21.01.2014 Aufrufe

33. Sitzung - Deutscher Bundestag

33. Sitzung - Deutscher Bundestag

33. Sitzung - Deutscher Bundestag

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

2646 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode — <strong>33.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991<br />

Lisa Seuster<br />

Man sollte hier dem Bundesverfassungsgericht folgen.<br />

(Beifall bei der SPD, dem Bündnis 90/<br />

GRÜNE und der PDS/Linke Liste)<br />

Neu waren im Berichtszeitraum die Petitionen, die<br />

im Zusammenhang mit der Vereinigung der beiden<br />

deutschen Staaten standen. Die meisten Petitionen<br />

— jedenfalls bei denen, die ich bearbeitet habe —<br />

drehten sich um Immobilienbesitz, um Grundstücke<br />

u. ä. Welche Emotionen sich in solchen Fällen entwikkeln,<br />

möchte ich an Hand einer Petition deutlich machen.<br />

Der Petent spricht sich gegen die Anerkennung<br />

der Oder-Neisse-Grenze aus. Falls diese Grenze jedoch<br />

rechtsverbindlich anerkannt werden sollte, fordert<br />

er, in Zahlen ausgedrückt, 1 000 000 DM und fügt<br />

in Klammern hinzu „in Buchstaben: eine Million".<br />

Das fordert er als Entschädigung für seinen Bauernhof.<br />

Es fehlt eigentlich nur noch, daß er bittet, diesen<br />

Betrag innerhalb von vier Wochen auf sein Konto zu<br />

überweisen.<br />

Wir haben diese Petition — wie viele andere<br />

auch — an den Finanzminister überwiesen und den<br />

Fraktionen zur Kenntnis gegeben. Hier gerechte Lösungen<br />

zu finden wird für den Gesetzgeber nicht einfach<br />

sein und wird uns, den Mitgliedern des Petitionsausschusses,<br />

bei der Beurteilung der Einzelfälle noch<br />

viel Kopfzerbrechen bereiten.<br />

Das gleiche gilt für die Rentenanpassung in den<br />

neuen Ländern. Auch hier wird es mit Sicherheit im<br />

Einzelfall noch viele Beschwerden und Bitten geben,<br />

die uns erreichen werden. Herr Kollege Weiß vom<br />

Bündnis 90 sagte dazu vorhin: Wir sollten es gleich<br />

ändern. So einfach stelle ich mir das nicht vor. Aber<br />

ich wäre froh, wenn wir ab und zu wenigstens die<br />

Klausel „im Härtefall" hätten. Dann wäre uns in vielen<br />

Fällen schon geholfen.<br />

(Beifall bei der SPD, dem Bündnis 90/<br />

GRÜNE und der PDS/Linke Liste)<br />

Auch Umweltfragen nahmen einen breiten Raum in<br />

unseren Beratungen ein. Die Schwerpunkte der Eingaben<br />

lagen in den Bereichen Luftverunreinigung,<br />

Abfallbeseitigung, Kernenergie und Artenschutz. In<br />

mehreren Eingaben — u. a. einer Sammelpetition —<br />

wurde ein sofortiges Verbot der Herstellung und des<br />

Verbrauchs von FCKW gefordert. Hier gab es unterschiedliche<br />

Voten von Koalition und Opposition. Die<br />

Petition wurde daraufhin zur weiteren Bearbeitung<br />

— das war ein einstimmiges Votum — an die Enquete-Kommission<br />

„Vorsorge zum Schutz der Erdatmosphäre"<br />

überwiesen.<br />

Beanstandet wurde auch der Einsatz von Herbiziden<br />

auf Gleisanlagen der Deutschen Bundesbahn.<br />

Nach zähen Verhandlungen, Anhörungen, nochmaligen<br />

Stellungnahmen usw. konnte sich der Petitionsausschuß<br />

gegenüber der Bahn durchsetzen. Die Petition<br />

wurde der Bundesregierung zur Berücksichtigung<br />

überwiesen. Die tatsächliche Umsetzung werden<br />

wir jedoch aufmerksam verfolgen müssen. Diesen<br />

Fall hat insbesondere unser ausgeschiedener Kollege<br />

Dr. Emmerlich bearbeitet.<br />

