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Die Agyptische Religion

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98 Viertes Kapitel.<br />

verschiedene Seiten der Welt, und insofern kann man diese<br />

Richtung wirklich eine pantheistische nennen.<br />

<strong>Die</strong>selben gebildeten Kreise, die diese Anschauungen<br />

gepflegt haben, haben sich nun auch noch in anderer Weise<br />

von dem Herkommen entfernt. Wer bisher zu den Gottern<br />

gebetet oder sie im Liede gepriesen hatte, der hatte sich<br />

dabei im ganzen der alten herkommlichen Formeln und<br />

Worte bedient, die zwar wenig Gedanken enthielten, die<br />

aber durch das Alter geheiligt waren. Das ist seit der zweiten<br />

Halfte des neuen Reiches anders, und der frische Zug, der in<br />

dieser Epoche das agyptische Leben durchweht, ruft eine<br />

religiose Dichtung hervor, in der das Fiihlen und Empfinden<br />

des einzelnen frei sich ausspricht. Auch darin zeigt sie schon<br />

ihre Volkstumlichkeit, daij sie nicht mehr in der heiligen<br />

Sprache der alten Literatur, sondern in der modernen Um-<br />

gangssprache abgefaijt ist. Das alteste und schonste Beispiel<br />

dieser Dichtung ist der Hymnus Amenophis' IV. (oben S. 79 ff) ;<br />

auch das Lied auf Amon Re, das wir oben (S. 74) niitgeteilt<br />

haben, ist da, wo es den Gott als Schopfer und Erhalter feiert,<br />

schon im neuen Stile gehalten. Wer solche Lieder mit einem<br />

der alten Hymnen vergleicht, etwa mit dem an Osiris, der<br />

oben angefuhrt ist (S. 61), dem wird der groije Unterschied<br />

nicht entgehen; dort tote Erinnerungen an allerhand Sagen,<br />

hier eignes Fuhlen und die Freude sich das Wirken und die<br />

Gute des Gottes lebhaft zii veranschaulichen. Da ist der Gott<br />

ein guter Hirte: Amon, du Hirt, der die Kiihe fruh austreibt,<br />

der die elende zur Weide treibt; er ist der Mastbaum, der den<br />

Winden trotzt, er ist der Pilot, der die Untiefen kennt und<br />

nach dem man sich auf dem Wasser sehnt 39). Und Thoth ist<br />

der Fruchtbaum, der die Menschen nahrt, diese grope Dum-<br />

palme von sechzig Ellen, an der Friichte sind; Kerne sind in den<br />

Friichten und Wasser ist in den Kernen; er ist der siipe Brunnen<br />

fur den Durstenden in der Wiiste; er ist es, der Wasser bringt<br />

an jerne Orte 40). Ein Verhaltnis von personlicher Liebe und<br />

Vertrauen hat man zu dem Gotte: Amon Re, ich liebe dich und<br />

habe dick in nzein Herz geschlossen . . . . ich iolge nicht der Sorge<br />

in meinem Herzen; was Amon gesagt hat, gedeiht 41). Und so<br />

legt man ihm unbekummert alle seine Sorgen ans Herz: du<br />

wirst mich erretten aus dem Munde der Mensclzen am Tage, wo<br />

er Luge redet 42). Der Verleumdete, den ein Nebenbuhler um<br />

sein Amt gebracht hat, bittet den Sonnengott oder den<br />

Osiris, ihm beizustehen 43). Und wieder ein anderer betet so:<br />

Amon, leihe dein Ohr einem, der allein steht im Gericht, der arm<br />

ist und sein Gegner ist machtig. Das Gericht bedriickt ihn:<br />

39) Inscr. in the hier. Char. pL XXVI: 4") Sall. I, 8, 2 ff.<br />

41) Inscr. hier. Char. 1. 1. 42) ib.<br />

43) Agypt. Zeitschr. 38, 19 E.

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