Die Agyptische Religion
Die Agyptische Religion
Die Agyptische Religion
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Der Gotterglaube und der Kultus im neuen Reich. $37<br />
der feierlichen Einfuhrung des neuen Priesters im Tempel<br />
ward dieser in dem See gebadet, der bei den Tempeln zu<br />
liegen pflegte.<br />
E i n e Art geistlicher Tatigkeit ist freilich auch im<br />
neuen Reiche immer in den Handen der Laienschait ge-<br />
hlieben, die der Frauen. Fast jede Dame dieser Zeit wirkt<br />
an einem Tempel als Sdngerin beim Kultus mit und musiziert<br />
mit dem Sistrum VOY dena scki;nen Antlitz des Gottes. Solche<br />
Sangerinnen finden sich in jeder Stadt und an jedem Tempel,<br />
aber am haufigsten begegnen uns naturlich die des Amon,<br />
deren Schar zudem in eigentiimlicher Weise organisiert ist.<br />
Nach agyptischen Begriffen ist ja, wiewir oben (S. 50,57,<br />
58) gesehen haben, der Kultus eines Gottes eigentlich nichts als<br />
die regelmaoige Bedienung eines vornehmen Herrn in seinem<br />
Hause; seine <strong>Die</strong>ner sorgen fur seine Kleidung und seine<br />
Speisung und die Frauen, die vor ihm musizieren, kann<br />
nian als seinen Harem ansehen, der seinen Herrn durch<br />
Musik erheitert. <strong>Die</strong>se Fiktion hat ma.n in Theben nun<br />
weiter ausgesponnen. <strong>Die</strong> Gattin des Hohenpriesters heiflt<br />
nicht wie andere Damen eine Sangerin des Amon, sondern<br />
fuhrt den Titel seines oberstzn Kebsweibes; die Konigin aber<br />
oder eine Prinzessin gilt als das Weib des Gottes oder, wie<br />
man sie auch nennt, als die Gottesverehrerin. <strong>Die</strong> Amts-<br />
pflichten dieser Gottesweiber bestehen freilich auch nur darin,<br />
dafl sie vor dem Gotte musizieren, aber ihre Stellung erfreut<br />
sich doch der hochsten Ehre und, was noch mehr besagt, ekes<br />
besonderen groi3en Vermogens. Schon im Anfange des neuen<br />
Reiches scheinen sie auch eine politische Rolle gespielt zu<br />
haben; wie wir unten sehen werden, sind sie spater geradezu<br />
zu Herrscherinnen eines geistlichen Furstentumes geworden.<br />
Wenn man die groi3artige Eiitfaltung dieser offiziellen<br />
<strong>Religion</strong> des neuen Reiches immer mit Staunen betrachten<br />
wird, mehr Anteil wird man doch dem schenken, was uns<br />
jetzt daneben hier und da sichtbar wird, dem Glauben der<br />
niederen und hoheren Schichten des Volkes, der auflerhalb<br />
der Tempel seine eigenen sti!len Wege geht. Wer in unsern<br />
Sammlungen die kleinen Denksteine ansieht, die Privatleute<br />
einer Gottheit geweiht haben oder die kleinen Gotterbilder,<br />
die in ihren Hausern gestanden haben, und wer die Inschriften<br />
liest, die sie an die Felsen der Wuste schrieben, der trifft<br />
dabei auf nllerlei heilige Wesen, von denen die grooen Tempel<br />
nichts wissen. Da sind zunachst fremde Gotter aus Pala-<br />
stina, .Phcnizien und Syrien, die Soldaten und Kaufleute<br />
nach Agypten gebracht haben und die demnach zumeist<br />
als schreckliche Gotter gelten, die im Kriege wiiten oder den<br />
Sturm auf dem Meere erregen. Da ist der furchtbare Baal,<br />
den man dem Seth gleichsetzt. Da ist Rescheph, der I.anze