Die Agyptische Religion
Die Agyptische Religion
Die Agyptische Religion
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
s2 Viertes Kapitel.<br />
Anschauungen abgewichen werden; es geniigte, wenn der<br />
Tote zur Sonne Aehte, ihm ihren Anblick zu gewahren und<br />
ihm die frische LuCt des Nordwindes zu gebenr') - vom<br />
Osiris und seinem Reiche sollte man nichts mehr horen.<br />
Aber wer im funiten Kapitel sieht, wie mannigfach das<br />
Graber- und Totenwesen von alters her ausgebildet war und<br />
wie viele Befurchtungen und Hoffnungen sich an se.i,ne Ge-<br />
hr3uche knupften, der wird begreifen, was es fur die Agypter<br />
heifjen wolltc, auch diesen Dingen zu entsagen. <strong>Die</strong> Folge<br />
war, daij man doch von ihnen auch im neuen Glauben nicht<br />
absah und sie widersinnig genug in das neue Wesen mit<br />
hineinnahm. Es gibt keinen Osiris mehr und kein Toten-<br />
gericht, aber den grofien Skarabaus, der bei diesem half<br />
(S. 161), legt man doch noch der Mumie bei und beschreibt<br />
ihn rnit einern Gebete an den Aton 1;). <strong>Die</strong> kleine Pyramide,<br />
die dem Toten dazu verhalf, die Sonne zu schauen (S. 162),<br />
pafit in den neuen Glauben kaum noch hinein, aber es ist doch<br />
gut, auch sie dem Toten bei.zugeben, nur dafj man auch<br />
hier das Rild und den Namen des Aton anbringt 13). Auch<br />
die Figuren, die beim Osiris fur den Toten arbeiten (S. 159),<br />
mochte man nicht missen und selbst das Grab des Herrschers<br />
hat sie enthalten; auch auf ihnen steht unpassend genug<br />
eine Anrufung des hton.<br />
Und auch der Konig selbst konnte nicht uber den Wider-<br />
spruch hinwegkommen, daij seine eigene Stellung nun einmal<br />
auf der alten <strong>Religion</strong> beruhte, die ihn zum Halbgott ge-<br />
macht hatte und zum einzigen Vertreter der Menschen. Von<br />
dieser Rolle kann auch der vierte Amenophis nicht lassen,<br />
er bleibt der leibliche Solohn des Gottes, und am Schlusse jenes<br />
grofjen Hymnus, der in dem Gott den Vater aller hlenschen<br />
sieht, heifit es doch: kein anderer kennt dich als dein Sohn,<br />
der K6nig. Dafj auch der grofie Tempel, den er dem Gotte<br />
errichtete, in der ublichen Reise den Konig als den einzigen<br />
Vertreter des Gottes gezeigt haben wird, konnen wir dem-<br />
nach als gewifj annehmen, wenn uns auch keines seiner Re-<br />
liefs erhalten ist.<br />
<strong>Die</strong>ses grofje Heiligtum lag ubrigens nicht an einer der<br />
von alters her geheiligten Ststten, denn diese alle bargen<br />
ja Erinnerungen, mit denen sich die Lehre von dem einen<br />
Gotte, aufjer dem kein anderer ist, nicht vertragen .konnte.<br />
So hat denn der Konig folgerichtig dem neuen Agypten<br />
auch eine neue Hauptstadt gebaut, diejenige, deren Ruinen-<br />
felder wir heute Tell Amarna nennen. In dieser groi3artigen<br />
Schopfung hat der vierte Arnenophis noch mehr als ein<br />
Jahrzehnt gelebt, umgeben von den klugen Leuten, die<br />
11) I, D I11 107 a. 12) Berlin 15099. 13) Berlin 14123.