Die Agyptische Religion
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244 Elftes Kapitel.<br />
ihn zum Priester untauglich machen wurde. <strong>Die</strong>ser Hohe-<br />
priester ist ubrigens der hochste Kultusbeamte fur einen<br />
groi3eren Bezirk; er ist dabei der Vertreter des vornehmen<br />
romischen Reamten, der als Hoherpriester von Alexandrien<br />
und ganz Agypten die staatliche Aufsicht uber die Tempel<br />
des Niltales ausiibt.<br />
Ob diese.,Aufsicht eines Romers oder Griechen uber die<br />
Heiligtumer Agyptens anfangs vom Volke ubel empfunden<br />
worden ist, wissen wir nicht; lange hatte ein solches Gefuhl<br />
freilich nicht wahren konnen, denn in den Jahrhunderten<br />
nach Christi Geburt trug das Griechentum immer mehr den<br />
Sieg uber das einheimische Wesen Agyptens davon, und<br />
damit wurde auch die <strong>Religion</strong> des Vollies vollends zu einer<br />
Mischung griechischer und agyptischer Elemente. Niemand<br />
fallt es mehr auf, dai3 es in der alten Stadt des Sobk auch<br />
einen Tempel des Jupiter Capitolinus gibt und dai3 in diesem<br />
neben dem Geburtstage der Roma auch das Fest des Sobk<br />
gefeiert wird. Und mochten auch die alten groijen Tempel des<br />
Landes sich von solcher Mischung im ganzen rein erhalten,<br />
so war im Volke dafur kein Einhalt mehr zu tun. Leider ist<br />
dieser spate Volksglauben fur uns ein Buch mit sieben Siegeln,<br />
und nur zu oft wissen wir nicht, welche Gotter sich hinter all<br />
den neuen Namen und Gestalten verstecken, die uns in ihm<br />
entgegentreten. Wer ist z. B. die Thripis? wer ist der Gott<br />
Phemnoer 19) im Faijum? und wer ist der grof3e Gott Antaios,<br />
nach dem sogar eine Stadt heiijt? Und wie kommt es, dai3<br />
an die Stelle des alten Sobk oder, wie er griechisch<br />
heifit, des Suchos, jetzt ein Gott tritt, der den gewohn-<br />
lichen Mannernamen Petesuchos, die Gabe des Sobk, tragt ?<br />
Einen Uberblick uber diese volkstumliche <strong>Religion</strong>, von<br />
der die alten Tempel nichts wissen, gewinnen wir aus den<br />
tonernen Gotterbildchen, die wir in den Hausern des dritten<br />
Jahrhunderts n. Chr. finden. Es waren die Heiligenbilder der<br />
kleinen Leute, und oft sind sie mit einer Lampe versehen,<br />
die man am Festtage den Gottern zu Ehren anzundete.<br />
Kein Gott hat dem Volke mehr am Herzen gelegen als der<br />
kleine Harpokrates, und die Figuren, die ihn kindlich spielend<br />
darstellen, zeigen, was die Leute an diesem Bambino so<br />
besonders freute. Aber daneben zeigt er sich doch auch als<br />
gottliches Wesen. Er thront als Nachfolger des Sonnen-<br />
gottes im Schiffe (S. I I) oder inder Blume (S. 33) und reitet auf<br />
dem Widder, den sonst Amon gehabt hatte. Auch die Gans,<br />
die man seit dem neuen Reiche als ein dem Amon heiliges<br />
Tier in Theben verehrte (S. 94), ist jetzt auf Harpokrates<br />
ubergegangen, er reitet auf ihr oder futtert sie freundlich<br />
19) Berl. Griech. Urk. Nr. 471.