33. Sitzung - Deutscher Bundestag
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2642 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode — <strong>33.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991<br />
Günther Friedrich Nolting<br />
Wir wollen die Fristenlösung mit obligatorischer Beratung,<br />
aber natürlich auch mit umfassender sozialer<br />
Flankierung. Diese Lösung wird am ehesten dazu führen,<br />
daß sowohl die Abtreibungszahlen sinken als<br />
auch die Betroffenen entkriminalisiert werden.<br />
(Beifall bei der FDP)<br />
Meine Damen und Herren, eine entsprechende<br />
Rechtsangleichung soll es auch beim § 175 des Strafgesetzbuches<br />
geben. Für die Abschaffung dieses Paragraphen<br />
gab es ca. 4 000 Unterschriften. Da es sich<br />
hier um eine langjährige Forderung der FDP handelt,<br />
findet diese Petition unsere Unterstützung. Eine entsprechende<br />
Gesetzesinitiative der Bundesregierung<br />
ist in Kürze zu erwarten.<br />
(Beifall bei der FDP)<br />
Meine Damen und Herren, der Petitionsausschuß<br />
genießt hohes Ansehen bei unseren Bürgern im<br />
Lande, die in uns ihre Anwälte sehen. Ich will es einmal<br />
so sagen: Der Petitionsausschuß wird als Kum<br />
merkasten der Nation angesehen. Dies ehrt und ist<br />
gleichzeitig Verpflichtung und Ansporn für die Zukunft.<br />
Auch die in diesem Jahr noch einmal enorm<br />
gestiegene Zahl von Eingaben darf uns nicht nachlässig<br />
werden lassen, jeder Petition mit der erforderlichen<br />
Gründlichkeit nachzugehen.<br />
In diesem Zusammenhang möchte ich mich beim<br />
Ausschußdienst bedanken, der seine Aufgabe, den<br />
der Petition zugrunde liegenden Sachverhalt zu ermitteln<br />
und uns Politikern einen Entscheidungsvorschlag<br />
zu machen, nach wie vor zu unserer vollsten Zufriedenheit<br />
bewältigt.<br />
(Zustimmung bei der FDP, der CDU/CSU<br />
und der SPD)<br />
Dies ist bei einzelnen Petenten, die beinahe wöchentlich<br />
anrufen, wahrhaftig nicht einfach; davon wissen<br />
wir alle, glaube ich, ein Lied zu singen.<br />
Ich möchte mich aber natürlich auch bei den Kolleginnen<br />
und Kollegen aus der eigenen Fraktion, vor<br />
allem aber auch bei den Kolleginnen und Kollegen<br />
aus den anderen Fraktionen für die allseits kollegiale<br />
Zusammenarbeit bedanken. Ich denke, diese Zusammenarbeit<br />
sollte beispielhaft auf andere Ausschüsse<br />
übertragen werden.<br />
(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der<br />
SPD sowie der Abg. Dr. Dagmar Enkelmann<br />
[PDS/Linke Liste] — Zuruf von der - SPD)<br />
— Wir dürfen uns ja vielleicht auch einmal selbst<br />
loben.<br />
Meine Damen und Herren, selbst wenn Sie und wir<br />
gelegentlich über die ständig steigende Zahl von Eingaben<br />
stöhnen: Nehmen wir diese steigende Zahl als<br />
gutes Signal, als Zeichen für die Mündigkeit unserer<br />
Bürger, die sich Verwaltungshandeln nicht widerspruchslos<br />
gefallen lassen und die bei politischen Entscheidungsprozessen<br />
mitdenken und Einfluß nehmen<br />
wollen. Ich denke, dies ist ein Zeichen lebendiger<br />
Demokratie.<br />
Vielen Dank.<br />
(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD<br />
