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33. Sitzung - Deutscher Bundestag

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode — <strong>33.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 2681<br />

Werner Zywietz<br />

— Langsam, immer eins nach dem anderen, so wie im<br />

Emsland die Klöße gegessen werden; nicht alles miteinander<br />

vermischen!<br />

(Abg. Dr. Ursula Fischer [PDS/Linke Liste]<br />

meldet sich zu einer weiteren Zwischen<br />

frage)<br />

Vizepräsident Helmut Becker: Herr Kollege Zywietz,<br />

gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?<br />

Werner Zywietz (FDP): In den zwei Minuten, die ich<br />

noch habe, stelle ich nur fest, daß Ihre Vergangenheit<br />

(Dr. Ursula Fischer [PDS/Linke Liste]: Meine<br />

ist sauber! Prüfen Sie einmal die von Ihren<br />

Abgeordneten!)<br />

mit der Verantwortung, die Sie da tragen, nicht die<br />

rühmlichste ist. Das ist in zwei Minuten hier leider<br />

nicht auszuführen. Aber ich stehe zu der Behauptung,<br />

die ich an anderer Stelle gerne belege.<br />

(Dr. Ursula Fischer [PDS/Linke Liste]: Das<br />

wird Ihnen aber schwerfallen!)<br />

Aber das wird für Sie nicht sehr gemütlich sein.<br />

Ich sage hier: Wir wissen, daß Nicaragua für ein<br />

wirtschaftlich und demokratisch prosperierendes<br />

Mittelamerika eine große Bedeutung hat. Wir werden<br />

unsere Kräfte und Bemühungen zusammennehmen,<br />

um bilateral und aktiv dieses Land zu unterstützen.<br />

Davon ist in Ihrem Antrag überhaupt keine Rede. Sie<br />

konzentrieren sich nur auf Ihre eigenen Altschulden.<br />

Alles andere scheint Ihnen egal zu sein. Wir setzen<br />

finanzielle Hilfe ein, wir setzen bilaterale technische<br />

Hilfe ein, und wir werden auch über Schuldenerleichterungen<br />

und Schuldenerlasse im Zusammenhang mit<br />

den Gläubigerstaaten zu reden haben.<br />

Die Welt ist gerade im Bereich der Entwicklungshilfe<br />

nun einmal sehr multinational. Sie können nicht<br />

gegenüber Gläubigern so auftreten, als gebe es allein<br />

gegenüber der Ex-DDR oder gegenüber der Bundesrepublik<br />

Schulden. Auch gegenüber England, Frankreich<br />

und Oststaaten bestehen Schulden. Das muß im<br />

Paket behandelt werden und darf nicht in einer so<br />

isolierten und einseitigen Weise gesehen werden, die<br />

Ihre vergangene Verantwortung total außer acht läßt,<br />

wie es aus diesem Antrag hervorgeht.<br />

Deswegen, sage ich Ihnen, bekennen wir uns zu<br />

unserer stützenden und aufbauenden Rolle, die das<br />

neue Nicaragua verdient. Wir sagen auch ganz -<br />

deutlich,<br />

daß Sie etwas mehr in sich kehren sollten und<br />

sich Ihre Vergangenheit einmal etwas distanzierter<br />

und, wie ich meine, etwas ehrlicher gegenüber diesem<br />

Land und vor allem seiner Bevölkerung vor Augen<br />

führen sollten. Die Beziehung zwischen der DDR<br />

und Nicaragua war kein Ruhmesblatt. Sie haben einen<br />

sozialistischen Staat sozusagen in den Bankrott<br />

getrieben und haben einen zweiten fast noch mit hereingezogen.<br />

Daß Sie sich dann hier in dieser belehrenden pädagogischen<br />

Art hinstellen und solche Anträge stellen,<br />

ist von einer besonderen Frivolität.<br />

