Die Agyptische Religion
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Elftes Kapitel.<br />
der Jahreswende feiert, den Tag des Kindes im Neste, wo<br />
Hathor geboren wurde, das Neujahr und andere mehr. Sie<br />
bestehen aus einem erhohten Tempelchen, in dem die Gottin<br />
gethront haben wird, und in dem man sie kleidete und salbte,<br />
aus einem Hof, in dem man ihr opferte, und aus einem Vor-<br />
raum, der zugleich die Kostbarkeiten fur dieses Fest bewahrte.<br />
Von den Treppen, die auf das Dach des Tempels fuhrten,<br />
diente die eine langgestreckte zu den Prozessionen der Fest-<br />
tage; auf ihr trug man in feierlichem Zuge das Bild der Gottin<br />
auf das Dach und enthullte es oben in einem offnen Tempel-<br />
chen, damit die Sonne sie schaue und Hathor sich mit ihrem<br />
Vater begegne.<br />
An einer andern Stelle des Daches lag dann noch das<br />
kleine Heiligtum des Osiris, das bei keinem..groOen Tempel<br />
dieser Zeit fehlen durfte, da sein Gott den Agyptern langst<br />
der vertrauteste von allen geworden war. In ihm spielt sich<br />
im Monat Choiakh nach altem weitverbreiteten Brauch<br />
die Feier ab, die das Wiederaufleben des Gottes darstellt : man<br />
macht ein Mumienbild aus Erde und Getreidekornern und<br />
feuchtet es an; dann keimen und sprossen die Korner (vgl.<br />
S. 21. 22) und das tote Bild grunt und lebt.<br />
Es sind ohne Zweifel Raume des tiefsten Geheimnisses,<br />
die wir hier auf dem Tempeldache mit unsern profanen<br />
Ful3en betreten, aber es gibt noch geheimere, die uns heute<br />
off enstehen. <strong>Die</strong> starken Mauern des Heiligtums bergen in<br />
ihrem Innern schmale geheime Gange, deren Existenz nie-<br />
mand von auBen ahnen kann. In diesen geheimen Orten,<br />
deren Inhalt kein Fremder kennt und deren Tore verborgen sind 5),<br />
waren die Gotterbilder und heiligen Gerate niedergelegt, deren<br />
man nicht zum Kultus bedurfte.<br />
So ragten diese Tempel in ihrem reichen Schmucke in<br />
den winkligen Gassen der agyptischen Stadte auf und ver-<br />
kiindeten der Menge, die sich da draul3en drangte, daf.3,<br />
mochten die Zeiten gehen und kommen, wie sie wollten,<br />
auf diesem heiligen Roden nichts sich anderte. So wie es<br />
seit Jahrtausenden geschehen, vollzog der Priester hier<br />
taglich seine Gebrauche im Allerheiligsten und an denselben<br />
Tagen und in der gleichen Weise wie vordem, sah man hier<br />
die groi3e Gottheit aus dem Tempel heraustragen, um sich<br />
an eine heilige Statte zu begeben oder um mit der befreundeten<br />
gottlichen Macht eines andern Heiligtums zusammenzutreff en.<br />
Da verlaf.3t z. B. der Horus von Edfu 6) am Tage vor seinem<br />
grof.3en Feste seinen Tempel, begleitet von seinem Mitgotte<br />
5) Dumichen, Resultate 36. 6) Das Folgende nach den Fest-<br />
kalendern von Edfu, die wie man aus ihrer Sprache sieht, eine Fest-<br />
ordnung des neuen Reiches wiedergeben.