33. Sitzung - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode — <strong>33.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 2673<br />
Dr. Peter Paziorek<br />
ben in den letzten Jahren somit zu Recht bei der interessierten<br />
Bevölkerung viele Fragen aufgeworfen.<br />
Die Regierungskoalition kann dabei auf ein Bündel<br />
von Maßnahmen gegen Ozon und Sommersmog verweisen.<br />
So hat diese Bundesregierung durch eine<br />
konsequente Luftreinhaltepolitik in den letzten Jahren<br />
bereits entscheidende Fortschritte zur Reduzierung<br />
des NOx und der Kohlenwasserstoffe erreicht.<br />
Mit der — ich muß es erwähnen, Frau Hartenstein; Sie<br />
haben es sich fast schon gedacht — Großfeuerungsanlagen-Verordnung,<br />
der TA Luft sowie der Einführung<br />
des geregelten Dreiwegekat sind wirkungsvolle Regelungen<br />
durchgesetzt worden. Diese Maßnahmen<br />
haben schon zu geringeren Emissionen geführt und<br />
werden insgesamt — es war schade, daß Sie das nicht<br />
erwähnt haben — zu einer Verminderung der Emissionen<br />
an NO um mehr als 30 % bis Mitte der 90er<br />
Jahre führen. Bei den Kohlenwasserstoffen werden<br />
die angeführten Maßnahmen im Bereich der stationären<br />
Anlagen des Verkehrs und der Produkte bis zu<br />
diesem Zeitpunkt eine Reduzierung um rund 40 %<br />
erbringen.<br />
(Dr. Ulrich Böhme [Unna] [SPD]: 30 % bis<br />
40 % von wieviel?)<br />
Da jedoch der Verkehr auf Grund der gesamteuropäischen<br />
Entwicklung weiter zunehmen wird, Herr<br />
Kollege Böhme, reichen diese Maßnahmen nicht aus.<br />
Meine Fraktion setzt sich daher nachdrücklich für<br />
weitere Maßnahmen zur Reduzierung der Vorläufersubstanzen<br />
für Ozon und Sommersmog aus dem Verkehrsbereich<br />
ein. Wir setzen dabei auf folgende<br />
Schritte: auf eine weitere drastische Verschärfung der<br />
Abgasnormen für Benzinfahrzeuge und für Lastkraftwagen<br />
auch gegenüber den gerade vom EG-Umwelt<br />
rat beschlossenen Grenzwerten, auf eine Verordnung<br />
zur Rückführung von Kohlenwasserstoffdämpfen<br />
beim Betanken, auf eine kontinuierliche Verlagerung<br />
des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene<br />
und auf die Erarbeitung umweltschonender Stadtverkehrskonzepte<br />
unter stärkerer Förderung des öffentlichen<br />
Personennahverkehrs.<br />
(Monika Ganseforth [SPD]: Und wo merkt<br />
man was davon?)<br />
In diesem Zusammenhang begrüßt meine Fraktion<br />
die Absicht des Bundesumweltministers, den Entwurf<br />
einer Verordnung nach § 40 Abs. 2 BImSchG vorzulegen,<br />
die den zuständigen Länderbehörden kleinräumige<br />
Verkehrsbeschränkungen, z. B. im Innenstadtbereich,<br />
für den Fall ermöglichen soll, daß die in der<br />
Bundesverordnung zu regelnden Schadstoffkonzentrationen<br />
überschritten sind. Wir begrüßen es, -<br />
daß der<br />
Umweltminister z. B. den Kommunen vor Ort mit einer<br />
solchen Verordnung Mut machen will. Denn die<br />
rechtlichen Möglichkeiten zu Verkehrsbeschränkungen<br />
gibt es z. B. in der Straßenverkehrsordnung schon<br />
seit 1980 und im Bundes-Immissionsschutzgesetz seit<br />
dem letzten Jahr; das nur noch einmal der Vollständigkeit<br />
halber, Frau Hartenstein.<br />
Nur, eines sollten wir uns ganz deutlich vor Augen<br />
führen: Dem Ozonproblem kann durch diese kleinräumigen<br />
