Die Agyptische Religion
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Der Totenglaube der alteren Zeit und des neuen Reiches.<br />
I I 3<br />
Das ist das Los, das der Frommen harrt, die den Osiris<br />
verehren. Wohl mussen auch sie fortgehen von der Erde,<br />
aber nicht als Tote gehen sie fort, sie gehen als Lebende fort %),<br />
sie fuhren im Tode nicht nur eine geisterhafte gespenstische<br />
Existenz, sondern sie erwachen zu einem wirltlichen neuen<br />
Leben, im vollen Besitze ihres Korpers und ihres Geistes:<br />
sie besitzen ihr Her;.;, sie besitzen ihren Sinn, sie besitzen ihren<br />
Mund, sie besitzen ihre Fiipe, sie besitzen ihre Arme, sie be-<br />
sitzen alle ihwe Glieder 86).<br />
Wann diese Lehre sich so im agyptischen Volke zuerst<br />
weiter verbreitet hat, vermogen wir nicht zu sagen; jeden-<br />
falls ist es aher ein Vorgang uralter Zeit, denn selbst in<br />
dem altesten Restande der Totenliteratur, in den Pyramiden-<br />
texten, finden sich schon uberall Spruche, in denen der<br />
Tote dem Osiris gleichgesetzt wird. Freilich sind gerade<br />
diese Beispiele aus den Pyramidentexten zum Teil nur Um-<br />
arbeitungen alterer Spruche; man war eben an die Formeln<br />
der alten Art so gewohnt, dai3 man sie auch bei dem neuen,<br />
Glauben nicht missen mochte. Hie0 ein alter vie1 ver-<br />
breiteter Spruch: Gluckl&, die da sehen, und wohl denen, die<br />
da schauen - sagen die Gotter - wie heraufsteigt dieser Gott<br />
zum Himmel . . . . mit seiner Seele auf ihm, mit seiner Kraft<br />
an sich, mit dem Zauber bei sich . . . Du steigst auf zuwt<br />
Himmel und betrittst ihn usw.87), so heifit die neue Umarbei-<br />
tung: Gliicklich, der da sieht den Vater - sagt Isis - und<br />
wohl dem, der da schaut den Vater - sagt Nephthys - zu<br />
seinem Vater, zu Osiris, wenn er zum Himmel aufsteigt, unter<br />
den Sternen, unter den Zerstorungslosen, mit dem Kopftuch<br />
auf dern Haupt, mit der Kraft an sich, rnit dem Zauber bei<br />
sich. Er geht fort zu seiner Mutter Nut und betritt sie usw.88).<br />
Der erste schilderte die Himmelfahrt des Toten, der als<br />
neuer Gott den Himmel betritt zum Staunen der alten<br />
Gotter (vgl. S. 106); man hat ihm den Namen des Osiris ein-<br />
gefugt, hat den Himmel in seine Mutier Nut verandert, hat<br />
aus den Gottern die Isis und die Nephthys gemacht und hat<br />
damit einen Spruch von der Himmelfahrt des Osiris ge-<br />
wonnen. Er ist freilich dabei nicht verstandlicher und<br />
schoner geworden.<br />
Noch arger ist es, wie ein alter Spruch benutzt wurde,<br />
der die Himmelsgottin feierte, die hei ihrem Emporsteigen<br />
einst die Gotter mit sich in die Hohe gerissen hatte. Ein<br />
Vers in ihm lautete: Nut, du bist als Konig gekront, weil<br />
du dich der Gotter bemichtigtest und ihrer Seelen und ihres<br />
Erbes und ihrer Speisen und alley ihrer Habe 89) und ohne<br />
85) Pyr. 134. 86) Totb. ed. Nav. 6S,4-5. 87) Pyr.<br />
476 ff. Pyr. 939 ff. 89) Pyr. 824.<br />
E I' m a n , <strong>Die</strong> agypt. <strong>Religion</strong>. 8