33. Sitzung - Deutscher Bundestag
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2660 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode — <strong>33.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991<br />
Parl. Staatssekretär Klaus Beckmann<br />
derregelung geschaffen wurde. Hiernach gibt es neben<br />
dem üblichen gerichtlichen Verfahren eine als<br />
gleichwertig anerkannte Überprüfung: zunächst<br />
durch eine Beschwerdeinstanz und sodann — in rein<br />
rechtlicher Hinsicht — durch eine unabhängige, gerichtsähnliche<br />
Instanz.<br />
Auf dieser Basis haben die beteiligten Ressorts im<br />
Herbst 1990 einen Gesetzentwurf erarbeitet, der im<br />
Kern darauf beruht, die erforderliche Neuregelung in<br />
das Haushaltsgrundsätzegesetz aufzunehmen und<br />
die Bundesregierung zu ermächtigen, auf der Basis<br />
der dort vorgesehenen drei neuen Paragraphen mit<br />
Zustimmung des Bundesrates die entsprechenden<br />
Verordnungen zu erlassen. Dadurch werden die Verdingungsordnungen<br />
in toto den Rechtscharakter von<br />
Verordnungen erhalten. Dies ist nötig, um auch solche<br />
Auftraggeber den Vergaberegelungen zu unterwerfen,<br />
die privatrechtlich als GmbH oder als Aktiengesellschaft<br />
organisiert sind, aber nach EG-Recht<br />
dennoch zu deren Anwendung zu verpflichten sind.<br />
Andererseits zeigt die Verankerung im Haushaltsrecht,<br />
daß der für die Umsetzung verantwortliche Gesetzgeber<br />
die klare Absicht hat, einen Zugang zu den<br />
normalen Ge richten nicht zu gewähren.<br />
Leider — das will ich hier auch sagen — sind bei der<br />
weiteren Vorbereitung dieses Gesetzentwurfs, der<br />
Anfang dieses Jahres auch mit den Ländern abgestimmt<br />
wurde, aus zweierlei Richtung Bedenken aufgetaucht,<br />
die ich hier nicht verhehlen möchte.<br />
Zum einen droht die EG-Kommission mit Klage. Sie<br />
meint, es genüge nicht, wenn ein abgewiesener Bieter<br />
die Überprüfung bei den außergerichtlichen Instanzen<br />
lediglich beantragen könne; er müsse vielmehr<br />
einen subjektiven Anspruch hierauf bekommen. Würden<br />
wir uns aber darauf einlassen, so würde dies nach<br />
Art. 19 Abs. 4 unserer Verfassung zwangsweise den<br />
Weg zu den Gerichten eröffnen.<br />
Das andere Bedenken kommt aus unserer nationalen<br />
Rechtsordnung. Der Bundesjustizminister — das<br />
will ich hier auch noch erwähnen — weist darauf hin,<br />
daß ganz unabhängig von der erwähnten Gefahr eines<br />
Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof allein<br />
die Tatsache, daß unsere Verdingungsordnungen<br />
künftig zu Rechtsverordnungen würden, genüge, um<br />
zusätzlich den Weg zu den Gerichten zu eröffnen, und<br />
zwar nebeneinander gleichermaßen zu den Verwaltungs-<br />
wie auch zu den Zivilgerichten.<br />
Andererseits, verehrte Kolleginnen und Kollegen,<br />
stehen diesen noch in Diskussion befindlichen Bedenken<br />
der dezidierte Wunsch der Koalitionsfraktionen<br />
bzw. wie ich heute abend gesehen habe, -der drei größeren<br />
Fraktionen dieses Hauses nach Verwirklichung<br />
der angedachten haushaltsrechtlichen Lösung und<br />
der Zeitdruck zur Umsetzung der Richtlinie bis Ende<br />
dieses Jahres gegenüber.<br />
Der Bundeswirtschaftsminister hat deshalb in Verfolgung<br />
der haushaltsrechtlichen Lösung am 12. Juni<br />
dieses Jahres die Verbände angehört. Diese haben<br />
