KLINISCHE PSYCHOLOGIE
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Schizophrene begehen beim dichotischen Hörtest mehr Fehler, aber eher, weil<br />
sie relevante Reize einfach nicht beachten oder vergessen – und nicht so sehr,<br />
weil sie sich von der 2. Tonspur ablenken lassen.<br />
Schlussfolgerungen:<br />
Die genannten Befunde legen nahe, dass eine anticholinerge Medikation<br />
(wie sie gegen motorische Nebenwirkungen häufig eingesetzt wird) evtl.<br />
problematisch ist (schließlich spielt ACh auch für<br />
Aufmerksamkeitsprozesse eine entscheidende Rolle)<br />
Wie die Aufmerksamkeitsdefizite mit der sonstigen Symptomatik<br />
zusammenhängen, ist noch nicht wirklich geklärt. Es liegt jedoch nahe, sie<br />
zu den formalen Denk- und Sprachstörungen in Bezug zu setzen.<br />
5.3.4. Sonstige biologische Faktoren<br />
Geburtskomplikationen: Bei Personen, die später schizophren werden, sind<br />
besonders häufig Geburtskomplikationen aufgetreten (Frühgeburt, vermindertes<br />
Geburtsgewicht, Sauerstoffunterversorgung etc.); darüber hinaus scheinen<br />
<br />
Infektionen während der Schwangerschaft (v.a. im 3-7 Monat => Entwicklung des<br />
Kortex) das Risiko für Schizophrenie zu erhöhen.<br />
Die meisten schizophrenen Patienten sind in den Wintermonaten (November,<br />
Dezember) geboren (Temperaturminderung; Infektionen; Medikamenteneinnahme<br />
etc. werden als mögliche Moderatoren diskutiert)<br />
Nach Influenza- und Grippeepidemien treten schizophrene Erkrankungen<br />
häufiger auf (dieser Effekt wird jedoch nicht in allen Studien gefunden)<br />
Problem und Lösung: Warum brechen Schizophrenien, wenn die sie<br />
bedingenden Gehirnläsionen schon während der Schwangerschaft oder bei der<br />
Geburt erfolgen, dann erst im frühen Erwachsenenalter aus? - Weil der<br />
präfrontale Kortex erst in der Adoleszenz voll ausreift und vorher noch nicht<br />
die entscheidende Rolle spielt, die er danach inne hat!<br />
Um mögliche Vulnerabilitätsfaktoren einer Krankheit zu ermitteln, lassen sich<br />
folgende Arten von Studien durchführen:<br />
1) Prospektive High-risk-Studien: untersuchen die Entwicklung von Kindern<br />
und Jugendlichen mit hohem Risiko (schizophrene Mutter); die bisher<br />
wichtigsten Ergebnisse solcher Studien:<br />
Pbn, die später tatsächlich erkranken, weisen oft eine verzögerte<br />
motorische Entwicklung und einen geringeren IQ auf; sie erbringen<br />
schlechtere Schulleistungen und werden eher als schwierig empfunden.<br />
Darüber hinaus sind bei ihrer Geburt häufiger Komplikationen aufgetreten<br />
(s.o.) als bei den Kontrollpersonen und denen, die nicht erkranken!<br />
Die Wahrscheinlichkeit einer negativen Symptomatik wird erhöht<br />
durch:<br />
Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen<br />
Elektrodermale Non-Responsivität (s.o.: Orientierungsreaktion)<br />
Die Wahrscheinlichkeit einer positiven Symptomatik wird erhöht durch:<br />
Unstabile Familienverhältnisse (Trennung der Eltern…)<br />
Vorübergehender Heimunterbringung<br />
2) Retrospektive Studien (Follow-back-Studien): rekonstruieren nachträglich<br />
die Entwicklungsgeschichte von Schizophrenen (methodisch problematisch)<br />
Mehr Schuleinträge; stärkerer sozialer Rückzug; schlechtere Noten<br />
Analysen von Familienvideos zeigen, dass Schizophrene schon als Kinder<br />
weniger positive Emotionen zeigten und in der motorischen Entwicklung<br />
hinter normalen Kindern (z.B. ihren Geschwistern) zurück waren.<br />
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