Die Agyptische Religion
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264 Zwalftes Kapitel.<br />
drangt sich jetzt eine gerauschvolle Menge zusammen, die<br />
alle moglichen Sprachen spricht und die sich unpassend<br />
gegen die alten Gotter benimmt; die Ambrosia geht aus und<br />
der Nektar wird immer teuerer. Und 1Vlomus, der, sich zum<br />
Sprecher der Unzufriedenen macht, tragt diese Ubelstande<br />
in langer Rede vor und schmaht besonders das Barbaren-<br />
gesindel, den Attis und den Sabazios und den Mithras und<br />
all dies Gelichter, das kein Griechisch kann und das es nicht<br />
eininal versteht, wenn man ihm zutrinkt. Aber, sagt er,<br />
das alles konnte nock hingehen. Doch du, du hundskopfiger,<br />
in Leinen gehiillter Agypter, wer bist du denn ? und wie kannst<br />
du bellender Hund ein Gott sein wollen? Und wozu lapt sich<br />
der bunte Stier aus Memphis verehren und gibt Orakel und<br />
hat Priester? Von Ibissen und Affen und Bocken will ich<br />
lieber gar nicht sprechen und auch nicht von dem andern lacher-<br />
lichen Zeug, das irgendwie aus Agypten in den Himmel ein-<br />
geschmuggelt ist. Wie konnt ihr Gotter es nur mitansehen,<br />
dap man die ebenso gut verehrt wie euch oder wo moglich noch<br />
besser? Und dzt Zeus, wie kannst du es aushalten, dap sie<br />
dich mit Widderhcmern behaften? Zeus gibt zu, daij diese<br />
agyptischen Dinge abscheulich seien, aber, setzt er vorsichtig<br />
hinzu: vieles davon sind Ratsel, und wer nicht darin einge-<br />
weiht ist, sol1 nicht dariibev lachen 6).<br />
Was Zeus dem Momus einwirft, ist offenbar das, was<br />
die gebildeten Anhanger der Isis den Spottern zu entgegnen<br />
pflegten: ihr seht nur die aul3ere barocke Form unseres<br />
Glaubens und ahnt nicht, was sich hinter ihr verbirgt. Und,<br />
sagt Plutarch, wer diese Dinge wortlich nimmt und sich um<br />
ihren hoheren Sinn nicht kummert, da mup man ausspeien<br />
und den Mund reinigen. Denn wer ist Osiris? Osiris ist das<br />
Prinzip der Feuchtigkeit und die befruchtende Kraft der<br />
Zeugung. Er ist die Vernunft der Seele und das Geordnete<br />
und Gesetzmaaige in der Welt; ja er ist schlechtweg das<br />
Gute. Typhon aber ist das Trockne, Sengende, Durre. Er<br />
ist das Unvernunftige, Unbesonnene der Seele und das<br />
Kranlihafte, Storende in der Welt, er ist das Schlechtc.<br />
Isis hat die fruchtbare Erde zum Korper; sie ist der weib-<br />
liche, die Zeugung aufnehmende Teil der Natur, der Stoff<br />
fur Gutes und Schlechtes, der aber doch seiner Natur nach<br />
zum Guten neigt 7). Und alles Gute und Geregelte ist ein<br />
Werk der Isis und ein Abbild des Osiris 8). Nichts aber ist<br />
der Gottin so wohlgefallig wie das Trachten nach der Wahr-<br />
heit uiid der rechten Erkenntnis des Gottlichen; sie fordert<br />
die heilige Lehre, mahrend Typhon dagegen liampft. Wer<br />
6) Lucian, Deorum Concilium IO. 5) Plut. Isis et Osir. 33,<br />
3% 39, 49, 53. 8) ib. 64.