33. Sitzung - Deutscher Bundestag
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2624 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode — <strong>33.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991<br />
Dr. Egon Jüttner<br />
Meine Damen und Herren, es war vorauszusehen,<br />
daß es bei manchen Vorschlägen des Ressortkonzepts<br />
Enttäuschung und auch Kritik Betroffener geben<br />
würde. Kein Verständnis aber kann man für jene Politiker<br />
haben, die noch vor kurzer Zeit die Bundeswehr<br />
auf einen unverantwortlich niedrigen Stand zurückführen<br />
wollten,<br />
(Dieter Heistermann [SPD]: Die FDP!<br />
„230 000!" Da sitzen sie doch !)<br />
jetzt aber das Ressortkonzept kritisieren und erstaunlich<br />
schnell ihr Herz für die Bundeswehr entdeckt<br />
haben.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)<br />
Wie glaubwürdig ist Ihr Eintreten für die Erhaltung<br />
von Standorten, und wie ernsthaft ist Ihre Kritik am<br />
Vorschlag des Verteidigungsministers?<br />
Im Einzelfall mag das Ressortkonzept sicher manch<br />
unliebsamen Vorschlag enthalten. Man darf es aber<br />
nicht allein unter lokal- oder regionalpolitischen Gesichtspunkten<br />
sehen, sondern muß es als Ganzes beurteilen.<br />
Dann kommt man zu dem Schluß, daß es,<br />
gemessen an seinen Vorgaben und Rahmenbedingungen,<br />
insgesamt das Ziel, den künftigen Aufgaben<br />
der Bundeswehr gerecht zu werden, und gleichzeitig<br />
die Vorgabe, die Personalstärke auf 370 000 zu reduzieren,<br />
erfüllt.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU — Dieter Heister<br />
mann [SPD]: Hoffentlich holt Sie das nicht<br />
eines Tages wieder ein, was Sie hier sa<br />
gen!)<br />
Dies sollte auch die Opposition zur Kenntnis nehmen!<br />
Die Länder sind frühzeitig vom Verteidigungsminister<br />
in die Planungen einbezogen worden. Nun haben<br />
sie vor der endgültigen Entscheidung noch einmal die<br />
Möglichkeit, sich zu äußern und Vorschläge zu unterbreiten.<br />
Diese Vorschläge müssen sorgfältig und<br />
ernsthaft geprüft werden.<br />
Die Regierung beispielsweise meines Bundeslandes<br />
Baden-Württemberg war von Anfang an damit einverstanden,<br />
Ballungsräume zu entlasten und den ländlichen<br />
Raum zu stärken. Im Ressortkonzept ist dieser<br />
Grundsatz im wesentlichen eingehalten worden. Das<br />
zeigt nicht zuletzt die Tatsache, daß das Heer um 33 %<br />
verringert wird, gleichzeitig aber die Standorte nur<br />
um 12 % vermindert werden. Das bedeutet, daß die<br />
überwiegende Zahl der Standorte in strukturschwachen<br />
Gebieten erhalten bleibt. Den Forderungen der<br />
CDU-Landesgruppe und der Landesregierung - Baden-Württemberg<br />
wurde somit weitgehend entsprochen.<br />
Schließlich gibt es bei uns noch vier Standorte,<br />
für deren Erhalt wir uns weiterhin einsetzen.<br />
Meine Damen und Herren, die Schließung von<br />
Standorten bedeutet stets, auch in einer strukturstarken<br />
Gegend, einen Verlust an Beschäftigungsmöglichkeiten,<br />
einen Verzicht auf Kaufkraft und überdies<br />
einen Verlust an heimatnahem Einsatz Wehrpflichtiger.<br />
Ich halte es deshalb für dringend erforderlich, daß<br />
sich im Zuge der Auflösung und Reduzierung von<br />
Standorten die Bundesministerien der Verteidigung,<br />
sowie für Wirtschaft und Arbeit nicht nur um wirtschaftsschwache,<br />
sondern um alle betroffenen Regionen,<br />
Gemeinden und Städte kümmern.<br />
(Dieter Heistermann [SPD]: Nennen Sie da<br />
bei auch noch den Finanzminister!)<br />
Ich meine, es muß in allen vom Bundeswehrabzug<br />
betroffenen Standorten bei der Reduzierung des Zivilpersonals<br />
stufenweise und sozialverträglich vorgegangen<br />
werden. Wirtschaftsstrukturelle Hilfen müssen<br />
gegeben werden; Konzepte für den heimatnahen<br />
Einsatz Wehrdienstleistender müssen vorgelegt werden;<br />
für ältere Mitarbeiter muß die Möglichkeit des<br />
vorzeitigen Ausscheidens vorgesehen werden. Darüber<br />
hinaus müssen schon bald auch im Verwaltungsbereich<br />
Entscheidungen getroffen werden. Auch hier<br />
wollen die Betroffenen wissen, ob beispielsweise<br />
Standortverwaltungen aufgelöst, verlegt oder zusammengefaßt<br />
werden.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU — Manfred Opel<br />
[SPD]: Natürlich wollen die das wissen! —<br />
Detlev von Larcher [SPD]: Dann man tau!)<br />
Vizepräsident Helmuth Becker: Meine Damen und<br />
Herren, nächster Redner ist der Abgeordnete Manfred<br />
Opel.<br />
(Zuruf von der CDU/CSU: Der General a. D.!<br />
— Günther Friedrich Nolting [FDP]: Uns<br />
bleibt nichts erspart!)<br />
Manfred Opel (SPD): Herr Präsident! Meine Damen<br />
und Herren! Ach wissen Sie, Herr Nolting, kurz,<br />
knapp, schnell, präzise und falsch — das kann ich<br />
auch. Das will ich aber nicht machen.<br />
(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Da sind<br />
Sie gerade dabei!)<br />
Meine Damen und Herren, selbstverständlich<br />
freuen wir uns über die Erfolge bei der Abrüstung,<br />
aber wir möchten auch, daß die europa- und weltweite<br />
Abrüstung weitergeht.<br />
(Beifall bei der SPD)<br />
Wir können nicht bei 370 000 Soldaten stehen bleiben.<br />
Deswegen muß die Abrüstung so strukturiert<br />
werden, daß sie auch zukunftssicher ist, daß sie der<br />
Bevölkerung Chancen bietet und für sie attraktiv ist,<br />
damit sie angenommen wird. Genau hier setzt unsere<br />
Kritik an.<br />
Wir wissen natürlich auch, daß Abrüstung nicht<br />
ohne potentielle soziale, wirtschaftliche und strukturelle<br />
Folgewirkungen durchzuführen ist.<br />
(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Dann sa<br />
gen Sie das doch öffentlich!)<br />
Abrüstung muß deshalb Hand in Hand gehen mit<br />
überzeugenden Ausgleichsmaßnahmen. Hier sind Sie<br />
eine Antwort schuldig geblieben, Herr Nolting.<br />
(Beifall bei der SPD)<br />
Die dringende Frage ist nicht, o b man abrüstet, son<br />
dern, wie man abrüstet. Deswegen brauchen wir ein<br />
„Gesamtkonzept Abrüstung".<br />
Der erste Entwurf der Hardthöhe zur Reduzierungsplanung<br />
kam nicht nur mit großer Verspätung, son-