Die Agyptische Religion
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Das Totenwesen der alteren Zeit und des neuen Reiches. I 5 I<br />
nicht fehl, wenn wir annehmen, daij sich dabei der Bai-<br />
samierer und sein Gehilfe, der weise Cherheb (S. 68), als<br />
die Gotter betrachtet haben werden, die die Leiche des<br />
Osiris gesalbt und in Binden gehullt habenag).<br />
Desto genauer kennen wir das Ritual fur die Handlungen<br />
am Grabe, die zuerst wohl am Tage der Beisetzung an der<br />
Mumie selbst und nachher dann an den Festtagen an der<br />
Statue des Toten vollzogen wurden. <strong>Die</strong> Hauptperson bei<br />
diesen Zeremonien ist ein Priester, den man den Sem nennt,<br />
aber auch der Cherheb und manche andere Personen nehmen<br />
daran teil. Wenn der Tote rnit Wasser besprengt und mit<br />
Weihrauch umrauchert ist, dann treten drei Leute zum<br />
Grabe und weclten den Sem, der sich in Binden gehullt<br />
vorher in ihm niedergelegt hatte. Hat er sich in bestimmter<br />
Weise langsam erhoben, so ubernehmen die vier zusammen<br />
die Rolle jener Horussohne, die fur Osiris gesorgt hatten<br />
(S. 43).. In einem weiteren Stadium der Handlung, wo der<br />
Sem einen seltsamen Brustschmuck und einen Stab tragt,<br />
stellt er Horus, den Sohn des Osiris dar; die einen rufen:<br />
o Isis, Horus ist gekommen, dab er seinen Vafer umarme, und<br />
der Cherheb ruft: eile, dab du deinen Vater schauest. Da ver-<br />
tauscht der Sem seinen Schmuck rnit einem Pantherfell, und<br />
wahrend neben ihm das Opfertier zerlegt wird, verkundet<br />
er dem Toten: ich habe dies mein Auge aus seinem Munde be-<br />
freit, ich habe seinen Schenkel abgeschnitten - den Schenkel des<br />
Stieres will ja der Sem dem Toten so darbringen, wie einst<br />
Horus seinem Vater das eigene Auge darbrachte, das ihm<br />
Seth ausgerissen hatte (S. 41). Aber ehe der Tote dem Ge-<br />
nusse dieser Speise sich hingeben kann, mu6 erst noch<br />
der wichtigste aller Gebrauche an ihrn vollzogen werden,<br />
das Offnen des Mundes und der Augen. Zweimal mit kleinen<br />
Queraxten und einmal rnit einem Meiijel wird das Gesicht<br />
des Toten beruhrt und wenn das und allerlei anderes da-<br />
zwischen getan ist und wenn der Sem dann Mund und<br />
Auge mit dem kleinen Finger geoffnet hat, dann ist der<br />
Tote wieder fahig, seine Nahrung zu empfangen. Der Sem<br />
erhebt seinen Stab und uberweist ihm die Speisen. Zuletzt<br />
rauchert und salbt er den Toten, er gibt ihm ein Kopftuch<br />
und kleidet ihn in Binden und gibt ihm Stab und Geiijel,<br />
wie sie Osiris tragt.<br />
Neben diesem Zeremoniell steht dann das eigentliche<br />
Opferritual, das Buck aon der Kunst des Cherhebz6), jene<br />
'5) Da dem Anubis das ,.Verkliren" des Osiris und der Toten zu-<br />
geschrieben wird (Kairo I j?I, Ende des alten Reichs), so hat man damals<br />
schon der Kunst des Anubis, d. h. der richtigen Zubereitung der Leiche,<br />
die Kraft zugeschrieben, den Toten zu verklaren. 26) L D I1 71-72