33. Sitzung - Deutscher Bundestag
33. Sitzung - Deutscher Bundestag
33. Sitzung - Deutscher Bundestag
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
2676 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode — <strong>33.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991<br />
Parl. Staatssekretär Bernd Schmidbauer<br />
der Enquete-Kommission „Vorsorge zum Schutz der<br />
Erdatmosphäre" entnommen:<br />
Die Zunahme des Ozons in der Nordhemisphäre<br />
beträgt seit 1970 im Jahresmittel etwa 0,5 bis<br />
1 Prozent pro Jahr und etwa 2 Prozent in stark<br />
schadstoffbelasteten Gebieten.<br />
(Zuruf der Abg. Dr. Liesel Hartenstein<br />
[SPD])<br />
— Frau Kollegin Hartenstein, das ist eben nur Ihr Problem:<br />
Sie denken, daß dem Problem der Bildung troposphärischen<br />
Ozons mit nationalen Maßnahmen<br />
Rechnung getragen werden könnte. Das ist etwas<br />
ganz anderes.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP —<br />
Dr. Ulrich Böhme [Unna] [SPD]: Irgendwann<br />
muß man doch einmal anfangen!)<br />
Nachdem wir alle wissen, Frau Kollegin Hartenstein,<br />
daß dies ein Problem der Nordhemisphäre ist,<br />
will ich Ihnen noch etwas dazusagen. Klar ist, daß<br />
Ozon in erheblichem Umfang in der Troposphäre bei<br />
der durch die Stickoxide NO und NO2 — was wir hier<br />
als NO, bezeichnen — katalysierten photochemischen<br />
Oxidation von Kohlenmonoxid, Methan und<br />
höheren Kohlenwasserstoffen gebildet wird. Ich will<br />
noch ein Zitat bringen, und zwar aus dem dritten Bericht<br />
der Enquete-Kommission „Vorsorge zum Schutz<br />
der Erdatmosphäre" :<br />
Dabei ist die Ozon-Produktionsrate in nichtlinearer<br />
Weise von den Konzentrationen der genannten<br />
Spurengase, aber auch von den Verhältnissen<br />
der Konzentrationen der einzelnen Gase untereinander<br />
abhängig.<br />
Das ist ein höchst komplexer Zusammenhang. Wer<br />
hier Maßnahmen durchsetzen will, die sich auf lineare<br />
politische Argumente gründen, der wird am Ende<br />
überhaupt keine Veränderung der Konzentration des<br />
Ozons erreichen. Das ist die Problematik, die eben<br />
auch Dr. Starnick hier dargelegt hat.<br />
Es ist überraschend, daß die hohe Konzentration<br />
genau dort, wo sie vermutet wird, nicht auftritt, daß<br />
überall dort, wo viel Verkehr herrscht — z. B. an den<br />
Autobahnen — der umgekehrte Prozeß, nämlich die<br />
Reduktion des 03 stattfindet, während dies, wie schon<br />
vorhin erwähnt, in Gebieten mit reiner Luft zu erwarten<br />
gewesen wäre.<br />
(Dr. Liesel Hartenstein [SPD]: Aber Sie ken<br />
nen doch die Gründe sehr genau, Herr<br />
Schmidbauer!)<br />
-<br />
Wenn wir uns im Ziel einig sind, müssen wir in der Tat<br />
dort ansetzen, wo dies möglich ist. Reden von 1989,<br />
die gegen die Politik der Bundesregierung gerichtet<br />
sind, Frau Kollegin Hartenstein, wirken — auch wenn<br />
Sie sie zweimal oder dreimal halten — im Hinblick auf<br />
die Ozonkonzentration kein Stück vermindernd.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)<br />
Im übrigen sind die Länderminister da ein wesentliches<br />
Stück weiter; denn sie haben genau ausgeführt<br />
— entgegen Begründungen in Ihrem Antrag —, daß<br />
es mit diesen Konzentrationswerten überhaupt nichts<br />
auf sich hat, weil sie überhaupt keinen Parameter für<br />