sich für die haushaltsrechtliche Lösung ausgesprochen,<br />
zur Überprüfung der Einzelheiten aber um einige<br />
Wochen Zeit bis zu ihrer definitiven Äußerung<br />
gebeten. Auch die Länder möchten zu den Einzelheiten<br />
des Entwurfs noch einmal Stellung nehmen und<br />
waren im übrigen der Meinung, daß das EG-Recht der<br />
haushaltsrechtlichen Lösung nicht entgegenstehe.<br />
Leider — das will ich hier auch sagen — hat EG-Vizepräsident<br />
Bangemann in seiner soeben, also nach der<br />
Anhörung eingegangenen Antwort auf eine Anfrage<br />
des früheren Staatssekretärs Schlecht ausgeführt, er,<br />
- die Kommission habe keine Zweifel, daß die Liefer<br />
und die Baukoordinierungsrichtlinie nach der Rechtsprechung<br />
des EuGH subjektive Rechte des einzelnen<br />
herbeiführten.<br />
Bei der Beratung des heutigen Entschließungsantrags<br />
in den Ausschüssen wird deshalb Gelegenheit<br />
sein, über den Fortgang der Arbeiten zu berichten und<br />
dabei auch die Antwort von Vizepräsident Bangemann<br />
zu werten. Außerdem kann dann auch schon<br />
das Konzept für die Umsetzung der sogenannten Sektorenüberwachungsrichtlinie,<br />
die der Binnenmarktrat<br />
gestern im ersten Durchgang beschlossen hat, in die<br />
Beratungen einbezogen werden. Ich glaube, wir werden<br />
uns hier noch viele Gedanken machen müssen.<br />
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.<br />
(Beifall bei der FDP und der SPD)<br />
Vizepräsident Hans Klein: Ich erteilte dem Abgeordneten<br />
Georg Brunnhuber das Wort.<br />
(Dr. Hermann Schwörer [CDU/CSU]: Jung<br />
fernrede!)<br />
Georg Brunnhuber (CDU/CSU): Herr Präsident!<br />
Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Die deutsche<br />
Wiedervereinigung und die Probleme in den neuen<br />
Bundesländern haben die Bedeutung eines nach wie<br />
vor wichtigen Zieles deutscher Politik ein wenig in<br />
den Hintergrund treten lassen: die Schaffung des Europäischen<br />
Binnenmarktes.<br />
Wenn Europa zu einem Binnenmarkt zusammenwachsen<br />
soll, ist es unerläßlich, daß die Unternehmen<br />
der verschiedenen EG-Staaten über die nationalen<br />
Grenzen hinweg gleiche Chancen erhalten. Die Baukoordinierungsrichtlinie<br />
will dies durch eine Reihe<br />
von Maßnahmen sicherstellen. Die Überwachungsrichtlinie<br />
hat das Ziel, durch Kontrollen und Sanktionen<br />
die Einhaltung der Vergabevorschriften der Gemeinschaft<br />
zu gewährleisten.<br />
<strong>Bundestag</strong> und Bundesrat haben sich in den vergangenen<br />
Jahren ausführlich mit beiden Richtlinienentwürfen<br />
befaßt und sind jeweils einmütig für eine<br />
Richtlinienfassung angetreten, die die Umsetzung<br />
dieser Richtlinie durch Anpassung der Verdingungsordnung<br />
für Bauleistungen sowie haushaltsrechtlicher<br />
Vorschriften gewährleistet. Dies entsprach im<br />
übrigen dem bei der Umsetzung der Baukoordinierungsrichtlinie<br />
seit 1973 gewählten Vorgehen, das<br />
von der EG-Kommission bis dato nicht beanstandet<br />
wurde. Trotzdem wird nun von der EG-Kommission<br />
erneut die Auffassung vertreten, daß zur Umsetzung<br />
der EG-Richtlinie ein Vergabegesetz erforderlich<br />
sei.<br />
Dabei gibt es zwei Aspekte zu berücksichtigen, und<br />
zwar einerseits den rechtlichen, auf den vor allem der<br />
Kollege Schwörer schon detailliert eingegangen ist,<br />
(Manfred Carstens [Emstek] [CDU/CSU]:<br />
Das hat er gut gemacht!)