33. Sitzung - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode — <strong>33.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 2623<br />
Brigitte Schulte (Hameln)<br />
Meine Kolleginnen und Kollegen, ich will Ihnen nur<br />
das Beispiel Niedersachsen sagen.<br />
(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Das hätte<br />
uns auch gewundert, wenn Sie nichts gesagt<br />
hätten!)<br />
Niedersachsen hatte — Herr Kollege Nolting, hören<br />
Sie doch einmal zu — 106 000 Soldaten als Friedensumfang.<br />
Es hat jetzt nach den Aussagen von Herrn<br />
Stoltenberg gerade noch 86 000 Soldaten. Das liegt an<br />
der Verkürzung der Wehrdienstzeit und dem Abbau<br />
von Truppenteilen. Es soll 1994, das wissen wir seit<br />
dem 24. Mai, knapp 60 000 Soldaten haben. Das bedeutet<br />
— und darum kümmern sich Sozialdemokraten<br />
— , daß sich der Verteidigungsumfang in Friedenszeiten<br />
um 40 % erfreulicherweise verkleinert. Nur,<br />
was bedeutet das in den Folgen für die Region? Das<br />
bedeutet doch auch, daß wir — und das geben Sie<br />
selbst an — über 20 000 Arbeitsplätze für Berufs- und<br />
Zeitsoldaten verloren haben, allein in diesen letzten<br />
Jahren über 16 000. Das sind Einschnitte, die ganz<br />
besonders die Flächenstaaten treffen. Es lag doch<br />
nicht an uns, Herr Kollege Nolting, daß gerade diese<br />
Länder in der Fläche mit militärischen Ausstattungen<br />
besonders stark waren.<br />
(Beifall bei der SPD)<br />
Es war doch die politische Lage und nicht die Lage der<br />
SPD oder der CDU/CSU und der FDP. Wir müssen das<br />
auffangen, denn es kommen zu diesem Abbau von<br />
Arbeitsplätzen bei Berufs- und Zeitsoldaten noch<br />
weit über 10 000 allein in Niedersachsen hinzu. Der<br />
Minister hat uns heute ja nur ein halbes Ergebnis<br />
gegeben. Meine Informationen sagen, daß wir über<br />
50 000 zivile Arbeitsplätze verlieren werden. Das ist in<br />
der Tat, meine Damen und Herren, viel mehr, als wir<br />
alle angenommen haben.<br />
Deswegen stimme ich dem Kollegen Müller zu: Dies<br />
ist eine wirtschaftliche Frage. Dies ist eine eminente<br />
strukturpolitische Frage. Deswegen haben wir sie<br />
zum Gegenstand einer Diskussion für Wirtschaftspolitiker<br />
und Verteidigungspolitiker gemacht.<br />
Ich bin sehr dankbar, Herr Stoltenberg, daß auf unsere<br />
Initiative hin wenigstens die Industrie- und Handelskammern<br />
und die Handwerkskammern in Niedersachsen<br />
versucht haben, diese Problematik aufzuarbeiten.<br />
(Beifall bei der SPD — Günther Friedrich<br />
Nolting [FDP]: Die haben das freiwillig ge<br />
macht!)<br />
— Herr Nolting, wenn Sie sich einmal unterrichten<br />
-<br />
würden! Wir haben Sie zu Gesprächen eingeladen.<br />
(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Ich habe<br />
mit den Leuten gesprochen!)<br />
— Sie sind unheimlich schlau, das ist ganz klar.<br />
(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Die haben<br />
das auf freiwilliger Basis gemacht, weil Ihre<br />
Landesregierung nicht fähig ist!)<br />
— Wenn Sie so klug sind, wie Sie sich geben, dann<br />
sage ich Ihnen: Wir als SPD-Fraktion haben diese<br />
Thematik bereits am 4. Februar 1991 angesprochen,<br />
als uns die Regierung noch keine Antwort geben<br />
wollte.<br />
(Beifall bei der SPD)<br />
Die Industrie- und Handelskammer — ich stelle Ihnen<br />
den Brief zur Verfügung — hat uns das mitgeteilt.<br />
(Günther Friedrich Nolting [FDP] : Hatte ich<br />
vor Ihnen!)<br />
Wir brauchen einen Strauß an Antworten.<br />
(Dr. Walter Franz Altherr [CDU/CSU]: Einen<br />
Strauß, den brauchen wir in der Tat!)<br />
Deshalb verlangt die SPD-Fraktion ein Abrüstungsfolgengesetz,<br />
in dem eben nicht nur die Arbeitnehmer,<br />
zivile wie militärische, berücksichtigt werden,<br />
sondern auch die Schaffung neuer ziviler Arbeitsplätze<br />
erreicht wird,<br />
(Beifall bei der SPD)<br />
die Liegenschaften eine Rolle spielen. Meine Kolleginnen<br />
und Kollegen, erst dann kann eine ordentlich<br />
arbeitende Landesregierung auch eine Antwort geben.<br />
(Dr. Walter Franz Altherr [CDU/CSU]: Das<br />
wäre prospektiv im Jahre 2010!)<br />
Fragen Sie doch einmal Ihre bayerische Landesregierung,<br />
was sie von diesen Konzepten hält!<br />
Ich danke Ihnen.<br />
(Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/<br />
GRÜNE)<br />
Vizepräsident Helmuth Becker: Meine Damen und<br />
Herren, nächster Redner ist der Abgeordnete<br />
Dr. Egon Jüttner.<br />
Dr. Egon Jüttner (CDU/CSU): Herr Präsident!<br />
Meine Damen und Herren! Erinnern wir uns: Als im<br />
Sommer des vergangenen Jahres unser Bundeskanzler<br />
bei seinem Treffen mit Gorbatschow die Verringerung<br />
der Bundeswehr von 495 000 auf 370 000 Mann<br />
vereinbarte, da waren wir alle erleichtert. Helmut<br />
Kohl hatte damals Einigkeit mit der Sowjetunion über<br />
alle äußeren Aspekte der deutschen Einheit erzielt, so<br />
auch über die Zugehörigkeit des vereinten Deutschland<br />
zur NATO, über den Abzug aller sowjetischen<br />
Truppen bis 1994, aber auch über die Reduzierung der<br />
Streitkräfte des vereinten Deutschlands. Die Reduzierung<br />
der Streitkräfte ist eine schwierige Operation<br />
und bedeutet für die Bundeswehr einen tiefgreifenden<br />
Umbruch. Sie ist eine große Herausforderung für<br />
die Verantwortlichen. Diese müssen nicht nur die Reduzierung,<br />
sondern auch die weitreichendste Strukturreform<br />
der Bundeswehr seit ihrer Gründung und<br />
gleichzeitig den Aufbau der Bundeswehr in den<br />
neuen Bundesländern bewältigen. Dafür sollten wir<br />
den Herren auf der Hardthöhe einmal herzlich danken!<br />
Meine Damen und Herren, das Ressortkonzept für<br />
die Stationierung der Streitkräfte ist eine hervorragende<br />
Entscheidungsgrundlage. Die Vorschläge<br />
orientieren sich an Kriterien, über die allgemein Konsens<br />
besteht. Konsens besteht auch über die Grundsätze,<br />
die dem Ressortkonzept zugrunde liegen.