33. Sitzung - Deutscher Bundestag
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2616 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode — <strong>33.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991<br />
Jürgen Koppelin<br />
Unter diesem Gesichtspunkt, denke ich, muß man sich<br />
noch einmal über die Marinestandorte unterhalten.<br />
Ich denke hier in Schleswig-Holstein z. B. an Kappeln<br />
und Neustadt.<br />
Dank möchte ich den Angehörigen der Bundeswehr<br />
bei dieser Gelegenheit sagen. Ich habe bei meinen<br />
Besuchen bei der Truppe in diesen Tagen bei den Soldaten<br />
großes Verständnis für die Reduzierung gefunden.<br />
Das ist, wenn man selber betroffen ist, nicht immer<br />
selbstverständlich.<br />
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten<br />
der CDU/CSU)<br />
Wenig Verständnis habe ich allerdings dafür gefunden<br />
— das muß ich schon sagen, Herr Minister — , daß<br />
es vor der offiziellen Bekanntgabe der Reduzierungspläne<br />
eine merkwürdige Informationspolitik aus dem<br />
Ministerium heraus gegeben hat.<br />
(Beifall des Abg. Gert Weisskirchen [Wies<br />
loch] [SPD])<br />
Das hatte nichts mit Fürsorgepflicht zu tun. Bei der<br />
Gelegenheit möchte ich auch sagen: Es wäre gut,<br />
wenn auch im Ministerium reduziert würde.<br />
Zum Schluß folgendes: Die Bundesregierung und<br />
die Landesregierung werden in den nächsten Monaten<br />
gemeinsam nach Lösungen suchen müssen, um<br />
den Kommunen zu helfen, die von der Reduzierung<br />
der Bundeswehr besonders betroffen sind. Das wird<br />
nicht einfach sein, besonders dann, wenn eine Landesregierung<br />
wie z. B. die von Schleswig-Holstein<br />
sich seit Jahren geweigert hat, überhaupt Wirtschaftsoder<br />
Verkehrspolitik zu betreiben. Die Bundesregierung<br />
wird das nicht ausgleichen können, was eine solche<br />
Landesregierung in der Vergangenheit versäumt<br />
hat.<br />
Vielen Dank für Ihre Geduld.<br />
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)<br />
Vizepräsident Helmuth Becker: Herr Kollege Koppelin,<br />
Sie haben die Redezeit natürlich überschritten.<br />
Aber ich weiß, wie es ist, wenn man hier das erste Mal<br />
das alles genau einteilen muß.<br />
Nun hat als nächste Frau Kollegin Vera Wollenberger<br />
das Wort.<br />
Vera Wollenberger (Bündnis 90/GRÜNE) : Herr Präsident!<br />
Meine Damen und Herren! Herr Minister Stoltenberg,<br />
Sie haben am 24. Mai 1991 vor der Bundespressekonferenz<br />
überaus vollmundig erklärt, daß Sie<br />
— ich zitiere — „nachhaltige und breite Unterstützung<br />
der politischen und gesellschaftlichen - Kräfte unseres<br />
Landes brauchen, wenn die Neugestaltung der<br />
Bundeswehr in einer sinnvollen und menschlich vertretbaren<br />
Weise gelingen soll" . Das sind schöne<br />
Worte, aber leider in die Irre führende Worte; denn die<br />
Reduzierung vollzieht sich ohne vorherige Rücksprache<br />
mit den eigentlich Betroffenen. Das heißt, so undemokratisch<br />
die Aufrüstungsbeschlüsse waren, so<br />
undemokratisch ist die Art und Weise der an sich positiven<br />
Abrüstungsschritte.<br />
Wer von den betroffenen Landesregierungen, geschweige<br />
denn den Kreis- und Kommunalbehörden<br />
hatte in irgendeiner Phase die Möglichkeit, das von<br />
Herrn Stoltenberg präsentierte Werk zu unterstützen?<br />
Sie kannten es schlicht nicht, sie waren in keiner<br />
Phase in den Entstehungsprozeß einbezogen.<br />
(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Sie müs<br />
sen mal an den <strong>Sitzung</strong>en teilnehmen!)<br />
— Die Kommunen können nicht an <strong>Sitzung</strong>en des<br />
Verteidigungsausschusses teilnehmen, tut mir leid,<br />
Herr Nolting.<br />
(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Nein,<br />
Sie!)<br />
— Ich hatte eben von den Kommunen und Ländern<br />
gesprochen. Hören Sie doch bitte richtig zu!<br />
(Zuruf von der SPD: Nicht verwirren las<br />
sen!)<br />
Dabei gab und gibt es genug willige und mit- und<br />
vorausdenkende Menschen; das wissen besonders<br />
meine Kollegen aus dem Verteidigungsausschuß, in<br />
dem ständig Unterlagen eingehen, deren Berücksichtigung<br />
es gestattet hätte, den bevorstehenden Umgestaltungsprozeß<br />
der Bundeswehr wirklich sinnvoll zu<br />
vollziehen. Wissen Sie, Herr Minister Stoltenberg, irgendwie<br />
erinnert mich die jetzige Grundsituation in<br />
fataler Weise an die Situation, in der wir unlängst in<br />
der ehemaligen DDR im Zusammenhang mit der Auflösung<br />
der NVA und allen damit verbundenen Problemen<br />
waren. Damals, also vor einem Jahr, haben<br />
wir im Zeitraffer das durchlebt, was man aus Sicht von<br />
Bündnis 90/GRÜNE den alteingesessenen Bundesbürgern<br />
ersparen sollte, nämlich Konfusion statt Konversion.<br />
(Beifall beim Bündnis 90/GRÜNE und bei<br />
der SPD)<br />
Mit Rücksicht auf die betroffenen Menschen sollte<br />
sich diese katastrophale Situation nicht wiederholen.<br />
Meine Damen und Herren, auf einem Forum der<br />
Zeitschrift „Wehrtechnik" äußerte ein Brigadegeneral<br />
unlängst trefflich — Zitat — :<br />
Nach gängiger Definition ist Planung der gedankliche<br />
Vorgang, bei dem versucht wird, mit<br />
einer endlichen Menge an Ressourcen ein genau<br />
bestimmtes Ziel auf dem kosteneffektivsten Weg<br />
zu erreichen.<br />
Wie steht es nun mit Ihrem Ziel, Herr Stoltenberg?<br />
Dazu heißt es im Ressortkonzept, die Neuordnung der<br />
Stationierung könne sich nicht ausschließlich an den<br />
Belangen des zivilen Umfelds der Streitkräfte orientieren;<br />
Ziel müsse es sein, von der Belegung her lebensfähige<br />
Standorte zu erreichen, damit die ständigen<br />
Aufgaben im Frieden aufwandswirksam wahrgenommen<br />
werden können.<br />
Aber, Herr Minister, das Gesamtstationierungskonzept<br />
ist eindeutig nach vorrangig militärischen Kriterien<br />
erarbeitet worden, die sich nach wie vor nach<br />
Ihrem alten Feindbild ausrichten. Wie anders ist sonst<br />
die insgesamt hohe flächendeckende Stationierungsdichte<br />
zu erklären und das besonders augenfällig im<br />
Land Mecklenburg-Vorpommern, also unmittelbar an<br />
der Grenze zum polnischen Nachbarland? Wie anders,<br />
Herr Minister, ist die Planung der Luftwaffe zu<br />
verstehen, alle derzeitigen Standorte von höheren