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33. Sitzung - Deutscher Bundestag

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2584 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode — <strong>33.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991<br />

Norbert Geis<br />

leicht Emotionen in den fünf neuen Bundesländern<br />

möglich, Emotionen, die dahin gehen, zu sagen: Im<br />

Grunde genommen haben sich die Westler gegen uns<br />

entschieden; weil sie sich nicht für Berlin entschieden<br />

haben, haben sie sich gegen uns entschieden? — Das<br />

sind Gräben, die aufgerissen werden können. —<br />

(Detlef von Larcher [SPD]: Und wenn der<br />

<strong>Bundestag</strong> entscheidet?)<br />

Vielleicht haben sie sich, so könnte man in den neuen<br />

Bundesländern denken, auch gegen die Wiedervereinigung<br />

entschieden. — All dies böte breiten Raum<br />

für alle mögliche Demagogie, für alle mögliche Verhetzung.<br />

Das sollten Sie mit bedenken.<br />

Ich meine, wenn aber die Entscheidung im Parlament<br />

selbst getroffen wird, dann kann eine solche Entscheidung<br />

eher nachvollzogen werden, weil ihre Rationalität<br />

eher einsichtig ist. Das Volk selbst kann ja<br />

seine Entscheidung nicht begründen, Herr Ullmann.<br />

(Peter Struck [SPD]: Das ist eine unglaub<br />

liche Rede, die Sie hier halten! Suchen wir<br />

uns ein anderes Volk!)<br />

Der Begründungszwang liegt bei den Abgeordneten,<br />

die sich für die eine oder für die andere Richtung entscheiden.<br />

Dieser Begründungszwang führt natürlich<br />

dazu, daß eine solche Entscheidung einsichtiger ist<br />

und deshalb eher verständlich ist und deshalb auch<br />

eher nachvollzogen werden kann und deshalb viel,<br />

viel mehr, als Sie annehmen, zur Befriedung beiträgt.<br />

Vizepräsident Dieter-Julius Cronenberg: Herr Abgeordneter<br />

Geis, darf ich Sie darauf aufmerksam machen,<br />

daß das Mehr an Redezeit, das Sie jetzt in Anspruch<br />

nehmen, auf Kosten des Kollegen Gerster geht.<br />

Ich will das nur in Ihre Erinnerung zurückrufen.<br />

Norbert Geis (CDU/CSU): Ich komme zum Schlußsatz.<br />

— Wir lehnen den Antrag der SPD ab. Wir sind<br />

der Auffassung, daß dieser Antrag von Anfang an<br />

überhaupt nicht ernst gemeint gewesen ist.<br />

(Lachen bei der SPD — Detlef von Larcher<br />

[SPD]: Das ist ja wohl das Letzte! — Weiterer<br />

Zuruf von der SPD: Das ist ja wirklich uner<br />

hört! — Weitere Zurufe von der SPD)<br />

— Er war nicht ernst gemeint. Bevor Sie ihn in die Welt<br />

gesetzt haben, hätten Sie ja erst einmal Kontakt aufnehmen<br />

können. Es ist ja so, daß man verfassungsändernde<br />

Mehrheiten braucht. Man braucht Zweitdrittelmehrheiten.<br />

Immer dann, wenn der Versuch unternommen<br />

wird, im Parlament die Verfassung - zu ändern,<br />

werden schon im Vorfeld Gespräche geführt.<br />

Das haben Sie aber gar nicht gemacht. Sie wollten es<br />

ja auch gar nicht. Sie wollten nur Volksnähe demonstrieren.<br />

In Wirklichkeit geht es Ihnen gar nicht um<br />

das Volk;<br />

(Detlef von Larcher [SPD]: Das ist eine Un<br />

verschämtheit! — Weitere Zurufe von der<br />

SPD)<br />

es geht Ihnen nur darum, aus Ihrem Dilemma herauszukommen,<br />

in das Sie sich hineinmanövriert haben.<br />

Das ist der Grund, und dafür soll nun das Parlament<br />

herhalten. Da machen wir nicht mit.<br />

Danke schön.<br />

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)<br />

Vizepräsident Dieter-Julius Cronenberg: Zu einer<br />

Kurzintervention erteile ich der Abgeordneten Frau<br />

Däubler-Gmelin das Wort.<br />

Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD): Herr Präsident!<br />

Verehrter Kollege Geis, ich habe mich nicht deswegen<br />

gemeldet, weil Sie gerade in einer unüberbietbar<br />

überzeugenden Form all das bestätigt haben, was ich<br />

vorhin an Vorwürfen in Ihre Richtung losgeworden<br />

bin.<br />

(Beifall bei der SPD)<br />

Ich habe mich auch nicht deswegen gemeldet, weil Ihr<br />

Argument mit dem Mangel an Ernsthaftigkeit nun<br />

mehr als widerlegt ist: Sie werden sehen, wie ernst wir<br />

es mit dem Gesetzentwurf meinen, spätestens dann,<br />

wenn auch die Länder im Bundesrat ihn am Freitag<br />

diskutieren und wenn wir unsere Forderung nach<br />

Volksbegehren, Volksinitiative und Volksentscheid<br />

im Zuge der Weiterentwicklung des Grundgesetzes<br />

zur gesamtdeutschen Verfassung ganz selbstverständlich<br />

wieder stellen. Das alles wissen Sie auch. Ich<br />

habe mich gemeldet, weil ich den Art. 146 gegen Sie<br />

in Schutz nehmen muß.<br />

Sie haben so getan und dabei Worte gebraucht, als<br />

habe dieses Haus mit einer Zweidrittelmehrheit, als<br />

habe die Volkskammer nach der Wende, das erste<br />

demokratisch gewählte Parlament in der DDR, mit<br />

Zweidrittelmehrheit die Möglichkeit geschaffen, die<br />

Verfassung „auszuhebeln" . Bedenken Sie bitte Ihre<br />

Worte. Das sind Worte, die nicht nur gegen die Bürgerinnen<br />

und Bürger gerichtet sind, die eine Weiterentwicklung<br />

des Grundgesetzes wollen,<br />

(Detlev von Larcher [SPD]: Das ist Demago<br />

gie!)<br />

das sind auch antiparlamentarische Worte, die ein<br />

Abgeordneter eigentlich nicht benutzen dürfte. Lieber<br />

verehrter Kollege Geis, das sind auch demagogische<br />

Sprüche, gegen die Sie sich glaubwürdig nicht<br />

mehr verwahren können, wenn Sie sie selbst verwenden.<br />

(Beifall bei der SPD)<br />

Richtig ist, daß im Art. 146 mit Verfassungsrang die<br />

demokratische Selbstverständlichkeit festgehalten<br />

wurde, nach der sehr schnell erfolgten staatlichen Einigung<br />

Deutschland, durch sorgfältige Nacharbeit —<br />

auf die wurde immer wieder hingewiesen, und deren<br />

Notwendigkeit stand eigentlich immer außer Zweifel<br />

— unser Grundgesetz in eine gesamtdeutsche Verfassung<br />

umzuwandeln und dazu auch die Abstimmung<br />

von Bürgerinnen und Bürgern des geeinten<br />

Deutschland vorzusehen.<br />

(Johannes Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Die<br />

schmeißt alles durcheinander!)<br />

Wer diesen Vorgang als „Aushebeln" bezeichnet,<br />

meine Damen und Herren, sollte solche Worte<br />

schnellstens zurücknehmen.<br />

Danke schön.<br />

(Beifall bei der SPD)

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