Die Agyptische Religion
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Das Totenwesen der alteren Zeit und des neuen Reiches. 139<br />
gefallen, die Speisen, die man dem Verstorbenen wunschte,<br />
in orientalischer Ubertreibung als tausend Brote, tausend<br />
Kriige Bier, tausend Ochsen, tausend Gdnse und tausend von<br />
allen reinen guten Dingen zu bezeichnen, aber das waren eben<br />
Wunsche, deren Hersagen nichts lrostete. Fur gewohnlich<br />
werden die Hinterbliebenen auf den Opferstein vor der<br />
Scheintur einige Brote niedergelegt und ihn rnit Wasser be-<br />
gossen haben; wenn sie dann an besonders groflen Festtagen<br />
etwa noch Fruchte und eine Rinderkeule dazufugten, so<br />
werden sie gedacht haben, sie hatten ihre Pflicht genugend<br />
erfiillt. Auch die lange 1,istc der Speisen, die man gern neben<br />
den Bildern der schmausenden Toten niederschrieb, mit ihren<br />
funferlei Sorten Wein und den vierzehn Sorten Kuchen und<br />
den zehn Sorten Fleisch hat gewiB nur als frommer Wunsch<br />
gedient 6).<br />
In jenen groijen Grabern des alten Rkiches, von denen ich<br />
oben sprach, ist dies offenbar anders geworden, das zeigt<br />
schon die Zahl der einfachen, hoheren und obersten Toten-<br />
priester, die in ihnen aufgefuhrt werden. Wo ein so grofles<br />
Personal (im Grabe des Mereruka zahle ich 47 Totenpriester)<br />
rnit dem Darbringen der Opferspeisen beschaftigt war, muBte<br />
auch die Xenge des Dargebrachten im Verhalhis dazu<br />
stehen. Augenscheinlich hatte auch hier das Vorbild der<br />
Konige, die bei ihren Pyramiden zahlreiche vornehme Leute<br />
als Totenpriester beschaftigten, zur Nachahmung gefuhrt.<br />
Das alte gesunde Verhaltnis, daiJ Sohne und Enkel fur das<br />
Grab sorgten, war nicht mehr zu halten; diese vornehmen<br />
Leute hatten selbst zu vie1 andere Pflichten, als dafl sie sich<br />
noch der regelmaBigen Pflege eines Grabes unterziehen konnten.<br />
So blieb denn nichts ubrig, als die Pietat beiseite zu setzen<br />
und durch ein geschaftliches Verhaltnis fur die Verstorbenen<br />
zu sorgen. Man schlofl mit einzelnen Verwandten oder<br />
Rediensteten der Familie oder auch wohl rnit fernstehenden<br />
Personen einen Vertrag ab, durch den man ihnen bestimmte<br />
Aclrer oder Einkunfte als Eigenturn ubergab; dafur ver-<br />
pflichtetensie sich, dieOpfer fur denverstorbenenzu bestreiten,<br />
die notigen Zercmonien zu erledigen und das Grab instand zu<br />
halten. <strong>Die</strong>se Totenpriester bildeten dann bei groijen Griibern<br />
eine Genossenschaft rnit bestimmten Rangunterschieden und<br />
eigenen Statuten.<br />
Auch hier kann man ubrigens beobachten, wie die von<br />
den Groijen eingefuhrte Sitte sich bald auch unter den ge-<br />
ringeren Standen verbreitet, und ein Mann, der selbst nur<br />
ein Totenpriester ist, hat uns eine Tafel hinterlassen 7), auf<br />
6) Sie konnte etwa van den Privaten aus Konigsgrabern uber-<br />
nommen sein. 7) Berlin 14108.