Die Agyptische Religion
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76<br />
Viertes Kapitel.<br />
gewuijt hatte? Und nun sollte dieser allen anderen Gott-<br />
heiten voranstehen ? DaB eine solche Miijstimmung be-<br />
standen hat, kann man von vornherein annehmen, und<br />
schwerlich wurde es der groijen Umwalzung, der wir uns<br />
nun zuwenden, gelungen sein, wenigstens zeitweise den<br />
Amon zu sturzen, wenn es nicht schon eine grof3e Partei<br />
gegeben hatte, die ihm feindlich gewesen ware, <strong>Die</strong>se Um-<br />
walzung ist die sogenannte religiose Reform Amenophis’ IV.,<br />
die merkwurdigste Episode, die uns die Geschichte des alten<br />
Agyptens zeigt. Leider sind wir fur ihre Kenntnis auf das<br />
wenige angewiesen, was wir aus den Denkmalern dieser Zeit<br />
erschlieBen und erraten konnen, und daij von diesen Denk-<br />
malern nicht zu vie1 auf die Nachwelt gekommen ist, dafur<br />
hat die Rache der Amonspriester gesorgt. Immerhin darf<br />
man ohne zu grof3es Wagnis den innersten Grund dieser<br />
Vorgange in den eigentumlichen Verhaltnissen suchen, die<br />
in dieser Epoche uber Agypten gekommen waren.<br />
Auf die Kriege gegen Vorderasien war im funfzehnten<br />
Jahrhundert eine Zeit gefolgt, in der Agypten seine weite<br />
Macht ungehindert ausubte und eine Stellung in der da-<br />
nialigen Kulturwelt einnahm, wie es sie nie zuvor besessen<br />
hatte. Das konnte nicht ohne Wirkung auf das Volk bleiben<br />
und in kurzer Zeit anderte sich jetzt mehr in seinen Sitten<br />
und Anschauungen als vordem in Jahrhunderten. Der Ge-<br />
sichtskreis des Volkes hatte sich erweitert und damit muijte<br />
auch die Zersetzung des alten starren und engherzigen<br />
Agyptertumes beginnen. Seit Kanaanaer und Syrer zu dem<br />
groi3en Reiche gehorten, seit ihre Furstensohne am Hofe<br />
lebten und sei! der standige Verkehr ihre Sitten und ihre<br />
Sprachen den Agyptern vertraut gemacht hatte, konnte man<br />
sie nicht mehr in der kerkommlichen Weise als elende Bar-<br />
baren verachten. Und ebenso muBte sich auch die Stellung<br />
des Konigtumes allmahlich verschieben : der Pharao konnte<br />
nicht mehr ausschlieijlich der Herr der beiden Agy$ten sein,<br />
der Nachfolger des Horus: er wurde ein irdischer Herrscher<br />
wie seine Nschbarn, die Konige von Mitani unci Babylonien.<br />
Auffallig tritt uns dies bei Amenophis 111. entgegen, auf<br />
dessen lange Friedensregierung dann die groBe Umwalzung<br />
gefolgt ist. Wenn er auch in den Tempeln noch der Halbgott<br />
bleibt, wie es das Herkommen erfordert, so kehrt er dafur auf<br />
den groijen Skarabaen, die er zur Feier der denltwurdigen<br />
Ereignisse seiner Regierung hat anfertigen lassen, gerade die<br />
menschliche Seite seiner Existenz hervor. Als ware er kein<br />
Agypterkonig, erzahlt er uns, daij er 110 Lowen geschossen<br />
oder eine Herde von Wildochsen gejagt habe und daB ihm von<br />
dem Mitanikonig eine Tochter mit 317 Madchen gesandt<br />
worden sei. Vor allem aber berichtet er der Nachwelt, daB er,