Auch im letzten Jahr konnte der Ausschuß erfreulicherweise<br />

zahlreichen Petenten im Einzelfall helfen.<br />

Zum Beispiel erhofften sich zahlreiche Versicherungsnehmer<br />

und Bankkunden durch eine Petition die Klärung<br />

ihrer Auseinandersetzungen mit Versicherungsunternehmen<br />

und Kreditinstituten. Ich habe viele<br />

Fälle bearbeitet, bei denen die Unerfahrenheit oder<br />

auch die Gutgläubigkeit von Bankkunden böswillig<br />

ausgenutzt wurden. Leider hat der <strong>Bundestag</strong> in diesen<br />

Fällen keine Möglichkeit der direkten Einwirkung.<br />

Auf dem Kulanzweg ist es uns aber in manchen<br />

Fällen gelungen, zu einem Vergleich zu gelangen.<br />

All diese Fälle zeigen jedoch deutlich: Hier besteht<br />

eine Gesetzeslücke. Auch Privatleuten müßte die<br />

Möglichkeit eines persönlichen Konkurses eröffnet<br />

werden. Ich glaube, dann wäre die Überschuldung<br />

gar nicht so groß geworden.<br />

Erreichen konnte der Petitionsausschuß auch, daß<br />

die Krankenkasse die Kosten eines Kuraufenthaltes<br />

am Toten Meer übernommen hat. Das war nach dem<br />

Gesundheits-Reformgesetz an und für sich ausgeschlossen.<br />

Auch im Rentenbereich gelang es dem Petitionsausschuß<br />

in Einzelfällen, die Bearbeitungszeiten zu verkürzen<br />

und eine Nachzahlung zu erreichen. In einem<br />

anderen Fall konnte die Nachentrichtung von Beiträgen<br />

ein Anrecht auf eine Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrente<br />

bewirken.<br />

Auch bei der Bewilligung von Umschulungsmaßnahmen<br />

und bei Höhergruppierungen in der Bundesverwaltung<br />

war der Petitionsausschuß erfolgreich.<br />

Erfreulicherweise ließe sich diese Liste noch erheblich<br />

verlängern. Das war nur dank der guten Zusammenarbeit<br />

innerhalb des Ausschusses möglich. Wenn<br />

wir diese gute Zusammenarbeit und den festen Willen<br />

behalten, für den Petenten im Einzelfall etwas zu erreichen,<br />

dann hat sich unsere Arbeit gelohnt.<br />

(Beifall im ganzen Hause)<br />

Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Als nächste hat die<br />

Abgeordnete Frau Birgit Homburger das Wort.<br />

Birgit Homburger (FDP) : Frau Präsidentin! Liebe<br />

Kolleginnen und Kollegen! Der Be richt des Petitionsausschusses<br />

aus dem Jahre 1990 beweist einmal<br />

mehr, wie wichtig und wie richtig es von den Müttern<br />

und Vätern des Grundgesetzes gewesen ist, das Petitionsrecht<br />

der Bürgerinnen und Bürger in Art. 17 des<br />

Grundgesetzes zu verankern. Damit ist der Petitionsausschuß<br />

neben dem Auswärtigen Ausschuß und dem<br />

Verteidigungsausschuß einer von drei Ausschüssen,<br />

die im Grundgesetz Erwähnung finden. Im Gegensatz<br />

zu den anderen Ausschüssen müssen diese drei Ausschüsse<br />

vom Deutschen <strong>Bundestag</strong> also immer eingesetzt<br />

werden.<br />

Dies hebt noch einmal die Bedeutung hervor, die<br />

die Verfasser des Grundgesetzes dem Petitionsrecht<br />

beimaßen. Ich denke, wir tun gut daran, dem Petitionsausschuß<br />

diese hohe Wertschätzung auch heute<br />

noch — oder aber gerade heute — entgegenzubringen.<br />

Denn nach Vollendung der deutschen Einheit<br />

finden wir uns in einer Situation wieder, in der vieles<br />

noch im Umbruch ist, in der vieles, gerade in den<br />

neuen Bundesländern, verwaltungsmäßig noch im<br />

Aufbau ist. Das heißt: Wir finden uns in einer Situation

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!