.1. Was ist Wissenschaft?<br />
Wissenschaft ist das Streben nach systematisiertem Wissen durch Beobachtung.<br />
Dazu gehört einerseits die systematische Erhebung und Bewertung von<br />
Informationen, andererseits die Entwicklung von Theorien zur Erklärung dieser<br />
Informationen.<br />
Wissenschaftliche Aussagen müssen eine Vielzahl von Gütekriterien erfüllen; die<br />
wichtigsten sind:<br />
Sie müssen überprüfbar sein (=> präzise Formulierung und Falsifizierbarkeit)<br />
Sie müssen zuverlässig sein (=> Replizierbarkeit, Reliabilität und Objektivität)<br />
Sie müssen valide sein (=> d.h. auf die Wirklichkeit übertragbar sein)<br />
6.1.2. Was sind Theorien und theoretische Konstrukte?<br />
Wissenschaftliche Theorien dienen dazu, Zusammenhänge zu erklären. Sie müssen<br />
empirisch überprüft werden („context of justification“); erlauben aber gleichzeitig die<br />
Bildung von Hypothesen und geben so der empirischen Forschung erst ihre Richtung<br />
(„context of discovery“)!<br />
Theorien enthalten Konstrukte (z.B. das Konstrukt „Angst“), die sich zwar nicht<br />
unmittelbar beobachten lassen, dafür aber die beobachteten Zusammenhänge<br />
vereinfachen und damit überhaupt erst verständlich machen! Solche theoretischen<br />
Konstrukte überbrücken häufig Zeit-Raum-Beziehungen und können auf<br />
unterschiedliche Weise operationalisiert werden!<br />
„Angst“ z.B. kann erklären, warum Personen auf ganz unterschiedliche<br />
Situationen (Gewitter, Prüfung etc.) auf ähnliche Weise reagieren; das Konstrukt<br />
überbrückt somit die Lücke zwischen Situation und Reaktion und vereinfacht<br />
dadurch die beobachteten Zusammenhänge. Operationalisiert werden kann<br />
„Angst“ z.B. durch einen Fragebogen oder physiologische Maße (Zittern,<br />
Herzrate, Schweiß etc.).<br />
6.2. Forschungsmethoden der klinischen Psychologie<br />
6.2.1. (Einzel-)Fallstudien<br />
Eine Einzelfallstudie beruht auf der Sammlung von familiengeschichtlichen,<br />
biographischen und anderen krankheitsrelevanten Informationen zu einem einzelnen<br />
Patienten. Auf welche Art von Infos dabei besonders Wert gelegt wird, hängt vom<br />
zugrunde gelegten Paradigma ab.<br />
Eine berühmte Fallstudie ist Freuds Studie über „Anna O.“; sie bildete den<br />
Ausgangspunkt für Freuds Theorie der Hysterie und legte damit den Grundstein<br />
für die Psychoanalyse!<br />
Einzelfallstudien erlauben weder Kausalitätsaussagen, noch dürfen sie verallgemeinert<br />
werden. Trotzdem sind sie in bestimmten Zusammenhängen durchaus sinnvoll!<br />
Sie ermöglichen die detaillierte Darstellung eines seltenen Phänomens bzw.<br />
einer neuen Diagnose- oder Therapiemethode!<br />
Besonders zur dissoziativen Identitätsstörung (s.u.) gibt‟s viele<br />
Einzelfallstudien, da sie sehr selten und recht spektakulär ist!<br />
Entkräftung angeblich universal gültiger Aussagen einer Theorie!<br />
Entwicklung neuer Forschungshypothesen!<br />
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