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33. Sitzung - Deutscher Bundestag

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2680 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode — <strong>33.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991<br />

Werner Zywietz<br />

pelgesichtigen Aufmachung kann man sich nicht entziehen.<br />

Natürlich verdient Nicaragua Hilfe, wie ich sagte.<br />

Sie, Kollegin Fischer, sprechen hier aus persönlicher<br />

Betroffenheit. Ich habe nachgelesen, daß Sie in<br />

diesem Land einige Zeit gearbeitet haben. Aber der<br />

Ex-Ministerpräsident der früheren DDR, Dr. Hans<br />

Modrow, der diesen Antrag mitunterzeichnet hat, ist<br />

nicht hier, obwohl er während seiner verantwortlichen<br />

Regierungszeit genau das hätte tun können, was Sie<br />

hier einfordern. Sie tun dies in einer seltsamen Penetranz,<br />

als hätte eine Wiedervereinigung gar nicht<br />

stattgefunden. Sie sprechen hier nur von den „Schulden<br />

Nicaraguas gegenüber der DDR", das in einem<br />

Antrag vom 25. Ap ril 1991. Das macht mir deutlich,<br />

daß bei Ihnen im Kopf eine Wiedervereinigung eigentlich<br />

noch gar nicht stattgefunden hat und daß Sie<br />

— das ist eigentlich das Peinliche an diesem Antrag —<br />

als die Brandstifter der Vergangenheit hier auftreten<br />

und in die Rolle der Biedermänner schlüpfen, als hätte<br />

Ihnen das Schicksal Nicaraguas schon immer besonders<br />

am Herzen gelegen.<br />

(Beifall bei der FDP)<br />

Vizepräsident Helmuth Becker: Herr Kollege<br />

Zywietz, es gibt zwei Bitten um Zwischenfragen. Gestatten<br />

Sie diese?<br />

Werner Zywietz (FDP): Ja, gerne. Sehr gerne sogar.<br />

Vizepräsident Helmuth Becker: Herr Kollege Weiß,<br />

Sie hatten sich zuerst gemeldet. Bitte sehr.<br />

Konrad Weiß (Berlin) (Bündnis 90/GRÜNE): Herr<br />

Kollege, ich habe eine Nachfrage, die sich auf etwas<br />

bezieht, was schon etwas zurückliegt.<br />

Sie befleißigten sich, das Hohe Haus in wesentliche<br />

und unwesentliche Fraktionen zu unterteilen. Könnten<br />

Sie mir vielleicht einmal deutlich machen, nach<br />

welchen Gesichtspunkten Sie diese Unterscheidung<br />

vorgenommen haben<br />

(Ulrich Irmer [FDP]: Das ist selbsterklärend!<br />

Das bedarf keiner Erläuterung!)<br />

und aus welchem Wählerverhalten Sie das schließen<br />

würden?<br />

Werner Zywietz (FDP): Das will ich gerne tun, Herr<br />

Kollege.<br />

Wenn in diesem Hause ein Antrag mit dem Datum<br />

25. April 1991 eingebracht wird, dann kann es sich<br />

nur um Schulden der Bundesrepublik -<br />

Deutschland<br />

handeln und nicht um Schulden der DDR; denn in der<br />

Rechtsfolge gemäß Einigungsvertrag und dem, was<br />

zwischenzeitlich stattgefunden hat, sind das übernommene<br />

Schulden. Das ist die Rechtslage. Wer hier<br />

auftritt und so tut, als gehe es hier um spezielle Schulden<br />

der DDR, der hat ergo die letzten Monate geschichtlich<br />

verpaßt.<br />

Ich vermisse die Gesamtverantwortung. Hier wird<br />

nur eine Teilbetrachtung des Problems vorgenommen.<br />

Da, meine ich schon, ist zwischen wesentlichen<br />

und unwesentlichen Fraktionen zu unterscheiden,<br />

und zwar zwischen denen, die Gesamtverantwortung<br />

wahrnehmen oder sie wahrzunehmen sich bemühen,<br />

und denen, die das nicht tun.<br />

Da schaue ich zu der linken Seite des Hauses und<br />

erwarte gern die folgende Frage.<br />

Vizepräsident Helmuth Becker: Frau Kollegin Fischer,<br />

bitte.<br />

Dr. Ursula Fischer (PDS/Linke Liste): Es ist an dieser<br />

Stelle von einem Redner einmal über die Wirkung<br />

von Worten gesprochen worden. Ich möchte Sie bitten,<br />

darüber einmal nachzudenken.<br />

Meine Frage: Ist Ihnen bekannt, daß von dem Ausschuß<br />

für wirtschaftliche Zusammenarbeit der Volkskammer,<br />

von Minister Ebeling damals ein genereller<br />

Schuldenerlaß gegenüber der DDR gefordert worden<br />

ist und daß das von Theodor Waigel nicht anerkannt<br />

worden ist?<br />

Werner Zywietz (FDP): Das machen Sie jetzt auch.<br />

Sie wollen sich jetzt sozusagen in die Biedermann<br />

Rolle begeben und andere die Verantwortung übernehmen<br />

lassen. Sie hätten das alles früher tun können.<br />

Sie haben in der früheren DDR aber nur Umschuldung<br />

vorgenommen; so habe ich es gelesen. Die Zahlungen<br />

sollten eigentlich erst 1994 beginnen — ich habe mich<br />

in die Sache schon eingearbeitet —; nur, davon ist hier<br />

nicht die Rede.<br />

Sie haben an Nicaragua Waffen geliefert; Sie haben<br />

mit der Staatssicherheit zusammengearbeitet.<br />

(Widerspruch bei der PDS/Linke Liste<br />

— Konrad Weiß [Berlin] [Bündnis 90/<br />

GRÜNE]: Das ist doch unfair gegenüber der<br />

Kollegin Fischer!)<br />

— Das alles ist doch authentisch.<br />

(Beifall bei der FDP)<br />

Das kann ich zu Protokoll geben; ich kann es auch<br />

zitieren, wenn Sie es wollen.<br />

(Konrad Weiß [Berlin] [Bündnis 90/GRÜNE]:<br />

Die Kollegin Fischer hat in Nicaragua huma<br />

nitäre Hilfe geleistet!)<br />

Das ist authentisch: ,,... beklagt sich öffentlich über<br />

Vertragsbrüche der DDR wegen der Einstellung der<br />

Zusammenarbeit zwischen beider Staatssicherheitsdiensten.<br />

" — Diese Passage habe ich aus den Unterlagen<br />

entnommen.<br />

Also leugnen Sie nicht die vielleicht nicht in allen,<br />

aber in wesentlichen Teilen schlimme Verantwortlichkeit,<br />

die Sie dort für zehn Jahre zu übernehmen<br />

haben. Sie sprechen lieber von den letzten 500 Jahren<br />

und der großen Geschichte im allgemeinen, um Ihre<br />

Verantwortung für die letzten fünf oder zehn Jahre<br />

vergessen zu machen. So kommen Sie hier nicht durch<br />

die Maschen der geschichtlichen Betrachtung.<br />

(Beifall bei der FDP — Dr. Ursula Fischer<br />

[PDS/Linke Liste]: Sie auch nicht!)<br />

Hier wird das Gesamte verantwortet.<br />

(Zuruf von der SPD: Wie war das denn mit<br />

der LDP; hat die da nicht zugestimmt?)

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