33. Sitzung - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode — <strong>33.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 2655<br />
Steffen Kampeter<br />
Kenntnis gegeben. Neben anderen parlamentarischen<br />
Anstößen, z. B. aus der Enquete-Kommission<br />
„Schutz der Erdatmosphäre", hat diese Petition wesentlich<br />
dazu beigetragen, daß die Bundesrepublik<br />
Mitte der 90er Jahre als erstes Land in Europa fluorchlorkohlenwasserstofffrei<br />
ist.<br />
Unsere Verordnung hat hohe Aufmerksamkeit erregt.<br />
So hat die bundesdeutsche Vorreiterrolle anläßlich<br />
der letzten Konferenz zum Montrealer Protokoll<br />
eine hohe Anerkennung der Position der Bundesregierung<br />
auch bei den Umweltschutzverbänden erfahren.<br />
Länder wie die Schweiz und Österreich werden in<br />
dieser Frage der bundesdeutschen Position folgen.<br />
Die 320 000 Bürger — sicherlich ist eine Petition so<br />
wichtig wie die andere; aber 320 000 ist eine beachtenswerte<br />
Zahl — haben mit dazu beigetragen, daß<br />
die Klimaproblematik in der 12. Legislaturperiode<br />
wieder Gegenstand der parlamentarischen Beratung<br />
geworden ist.<br />
Wir haben einen Arbeitsauftrag zur erneuten Einsetzung<br />
einer Klima-Enquete erteilt. Sie wird ihre Arbeit<br />
nach der Sommerpause aufnehmen. Sie hat den<br />
Auftrag, die Zusammenhänge zwischen Treibhauseffekt<br />
und Klimaänderung und mögliche Auswirkungen<br />
der weltweiten Klimaänderungen zu untersuchen.<br />
An diesem Beispiel läßt sich zeigen, daß mit<br />
Petitionen auch aktuelle Diskussionspunkte aus der<br />
Bevölkerung in die parlamentarische Beratung hineingetragen<br />
werden. Die Anliegen der Petenten lassen<br />
sich zwar, wie ich ausdrücklich betone, nicht immer<br />
vollständig umsetzen, aber sie werden von uns als<br />
wichtige Diskussionsbeiträge aus der Bevölkerung interpretiert.<br />
Dies trifft beispielsweise auch auf die Petitionen zur<br />
Kfz-Steuer zu. Wir haben die Umgestaltung hin zu<br />
einer ökologieorientierten Kfz-Steuer vorbereitet.<br />
Lassen Sie mich abschließend auf eine Dreistigkeit,<br />
verkleidet in Form einer Petition, hinweisen. Deutsche<br />
Bewohner einer Einrichtung in Chile — Ihnen wohl<br />
am besten unter dem Namen „Colonia Dignidad"<br />
bekannt — haben sich über das Auswärtige Amt und<br />
die Botschaft in Chile beschwert. Dieser Institution<br />
wurde vorgeworfen, ihre Bewohner zu verleumden<br />
und zu diskriminieren. Obwohl zahlreiche Indizien<br />
diese Anschuldigungen als absurd erscheinen lassen<br />
mußten, beabsichtigte der Petitionsausschuß, dem Begehren<br />
nachzugehen und vor Ort zu ermitteln. Die<br />
Colonia Dignidad lehnte dies ab. Der Vorwurf konnte<br />
nicht geklärt werden, da unser Verfassungsorgan in<br />
Chile nicht ermitteln konnte.<br />
Heute gehört die chilenische Diktatur der - Vergangenheit<br />
an. Die Gegenwart wird von dem seit langem<br />
erstmals wieder demokratisch gewählten Präsidenten<br />
Aylwin gestaltet.<br />
(Dr. Reinhard Göhner [CDU/CSU]: Sie kön<br />
nen ja jetzt den Ortstermin machen!)<br />
— Herr Kollege Göhner, Sie müßten gelegentlich<br />
auch einmal zuhören. Das Verfahren ist ja im Gange;<br />
wir sind ja dabei, die Geschichte einmal zu machen.<br />
—<br />
(Dr. Reinhard Göhner [CDU/CSU]: Sehr<br />
gut!)<br />
Der gewachsene internationale Druck auf die jetzt<br />
demokratisch legitimierte chilenische Regierung<br />
führte dazu, daß der christdemokratische Präsident<br />
dem Treiben der Kolonie nach seiner Amtsübernahme<br />
ein Ende bereitete, indem er ihr die Rechtspersönlichkeit<br />
entzog.<br />
Was dann an die Öffenlichkeit kam, zeigte, daß die<br />
Petition eine an Dreistigkeit kaum zu überbietende<br />
Verdrehung der Tatsachen darstellte. Die Kolonie<br />
hatte nach den jetzt vorliegenden Berichten beispielsweise<br />
das Zollprivileg dazu mißbraucht, Güter für den<br />
Verkauf in Chile einzuführen, darunter Presseberichten<br />
zufolge auch ein Fahrzeug für den Diktator Pinochet.<br />
Dies mag Anlaß gewesen sein, daß Pinochet<br />
nahe Kräfte die Verfassungskonformität dieses Dekrets<br />
vor dem Verfassungsgericht bestritten haben.<br />
Kurz vor dieser Debatte habe ich die Information aus<br />
Chile bekommen, daß die Klage abgewiesen wurde<br />
und das Dekret verfassungskonform ist. Ich glaube,<br />
daß damit ein weiterer Schritt zur Beendigung eines<br />
ungünstigen Kapitels gemacht worden ist. Der Petitionsausschuß<br />
des Deutschen <strong>Bundestag</strong>es hat dabei<br />
in gutem Geiste mitgewirkt.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)<br />
Lassen Sie mich diese Debatte damit schließen, daß<br />
mir als relativ jungem und neuem Mitglied des Petitionsausschusses<br />
— auch wenn man mir das vielleicht<br />
nicht so ansieht, Kollege Nolting,<br />
(Heiterkeit)<br />
aber ich bin eines der jüngsten Mitglieder des Petitionsausschusses<br />
— die Arbeit viel Freude macht und<br />
daß wir sicherlich auch bei der Diskussion des Jahresberichts<br />
1991 feststellen können, daß wir viel Gutes im<br />
Sinne der Bürger erwirkt haben.<br />
Herzlichen Dank.<br />
(Beifall bei allen Fraktionen)<br />
Vizepräsident Hans Klein: Ich schließe die Aussprache.<br />
Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf:<br />
Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/<br />
CSU, SPD und FDP<br />
Umsetzung der EG-Richtlinien auf dem Gebiet<br />
des öffentlichen Auftragswesens<br />
— Drucksache 12/770 —<br />
Überweisungsvorschlag:<br />
Ausschuß für Wirtschaft (federführend)<br />
Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau<br />
EG-Ausschuß<br />
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für<br />
die Aussprache eine Stunde vorgesehen. — Dagegen<br />
erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.<br />
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete<br />
Dr. Hermann Schwörer.<br />
Dr. Hermann Schwörer (CDU/CSU): Herr Präsident!<br />
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der<br />
Antrag auf Drucksache 12/770 befaßt sich mit der Verzögerung<br />
bei der Umsetzung der Vergaberichtlinien