Ich sage: Wir werden helfen; aber Sie als Ratgeber<br />

in dieser Form brauchen wir nicht.<br />

(Beifall bei der FDP)<br />

Vizepräsident Helmut Becker: Meine Damen und<br />

Herren, als nächster Redner hat jetzt unser Kollege<br />

Konrad Weiß das Wort.<br />

Konrad Weiß (Berlin) (Bündnis 90/GRÜNE): Herr<br />

Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege<br />

Zywietz, ich bedauere, daß die Diskussion über das<br />

wichtige Anliegen, das hier verhandelt werden sollte,<br />

so in persönliche Ang riffe gegen die Kollegin Fischer,<br />

die in Nicaragua ehrlich als Ärztin gearbeitet hat, ausgeartet<br />

ist.<br />

(Ulrich Irmer [FDP]: Das ist doch ein Mißver<br />

ständnis; das war doch kein Anwurf! — Wer<br />

ner Zywietz [FDP]: Das war es auch nicht! —<br />

Dr. Dagmar Enkelmann [PDS/Linke Liste]:<br />

Das war sehr eindeutig! Ich habe es so ver<br />

standen!)<br />

Ich bin der Auffassung, daß dieser Antrag der PDS<br />

— Sie werden mich sicher nicht der Freundschaft mit<br />

der PDS bezichtigen — eine Forderung beinhaltet, die<br />

zu begrüßen ist. Es geht wirklich darum, nicht global<br />

Schulden zu erlassen, sondern für ein konkretes Land<br />

Schulden zu erlassen, die auf Leistungen der DDR<br />

beruhen.<br />

Wir wissen, Nicaragua steckt in einer tiefen Wirtschaftskrise,<br />

die von Koordinationsminister Antonio<br />

Lacayo mittels einschneidender Spar- und Sanierungsmaßnahmen<br />

bekämpft wird. Derartige wirtschaftliche<br />

Roßkuren sind erfahrungsgemäß mit hohen<br />

sozialen Kosten und Risiken verbunden und leisten<br />

der politischen Polarisierung im Lande weiteren<br />

Vorschub. Auch für 1991 kann die Regierung in Managua<br />

nicht mit einem Wirtschaftswachstum rechnen,<br />

sondern allenfalls mit einem Ende des langjährigen<br />

und gefährlichen wirtschaftlichen Schrumpfungsprozesses.<br />

Kurzfristige Überbrückungsdarlehen, wie sie dem<br />

Land zugesagt sind, gewähren Nicaragua wieder Zugang<br />

zu den Entwicklungskrediten im Sinne von<br />

Bretton Woods und von anderen internationalen Institutionen.<br />

Doch Maßnahmen der Umschuldung und<br />

Neuverschuldung verzögern das Problem nur, lösen<br />

es aber nicht. Neue Kapitalströme, die aus multilateralen<br />

Quellen nach Nicaragua fließen könnten, müßten<br />

zum Teil wieder zur Rückzahlung der soeben vereinbarten<br />

dreimonatigen Überbrückungskredite verwendet<br />

werden.<br />

Die Verschuldung Nicaraguas aus von der DDR<br />

gewährten Krediten beträgt gegenwärtig rund<br />

570 Millionen US-Dollar. Nach mehrfacher Umschuldung<br />

sind 450 Millionen US-Dollar am 1. Januar 1994<br />

fällig. Im Zeitraum von 1990 bis zum Jahr 2000 sind<br />

rund 120 Millionen US-Dollar zu begleichen. Davon<br />

sind allein aus dem Jahre 1990 rund 27,2 Millionen<br />

US-Dollar überfällig. 1991 hätte Nicaragua 13 Millionen<br />

US-Dollar zu zahlen. All das sind Belastungen für<br />

dieses Land, die unerträglich sind.<br />

Nach der Beurteilung der Bundesregierung, die bei<br />

ihrer Bewertung die Richtlinien des DAC zugrunde<br />

legt, sind alle Leistungen der ehemaligen DDR im

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