und dem Bündnis 90/GRÜNE)<br />
Vizepräsidentin Renate Schmidt: Als nächster Redner<br />
hat der Kollege Konrad Weiß das Wort.<br />
Konrad Weiß (Berlin) (Bündnis 90/GRÜNE): Sehr<br />
geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!<br />
Ich möchte den Bericht und die Tätigkeit des Petitionsausschusses<br />
des Deutschen <strong>Bundestag</strong>es im<br />
Jahre 1990 nicht bewerten. Das Bündnis 90/DIE GRÜ-<br />
NEN war zu diesem Zeitpunkt noch nicht im <strong>Bundestag</strong><br />
vertreten und kann somit die Ausschußarbeit der<br />
11. Legislaturperiode auch nicht beurteilen. Gestatten<br />
Sie mir aber einige Anmerkungen zu Dingen, die ich<br />
als Mitglied des Petitionsausschusses inzwischen aus<br />
eigener Anschauung kenne, hier zu benennen: Dies<br />
ist zum einen die Tätigkeit des Petitionsausschusses in<br />
der ersten Hälfte dieses Jahres, und dies ist zum Zweiten<br />
— hier bin ich als ostdeutscher Abgeordneter sowohl<br />
Betroffener als auch Verantwortlicher — die Lebenssituation<br />
der Menschen in den östlichen Bundesländern.<br />
Die Bürgerinnen und Bürger in der ehemaligen<br />
DDR sind mit großen Hoffnungen und großem Vertrauen<br />
den Weg in die Vereinigung der beiden deutschen<br />
Staaten gegangen. Auch das in Art. 17 des<br />
Grundgesetzes verbriefte Grundrecht, sich mit Bitten<br />
und Beschwerden an seine Volksvertretung wenden<br />
zu können, gehörte und gehört zu unseren Vorstellungen<br />
von Demokratie. Gerade nach unseren Erfahrungen<br />
mit einer Scheindemokratie, in der Bürgerinnen<br />
und Bürger, die sich mit Eingaben an staatliche Stellen<br />
wandten, zu Bittstellern degradiert oder sogar als<br />
Staatsfeinde behandelt wurden, wissen wir den hohen<br />
Wert eines solchen Rechtes zu schätzen.<br />
Wie groß die Hoffnungen der Bürgerinnen und Bürger<br />
aus den ostdeutschen Bundesländern auch in bezug<br />
auf das Petitionsrecht sind, zeigt nicht zuletzt die<br />
stetig ansteigende Flut ihrer Eingaben an den Petitionsausschuß.<br />
Dreimal so häufig wie die Bürger im<br />
Westen wenden sich die Menschen aus der ehemaligen<br />
DDR an ihre frei gewählten Volksvertreter mit der<br />
Bitte um Hilfe.<br />
Es ist für den Petitionsausschuß und damit für den<br />
Deutschen <strong>Bundestag</strong> insgesamt eine große Verpflichtung,<br />
dieses Vertrauen nicht zu enttäuschen. Ich<br />
fürchte — das muß ich nach meinen ersten Erfahrungen<br />
mit der Arbeit des Petitionsausschusses leider sagen<br />
— , daß es uns mit den zur Zeit zur Verfügung<br />
stehenden Kapazitäten und Instrumentarien nicht gelingen<br />
kann. Seit Januar beträgt der Posteingang im<br />
Ausschußsekretariat im Tagesdurchschnitt 180 Eingaben.<br />
Das ist eine Zahl, mit der das fleißige und sehr<br />
kompetente Ausschußsekretariat mehr als überfordert<br />
ist.<br />
(V o r sitz : Präsidentin Dr. Rita Süssmuth)<br />
Eine erhebliche Erhöhung der Anzahl der Arbeitskräfte<br />
in diesem Bereich ist also das mindeste, was wir<br />
zu fordern haben.<br />
Aber auch die Abgeordneten sind mit der Menge<br />
der Eingaben heillos überlastet. Die Zeit, in der wir<br />
uns im Ausschuß jeder einzelnen Petition widmen