die Qualität unserer Luft darstellen. Hier wird ein anderer<br />
Ansatz nötig.<br />
Im vergangenen Jahr hat sich die Umweltministerkonferenz<br />
mehrheitlich auf diesen Grenzwert von<br />
180 Mikrogramm Ozon pro Kubikmeter Luft als Zweistundenmittelwert<br />
festgelegt. Aber dies ist natürlich<br />
ein Informationswert, der in den nächsten Jahren beliebig<br />
lange aufrecht erhalten werden kann, wenn es<br />
uns nicht gelingt, die Konzentration der Vorläufersubstanzen<br />
im richtigen Verhältnis zu reduzieren.<br />
(Dr. Hartmut Soell [SPD]: Da setzen wir<br />
an!)<br />
Das scheint mir hier auch einvernehmlich gesehen zu<br />
werden, mit den entsprechenden Konsequenzen.<br />
Dazu gehört, Frau Kollegin Hartenstein, daß wir in<br />
den letzten Jahren durch eine sehr konsequente Luftreinhaltepolitik,<br />
um die uns viele — auch unsere<br />
Nachbarn — sehr beneiden, und ihren entsprechenden<br />
Ergebnissen mit dazu beigetragen haben, daß es<br />
hier zu einer starken Reduzierung der Stickoxide und<br />
der Kohlenwasserstoffe gekommen ist.<br />
Ich will nicht verhehlen, daß wir seit dem 3. Oktober<br />
eine etwas andere Situation haben. Statistisch gesehen<br />
haben wir gegenüber der Situation vor dem<br />
3. Oktober eine Verdoppelung der Konzentration. Das<br />
mag mancher beklagen; ich sehe es als Aufgabe. Ich<br />
sehe, daß wir im Hinblick auf die Sanierung im Osten<br />
auf die Notwendigkeit der Fortentwicklung der Lebensqualität<br />
in den fünf neuen Ländern eben noch<br />
viel stärker Anstrengungen unternehmen müssen, um<br />
unsere Ziele zu erreichen. Immerhin hat das dazu<br />
geführt, daß wir bis heute 600 000 Tonnen Stickstoffoxide<br />
und 200 000 Tonnen Kohlenwasserstoffe weniger<br />
emittieren als ohne solche Luftreinhaltemaßnahmen:<br />
97 % der neu zugelassenen Fahrzeuge haben<br />
Drei-Wege-Katalysatoren; 25 % des Bestandes sind<br />
mit Drei-Wege-Katalysatoren ausgerüstet. Die Nachrüstung<br />
geht weiter. Wir haben es durch unseren<br />
Druck immerhin geschafft, auch im Hinblick auf die<br />
Europäische Gemeinschaft die anderen davon zu<br />
überzeugen, daß die Werte für Gesamteuropa diesen<br />
Stand der Technik bei unseren Fahrzeugen notwendig<br />
machen.<br />
Wir sagen aber genauso deutlich, daß diese Maßnahmen<br />
nicht ausreichen. Insbesondere das Anwachsen<br />
des Verkehrs macht uns Probleme. Der Ost-West<br />
Verkehr, der Binnenmarkt, all das wird im Energiebereich<br />
einen starken Zuwachs bewirken. Dies bedeutet<br />
eben, daß wir uns nachdrücklich dafür einsetzen, daß<br />
im Bereich der EG weitere Reduzierungen stattfinden.<br />
Ich will Ihnen unsere Zielvorstellung nennen. Wir<br />
gehen davon aus, daß es zu einer weiteren drastischen<br />
Verschärfung der Abgasnormen für Pkw durch eine<br />
weitere Halbierung der vom EG-Umweltrat am<br />
13. Juni 1991 beschlossenen Grenzwerte für Kohlenwasserstoff-<br />
und Stickstoffoxidemissionen für Benzinfahrzeuge<br />
sowie zu einer deutlichen Herabsetzung<br />
des Stickstoffoxidwertes für Lkw kommt. Auch beim<br />
Lkw hat der EG-Umweltrat bereits am 18. März 1991<br />
zu einem gemeinsamen Standpunkt gefunden, der<br />
eine Herabsetzung der Schadstoffgrenzwerte in zwei<br />
Schritten auf etwa die Hälfte des heutigen Niveaus