33. Sitzung - Deutscher Bundestag
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2702* <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode — <strong>33.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991<br />
nung. Sie beginnt mit der Begründung des Adoptionsverhältnisses<br />
und schließt jede spätere Berufung auf<br />
Willensmängel aus.<br />
Eltern, denen die SED ihr Kind weggenommen hat,<br />
können deshalb diese Zwangsadoptionen auch künftig<br />
durch das zuständige Vormundschaftsgericht<br />
überprüfen lassen. Maßstab sind die bewährten Regelungen<br />
des Bürgerlichen Gesetzbuchs.<br />
Entscheidend ist aber der Einzelfall; einen Automatismus<br />
gibt es nicht. Die Adoptionen liegen zum Teil<br />
Jahrzehnte zurück. Die adoptierten Kinder sind inzwischen<br />
erwachsen und es ist durchaus vorstellbar, daß<br />
eine Rückgängigmachung der Adoption neues Leid<br />
schaffen würde, statt altes zu heilen. Entscheidend ist<br />
allein — wie auch sonst in unserem Familienrecht —<br />
das Wohl des Kindes. Es kommt allein darauf an, was<br />
für die betroffenen Kinder am besten ist.<br />
Die Täter — das ist mir ganz wichtig — dürfen nicht<br />
ungeschoren bleiben. Sollten sie sich strafbar gemacht<br />
haben, müssen Ermittlungsverfahren eingeleitet<br />
werden. Die entsprechenden Prüfungen laufen in<br />
den Ländern. Auch bei den Zwangsadoptionen sind<br />
die politischen Machthaber in die konkreten Vorgänge<br />
verwickelt. Die Rolle, die Frau Honecker gespielt<br />
hat, muß genau aufgeklärt werden. Mir wird<br />
immer mehr klar, daß die Regierungskriminalität ein<br />
Schlüssel bei der Bewältigung des SED-Unrechts ist.<br />
Ich weiß sehr wohl, daß es bei der menschlichen<br />
Bewältigung der Zwangsadoptionen noch viele Probleme<br />
geben wird. Wir können sie den Betroffenen<br />
leider nicht abnehmen. Eltern und Kinder können<br />
aber sicher sein, daß ihnen jede Unterstützung und<br />
jede Hilfe gewährt wird, die nur möglich ist.<br />
Anlage 7<br />
Zu Protokoll gegebene Rede<br />
zu Tagesordnungspunkt 11<br />
— Antrag betr. nationale und internationale<br />
Konsequenzen der ökologischen Auswirkungen<br />
des Golf-Krieges —<br />
Jutta Braband (PDS/Linke Liste): Der hier vorlie<br />
gende Antrag des Abgeordneten Dr. Feige und der<br />
Gruppe Bündnis 90/GRÜNE zieht in einer Weise Konsequenzen<br />
aus dem Golfkrieg und seinen katastrophalen<br />
Folgen, die diesem Hause, wenn es sich denn<br />
als Vertretung der Bürgerinnen und Bürger - dieses<br />
Landes begreifen würde, sehr wohl angemessen<br />
wäre. Leider ist zu vermuten — die Redebeiträge aus<br />
der Koalition sowohl zum Krieg selbst wie auch allgemein<br />
zu Fragen von Abrüstung und Frieden und die<br />
heutige Aktuelle Stunde zu den Polizeieinsätzen in<br />
Gorleben gegen Atomkraftgegner und -gegnerinnen<br />
zeigen es — , daß ein Umdenken von dieser Koalition<br />
nicht zu erwarten ist.<br />
Nichtsdestotrotz werden die Abgeordneten der<br />
PDS/LL diesem Antrag zustimmen, um mitzuhelfen,<br />
daß das Bewußtsein für die einzig mögliche Alternative<br />
zu Krieg, Ausbeutung der Dritte-Welt-Länder,<br />
massiver Zerstörung unser aller Lebensgrundlage und<br />
Abbau der sozialen und demokratischen Rechte der<br />
Menschen auch dieses Landes wachsen kann. Diese<br />
einzig mögliche Alternative liegt in der Anerkenntnis<br />