Maßnahmen allein nicht wirksam begegnet<br />
werden. Wir brauchen neben den von uns geforderten<br />
Maßnahmen — das ist auch ein Appell an die sozial<br />
demokratischen Fraktionen in Bund und Ländern —<br />
auch ein Straßennetz, das trotz des Umsteuerns den<br />
drohenden Stop-and-go-Verkehr verhindert. Ebenso<br />
brauchen wir in den übrigen Wirtschaftsbereichen mit<br />
bedeutenden Emissionen von Stickoxiden und Kohlenwasserstoffen<br />
außerhalb des Verkehrsbereiches<br />
weitere Schritte zur Reduzierung der erhöhten Ozonkonzentration.<br />
Nun ein Wort zum Tempolimit: Vor einigen Wochen<br />
forderte die SPD ein Tempolimit von 100 km/h<br />
auf Autobahnen. Nun fordert sie in ihrem Antrag<br />
120 km/h. Mit dieser neuen Forderung zur Höchstgeschwindigkeit<br />
gibt die SPD selbst zu erkennen, daß<br />
einiges in diesem Bereich noch nicht geklärt ist. Die<br />
bisherigen Versuche haben gezeigt, daß ein Tempolimit<br />
vom Volumen her nur verhältnismäßig wenig zur<br />
Verringerung der Schadstoffemissionen beiträgt. Aus<br />
diesem Grunde habe ich auch überhaupt kein Verständnis<br />
dafür, daß die SPD in dieser Frage eine dogmatische<br />
Haltung einnimmt.<br />
(Dr. Klaus Kübler [SPD]: Das macht sie nicht!<br />
Es ist eine rein rationale Haltung!)<br />
Aber ich sage auch ganz deutlich: Es kann auch<br />
nicht richtig sein, dogmatisch im umgekehrten Sinne<br />
gegen Tempolimit um jeden Preis aufzutreten. Hier<br />
gilt es, vorurteilsfrei abzuwägen, was ein Tempolimit<br />
an Umweltverbesserungen im Verhältnis zu nachteiligen<br />
Auswirkungen wie der eventuell stärkeren Benutzung<br />
von Bundesstraßen überhaupt erbringen<br />
kann. Dies sollte in Ruhe geprüft werden.<br />
(Dr. Klaus Kübler [SPD]: Ja, schlimm diese<br />
Amerikaner und Franzosen! Alles Ideolo<br />
gen!)<br />
Zum jetzigen Zeitpunkt ist es für uns sehr wichtig,<br />
die Bundesregierung in ihrem eingeschlagenen Kurs<br />
entschieden zu unterstützen, wirkungsvolle Regelungen<br />
gegen Ozon und Sommersmog durchzusetzen.<br />
Die Regierungskoalition ist hierbei auf dem richtigen<br />
Weg. Wir werden diesen Weg konsequent weitergehen.<br />
Deshalb, Frau Hartenstein, kann ich seitens der<br />
Regierungskoalition — ich will das vorsichtig formulieren<br />
— keine Unterstützung all Ihrer Punkte, die Sie<br />
angesprochen haben, in Aussicht stellen.<br />
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)<br />
Vizepräsident Helmuth Becker: Nächster Redner ist<br />
der Abgeordnete Dr. Jürgen Starnick.<br />
Dr. Jürgen Starnick (FDP) : Herr Präsident! Meine<br />
Damen und Herren! Gestatten Sie mir einige Anmerkungen<br />
zu dem Antrag und zu dem, was vorher gesagt<br />
worden ist. Ich will versuchen, es knapp zu machen,<br />
weil ich gerade belehrt worden bin, daß das hier keine<br />
Parlamentsveranstaltung, sondern eine Angelegenheit<br />
psychotherapeutischer Selbsterfahrung sei. Aber<br />
einige Anmerkungen kann ich mir nicht verkneifen.<br />
Zum ersten: Eigentlich hat es sich die SPD mit diesem<br />
Antrag mitten im Juni gar nicht so schlecht ausgedacht.<br />
Letzte <strong>Sitzung</strong>swoche des Parlaments vor<br />
der Sommerpause, strahlender Sonnenschein, Verbreitung<br />
von Horrormeldungen über Ozonwerte im<br />
Radio, was dann der richtige Anlaß wäre, eine darauf