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Die Agyptische Religion

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Der Gotterglaube und der Kultus im neuen Reich. 81<br />

DU schufst den feernen Himmel, urn an ihm zu strahlen,<br />

um all dein Erschaffenes zu sehen, allein und aufgehend<br />

in deiner Gestalt als lebende Sonne, erglamend, strahlend,<br />

sich entfernend und wiederkehrend. Du schufst (die Erde) fiir<br />

die, die aus dir allein entstanden sind, die Hauptstadte, Stadte,<br />

Stamme, Wege und Strome. Alley Augen schauen dich vor<br />

ihnen, wenn du die Tagessonne uber der Erde bist.<br />

Wer diesen schonen Hymnus mit den Liedern auf den<br />

alten Sonnengott vergleicht oder rnit dem oben mitgeteilten<br />

auf Amon-Re, dem wird der grundsatzliche Unterschied<br />

nicht entgehen. Gemeinsam ist ihnen, daf3 sie den Gott<br />

als Schopfer und Erhalter der Welt und alles Lebens feiern.<br />

Aber der neue Hymnus weii3 nichts von den alten Namen<br />

des Sonnengottes, von seinen Kronen, Szeptern. heiligen<br />

Stadten. Er weif3 nichts von seinen Schiffen und Matrosen<br />

und vom Drachen Apophis, nichts von der Fahrt durch das<br />

Totenreich und der Freude von dessen Insassen: Es ist ein<br />

Lied, das ebenso gut auch ein Syrer oder ein Athiope zum<br />

Preise der Sonne anstimmen kann. Und in der Tat sind<br />

ja diese Lander und ihre Bewohner so in diesem Hymnus<br />

erwahnt, als wolle er dem Hochmut, mit dem der Agypter<br />

auf die elenden Barbaren herabsah, ein Ende machen. Alle<br />

Menschen sind des Gottes Kinder; er hat ihnen verschiedene<br />

Farbe und verschiedene Sprachen gegeben und hat sie in<br />

verschiedene Lander gesetzt, aber er sorgt fur alle in gleicher<br />

Weise, und wenn er den einen seinen Nil gibt, SO gibt er<br />

den anderen dafiir seinen Regen.<br />

<strong>Die</strong>ser neue Glaube steht unserm eigenen Empfinden so<br />

nah, dai3 wir unwillkurlich seinem kuhnen Begrunder unsere<br />

Sympathie zuwenden. Und doch, wer ohne Vorurteil uber-<br />

legt, was der vierte Amenophis eigentlich unternahm, der<br />

wird schlieijlich doch das Recht auf der Seite seiner Gegner<br />

suchen - wie unerfreulich uns auch die Sache erscheint,<br />

die sie vertreten. Denn einmal war fur eine solche nicht<br />

nationale <strong>Religion</strong>, die sich auf den allgemein menschlichen<br />

Standpunkt stellte, die Zeit noch nicht gekornmen. Und<br />

dann war es ein bitteres Unrecht, den historisch entstandenen<br />

Glauben des Volkes, in den1 es mit seinem ganzen Leben<br />

wurzelte, durch das Hineinwerfen einer solchen frei erfundenen<br />

Lehre zu storen. Amenophis IV. war kein Reformator; er<br />

war ein aufgeklarter Despot, der den Deismus seiner Zeit<br />

gewaltsam an die Stelle der uberlieferten <strong>Religion</strong> setzen<br />

wollte und ein solches Unterfangen konnte die gesunde Ent-<br />

wicklung des Glaubens nur hindern.<br />

Wie das Volk sich mit der Lehre seines Konigs aus-<br />

einandersetzte, zeigen uns zwei kleine Denkmaler unserer<br />

Sammlung. Auch in den Grabern sollte von allen bisherigen<br />

Erman, <strong>Die</strong> agypt. <strong>Religion</strong>. 6

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