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33. Sitzung - Deutscher Bundestag

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2672 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode — <strong>33.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991<br />

Dr. Liesel Hartenstein<br />

den USA ist es in einer Reihe von Bundesstaaten bereits<br />

verwirklicht.<br />

Last but not least wird der Umweltminister aufgefordert,<br />

ein Defizit aufzufüllen, das er schon längst<br />

hätte beheben können — die Rede ist von der Rechtsverordnung<br />

nach § 40 Bundes-Immissionsschutzgesetz<br />

— , damit die Länder und die Kommunen endlich<br />

in die Lage versetzt werden, verkehrsbeschränkende<br />

Maßnahmen anordnen zu können. Nach Pressemeldungen<br />

fordert Umweltminister Töpfer selbst autofreie<br />

Innenstädte für die Sommermonate. Er verweigert<br />

aber bis jetzt den Ländern und den Gemeinden<br />

die rechtliche Handhabe dafür. Wie reimt sich das<br />

zusammen?<br />

(Beifall bei der SPD — Dr. Peter Paziorek<br />

[CDU/CSU]: Ach, der verweigert das doch<br />

nicht! — Klaus Harries [CDU/CSU]: Das ist<br />

doch heute schon möglich!)<br />

— Nein, sie können es nicht. Sie können keine weiträumigen<br />

verkehrsbeschränkten Maßnahmen verfügen.<br />

Herr Harries, das stimmt nicht.<br />

(Klaus Harries [CDU/CSU]: Aber es geht um<br />

die Innenstädte!)<br />

— Nein, es geht um weiträumige Maßnahmen.<br />

(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Das ist ein<br />

Unterschied!)<br />

Wir schlagen vor, daß Fahrbeschränkungen nur für<br />

diejenigen Pkw gelten sollen, die nicht mit einem geregelten<br />

Dreiwegekatalysator ausgestattet sind. Umweltfreundliche<br />

Fahrzeuge brauchen nicht am Straßenrand<br />

stehenzubleiben. Sie sollten Benutzervorteile<br />

genießen. Nur so, lieber Herr Kollege Klinkert, kann<br />

das Anreizsystem unserer Meinung nach funktionieren.<br />

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/<br />

GRÜNE)<br />

Die Situation ist b risant. Im letzten Jahr wurde der<br />

Richtwert 120 Mikrogramm/m 3 in vielen Städten um<br />

das Doppelte und um das Dreifache überschritten. Die<br />

Situation ist nicht zum Spaßen. Das gilt für Berlin, für<br />

Hamburg, für Stuttgart, für Hannover und für München.<br />

In manchen Regionen wurden sogar Spitzenwerte<br />

über 300 Mikrogramm/m 3 gemessen. Das sind<br />

absolut unverantwortliche Zustände.<br />

Warum — so muß man doch fragen — erfolgen nicht<br />

wenigstens rechtzeitige und offene Informationen<br />

über die tatsächlichen Verhältnisse? Es kann doch<br />

nicht angehen, daß regelmäßig Wasserstandsmeldungen<br />

über die Rundfunksender gehen und - Pollenflug<br />

vorhersagen gemacht werden, und zwar mit akribischer<br />

Genauigkeit, und daß die Menschen nicht rechtzeitig,<br />

nicht regelmäßig und nicht offen über die tatsächlich<br />

vorhandene Ozonbelastung unterrichtet werden.<br />

Hier geht es doch um ihre Gesundheit. Man sollte<br />

nicht warten, bis die Krankenwagen laufend durch die<br />

Straßen tuten. Auch das Warten auf europaweit einheitliche<br />

Grenzwerte ist keine Lösung.<br />

Der Ozonstau in Bodennähe ist nicht nur ein alltägliches<br />

Gift für die Gesundheit, er gehört auch zu den<br />

Hauptsündern beim Waldsterben. Er trägt mindestens<br />

10 % zum Treibhauseffekt bei.<br />

Alles in allem Gründe genug, um endlich etwas zu<br />

unternehmen. Die Ozonsaison 1991 steht mit Sicherheit<br />

vor der Tür. Deshalb ist jetzt Vorsorge geboten.<br />

Mit Abwarten, Augenverschließen und Atemanhalten<br />

kann man keine verantwortliche Umweltpolitik machen.<br />

Danke schön.<br />

(Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/<br />

GRÜNE)<br />

Vizepräsident Helmuth Becker: Meine sehr verehrten<br />

Damen und Herren, als nächster Redner hat jetzt<br />

das Wort der Abgeordnete Dr. Peter Paziorek.<br />

Dr. Peter Paziorek (CDU/CSU): Herr Präsident!<br />

Meine Damen und Herren! Verehrte Frau Hartenstein,<br />

ich habe ja Verständnis dafür, daß die Opposition<br />

immer wieder versucht, der Regierung Versäumnisse<br />

in ihrer Arbeit vorzuhalten. Das ist vielleicht<br />

auch die Aufgabe der Opposition. Ich glaube aber,<br />

daß die Opposition in ihrer politischen Arbeit überzeugender<br />

wäre, wenn sie erkennen würde, daß Untätigkeit<br />

nicht der Stil dieser Regierungskoalition ist, vor<br />

allen Dingen nicht im Bereich des Umweltschutzes.<br />

Das können wir für diese Koalition ganz selbstbewußt<br />

herausstellen.<br />

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)<br />

In der letzten Woche habe ich für meine Fraktion bei<br />

der Aussprache über die für 1992 geplante Umweltkonferenz<br />

eine grundlegende Umstrukturierung im<br />

Verkehrsbereich gefordert.<br />

(Monika Ganseforth [SPD]: Dann mal zu!)<br />

Durch diese Umstrukturierung soll ein wesentlicher<br />

Beitrag zur Verminderung der CO2-Emissionen in<br />

Deutschland geleistet werden. Diese Forderung hat<br />

ihre Berechtigung nicht nur in einer Vorsorgepolitik<br />

zum Schutz der Erdatmosphäre. Vielmehr macht sie<br />

einen Sinn, wenn die in den Sommermonaten auftretenden<br />

Ozon-Spitzenwerte umweltpolitisch und medizinisch<br />

bewertet werden.<br />

Langjährige Messungen zeigen neben abnehmenden<br />

Immissionsbelastungen eine ansteigende Tendenz<br />

bei den Stickoxiden und vor allem für das<br />

Ozon.<br />

(Dr. Liesel Hartenstein [SPD]: So ist es!)<br />

Dabei spielt das Ozon eine Sonderrolle, da es nicht als<br />

primärer Schadstoff emittiert wird, sondern sich in<br />

komplexen Reaktionsabläufen bildet.<br />

Man kann es wie folgt auf den Punkt bringen: Ab<br />

etwa 20 °C und bei starker Sonneneinstrahlung entsteht<br />

u. a. aus den Autoabgasen Stickoxid und Kohlenwasserstoff<br />

der Sommersmog mit dem aggressiven<br />

Gas Ozon. Dieses Ozon beschleunigt das Sterben unserer<br />

Wälder und kann bei Menschen zu gefährlichen<br />

gesundheitlichen Folgen durch eine Abnahme der<br />

Lungenfunktion führen.<br />

Drastischer und damit einprägsamer ist dies so zu<br />

beschreiben, daß die Ozonmoleküle mühelos in die<br />

menschliche Lunge eindringen und dabei das Lungengewebe<br />

zerstören können. Die Warnungen vor<br />

erhöhten O3-Konzentrationen beim Sommersmog ha-

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