begründet, daß niemand das Recht hat, seine Vorstellungen<br />
und Überzeugungen mit militärischer Gewalt<br />
durchzusetzen, und daß eine Lösung aller Probleme<br />
allein durch solidarisches Handeln erreicht werden<br />
kann. Immer wieder ist auch in diesem Hause die<br />
Rede davon, wie doch die veränderten Bedingungen<br />
in der Welt — gemeint ist damit der Zusammenbruch<br />
der Politbürokratien Osteuropas — auch eine veränderte<br />
Politik dieses Landes ermöglichen. Praktische<br />
Konsequenzen werden nicht gezogen: Der Versuch,<br />
schnelle Eingreiftruppen zu installieren — und ich<br />
frage, wo die eingesetzt werden sollen — , die Weigerung,<br />
sich konstruktiv mit der Forderung sehr vieler<br />
Menschen nach Ausstieg aus der Atomenergie auseinanderzusetzen,<br />
die Plattwalzpolitik in Ostdeutschland<br />
sind deutliche Hinweise darauf, daß die Regierenden<br />
dieses Landes offenbar keine Veranlassung<br />
sehen, etwa einen neuen Ansatz für ihre Politik zu<br />
suchen.<br />
Nun zu dem Antrag: Hier wird — ich hoffe, in auch<br />
für die Kolleginnen und Kollegen von der Regierungskoalition<br />
verständlicher Form — dargelegt, wie durch<br />
Nachsorgepolitik und völkerrechtliche Vereinbarungen<br />
allein die ökologische Bedrohung der Menschheit<br />
durch Kriege nicht beseitigt werden kann, sondern<br />
daß es um die Beseitigung der Kriegsursachen gehen<br />
muß. Und ich füge hinzu, solange nicht mögliche<br />
Kriegsursachen wie Hunger, Unterdrückung, Machtgier,<br />
aber auch Gewinnsucht und Hegemoniebestrebungen<br />
für immer beseitigt sind, muß es eine Verständigung<br />
darüber geben, daß Krieg eben nicht mehr die<br />
legitime Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln<br />
sein kann. Der Golfkrieg mit all seinen Folgen ist immer<br />
noch das aktuelle Beispiel dafür, wie Milliarden<br />
Mark dafür vernutzt wurden, im Namen der Freiheit<br />
Hunderttausende Menschen zu töten, ein Land in<br />
Schutt und Asche zu legen, Weltkulturgüter zu vernichten<br />
und ökologische Schäden anzurichten, deren<br />
Behebung wiederum Milliarden Mark verschlingen<br />
wird: der vorhersehbare sinnlose Kreislauf, der nur<br />
die Taschen derjenigen füllt, die Kriegsmaterial herstellen,<br />
das ja schließlich „verbraucht" wurde, und die<br />
Leistung derjenigen abzieht, deren Potenz und Kenntnisse<br />
dringend für die Beseitigung von Umweltschäden,<br />
die „nur" durch unsere exzessive Produktionsund<br />
Konsumtionsweise entstehen, gebraucht werden.<br />
Nötig ist hier neben der Hilfe bei der Ölbrandbekämpfung<br />
und anderen umwelttechnischen Maßnahmen<br />
die Lieferung von Hilfsgütern aller Art sowie die Unterstützung<br />
bei der Lösung der langfristigen Probleme<br />
dieser Region. Die gravierendsten Probleme, die der<br />
Krieg zum Teil verschärft — wie die Autonomieforderungen<br />
verschiedener Völkergruppen — oder erst<br />
hervorgerufen hat — wie die mangelhafte Versorgung<br />
mit Wasser und Nahrungsmitteln — können nur<br />
durch internationale Unterstützung der politischen<br />
Forderungen und durch Hilfsprogramme gelöst werden.<br />
Wir teilen die Auffassung, daß völkerrechtliche<br />
Konsequenzen aus diesem Krieg gezogen werden<br />
müssen. Vor allem unterstützen wir die Forderung<br />
nach Einsetzung eines internationalen Untersu-