33. Sitzung - Deutscher Bundestag
33. Sitzung - Deutscher Bundestag
33. Sitzung - Deutscher Bundestag
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode — <strong>33.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 2687<br />
Ulrich Irmer<br />
Ihnen gegenüber immer gehegt habe und auch weiter<br />
hegen werde, außerordentlich zuwider.<br />
(Zuruf von der SPD: Wer hat denn angefan<br />
gen!)<br />
Dr. Hartmut Soell (SPD): Es war eine rein informatorische<br />
Frage.<br />
Vizepräsidentin Renate Schmidt: Herr Kollege Irmer,<br />
es besteht der Wunsch nach einer weiteren Zwischenfrage.<br />
Ich würde es aber ab jetzt auf die Redezeit<br />
anrechnen.<br />
Ulrich Irmer (FDP): Frau Präsidentin, ich habe eine<br />
Bitte; Fraktionsmäßig gesehen ist jetzt der Kollege<br />
Köhler mit einer Zwischenfrage eigentlich an der<br />
Reihe. Können wir das nicht noch außerhalb der Anrechnung<br />
passieren lassen? Das wäre dann die letzte<br />
Zwischenfrage.<br />
Vizepräsidentin Renate Schmidt: Also gut, die<br />
letzte.<br />
Ulrich Irmer (FDP): Ich muß nämlich noch etwas<br />
Ernsthaftes sagen; nicht, daß das hier mißverstanden<br />
wird.<br />
Dr. Volkmar Köhler (Wolfsburg) (CDU/CSU): Herr<br />
Kollege Irmer, können Sie bestätigen, daß in jüngster<br />
Zeit in der Westsahara Kamele gesichtet worden sein<br />
sollen, die mit Ultrakurzwellenempfängern ausgestattet<br />
worden sind, so daß sich der vom Kollegen Professor<br />
Soell unterstellte Informationsstand dort inzwischen<br />
tatsächlich ausgebreitet hat?<br />
Ulrich Irmer (FDP): Herr Kollege Köhler, ich habe<br />
darüber Recherchen angestellt. Ich habe in der Tat<br />
Informationen darüber, daß es sich dabei um die Kamele<br />
handeln muß, die auf der Camel-Reklame plötzlich<br />
fehlen. Mir ist nämlich aufgefallen, daß es dort<br />
einen erstaunlichen Mangel an derartigen Tieren<br />
gibt.<br />
(Dr. Uwe Holtz [SPD]: Ich bitte, jetzt mit dem<br />
gebotenen Ernst zum Thema zurückzukeh<br />
ren!)<br />
— Frau Präsidentin, ich muß darum bitten, das Haus<br />
zur Ordnung zu rufen.<br />
(Heiterkeit)<br />
Ich möchte jetzt nämlich wirklich noch etwas Ernsthaftes<br />
sagen. Man traut mir das jetzt vielleicht nicht<br />
mehr zu, aber ich möchte wirklich noch etwas zum<br />
-<br />
Thema sagen.<br />
Ich möchte ganz ernsthaft sagen, daß sich die Frente<br />
Polisario in den letzten 15 Jahren der internationalen<br />
Öffentlichkeit gegenüber als eine Widerstandsbewegung<br />
dargestellt hat, die dort für die Befreiung eines<br />
ganzen Volkes kämpft. Ich muß ehrlich sagen, daß ich<br />
hier gewisse Zweifel habe. Die Frente Polisario ist<br />
natürlich auch von interessierten Kräften instrumentalisiert<br />
worden. Das waren damals noch Algerien und<br />
die Sowjetunion, die dahinterstand. Es war das alte<br />
Konzept, daß man in Nordafrika eine Art Cordon<br />
schaffen wollte. Dort hat der Ostblock den Versuch<br />
gemacht, seine Interessen zu verankern und sie dort<br />
vom Osten bis an die Küsten des Atlantik — wir wis<br />
sen um die Rohstoffvorkommen dort — festzuzurren.<br />
(Dr. Uwe Holtz [SPD]: Das trifft so nicht zu!<br />
Die Westsahara ist von 73 Staaten anerkannt<br />
worden, aber von keinem Ostblockland!)<br />
— Einen Augenblick! Ich sage, daß ich ein kleines<br />
Fragezeichen hinter die Eigenschaft der Frente Polisario<br />
als einer Befreiungsbewegung und hinter die Klassifizierung<br />
des blutigen Kriegs, der dort seit 16 Jahren<br />
tobt, als eines Befreiungskrieges setze.<br />
Herr Kollege Köhler hat eindrucksvoll dargestellt,<br />
daß die Verhältnisse in der Region nicht so sind, wie es<br />
hier vielleicht allgemein angenommen werden kann,<br />
und daß sie auch nicht nach solchen Maßstäben zu<br />
messen sind. Wo ist denn die Berechtigung einer<br />
Volksgruppe, verschiedener Volksstämme, nun zu sagen,<br />
daß sie als eigener Staat anerkannt werden wollen,<br />
der auch ökonomisch überhaupt nicht lebensfähig<br />
wäre?<br />
Es ist ganz klar: Es müssen dort die Menschenrechte<br />
gewahrt werden, es muß das Selbstbestimmungsrecht<br />
gewahrt werden. Das kann möglicherweise<br />
über Autonomieregelungen verschiedener Art<br />
geschehen. Wir hoffen darauf, daß der Friedensplan<br />
der Vereinten Nationen, der dort jetzt in die Tat umgesetzt<br />
wird, zu einer für alle Seiten befriedigenden Lösung<br />
führt. Wir hoffen, daß die ganze Auseinandersetzung<br />
aus dem ideologischen Streit herausgeholt werden<br />
kann.<br />
(Dr. Uwe Holtz [SPD]: Es war nie ein Ost<br />
West-Konflikt!)<br />
— Lieber Uwe Holtz, ich habe nicht gesagt, daß es ein<br />
Teil des Ost-West-Konflikts war. Ich habe gesagt: Es<br />
ist von interessierten Seiten als Teil des Ost-West<br />
Konflikts instrumentalisiert worden, und das hat die<br />
Sache so problematisch gemacht.<br />
Es ist richtig: Ein blutiger Krieg hat dort getobt. Es<br />
ist unser Anliegen, jeden Krieg zu beenden, überall in<br />
der Welt dafür zu sorgen, daß die Menschen friedlich<br />
miteinander leben und friedlich miteinander umgehen<br />
können. Wenn die Vereinten Nationen jetzt diesen<br />
Plan vorgelegt haben, wenn die Polisario ihn akzeptiert<br />
hat und wenn, wie ich höre, Marokko bereit<br />
ist, diesen Plan zu akzeptieren, dann ist es unser aller<br />
Aufgabe, alles dafür zu tun, daß dieser Plan nun auch<br />
in die Wirklichkeit umgesetzt werden kann, daß er<br />
realisiert wird, daß , das Referendum stattfindet, daß<br />
wir nachher, wie immer es ausgeht, das Ergebnis respektieren<br />
und daß wir dann das Unsere dazu beitragen,<br />
daß diese Region, leidgeprüft, von Krieg überzogen,<br />
wieder aufgebaut werden kann, damit auch sie in<br />
Zukunft in Frieden leben kann.<br />
Danke schön.<br />
(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD<br />
und dem Bündnis 90/GRÜNE)<br />
Vizepräsidentin Renate Schmidt: Wir sind damit am<br />
Ende der Aussprache. *)<br />
*) Zu Protokoll gegebene Rede Anlage 11