33. Sitzung - Deutscher Bundestag
33. Sitzung - Deutscher Bundestag
33. Sitzung - Deutscher Bundestag
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
2572 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode — <strong>33.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991<br />
Angelika Pfeiffer<br />
Warum kann es keine Gemeinsamkeiten zwischen<br />
Opposition und Koalition geben, wenn es um eine<br />
gute Sache geht? Dann müßte man doch Parteigrenzen<br />
überwinden und müßte zustimmen, auch wenn es<br />
kein Antrag ist, den man selber eingebracht hat.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)<br />
Gemeinsamkeit über alle Parteigrenzen hinweg für<br />
alle Frauen müßte möglich sein, und das wünsche ich<br />
mir für die nächsten dreieinhalb Jahre.<br />
Ist es nicht erfreulich, meine Damen und Herren,<br />
über eine weitere Verbesserung der Lebensbedingungen<br />
der Familien mit Kindern in den neuen Bundesländern<br />
berichten zu können? Ich jedenfalls freue<br />
mich von ganzem Herzen über den Gesetzentwurf zur<br />
Einführung der Mütterunterstützung für Nichterwerbstätige<br />
in den neuen Bundesländern.<br />
Zugleich bietet mir der vorliegende Gesetzentwurf<br />
die begrüßenswerte Gelegenheit, Antwort auf die vielen<br />
Fragen von Hausfrauen aus meinem Wahlkreis zu<br />
geben, Antwort darauf, ob man sie vergessen hat, die<br />
Nichtberufstätigen, die bis dato laut DDR-Regelung<br />
keinen Anspruch auf Mutterunterstützung hatten.<br />
(Zuruf von der CDU/CSU: So war es!)<br />
Im Klartext: Wer nicht berufstätig war, der hatte keinen<br />
Anspruch auf Mutterunterstützung. Das ist nun,<br />
Gott sei Dank, bald Geschichte.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)<br />
Nichterwerbstätige Mütter aus den neuen Bundesländern,<br />
deren Kinder zwischen dem 3. Oktober 1990<br />
und dem 31. Dezember 1990 geboren wurden, erhalten<br />
jetzt ab Geburt monatlich 250 DM bei einem Kind,<br />
300 DM bei zwei Kindern und 350 DM bei drei und<br />
mehr Kindern. Diese Minimalbeträge, die auch mich<br />
nicht befriedigen — das ist ganz klar, aber im Moment<br />
haben wir nur diese Minimalbeträge — , weiter zu erhöhen<br />
wird eine nicht zu vergessende Aufgabe für uns<br />
alle sein.<br />
Diese Übergangsregelung kostet den Bund 1991 —<br />
auch das sollte hier einmal erwähnt werden — ca.<br />
15 Millionen DM; im Jahr 1992 werden es 1,73 Millionen<br />
DM und 1993 noch 30 000 DM sein.<br />
Zugunsten der betroffenen Hausfrauen und Schülerinnen<br />
schlägt sich auch die damit geschaffene Möglichkeit<br />
der Vermeidung der Sozialhilfebedürftigkeit<br />
nieder. Als ehemals praktizierende Sozialarbeiterin ist<br />
mir bekannt, wie sich unsere Mitbürger in den neuen<br />
Bundesländern überwinden müssen, den Weg zum<br />
Sozialamt zu gehen.<br />
Außerdem erkennen wir endlich auch, entgegen<br />
der DDR-Verordnung, die großartige Erziehungsleistung<br />
von Hausfrauen an.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)<br />
Es war schon fast anrüchig, wenn eine Frau in der<br />
damaligen DDR nicht gearbeitet hat. Meine Großmutter<br />
sagte immer: Früher war man wer, wenn eine Frau<br />
nicht gearbeitet hat. Zu DDR-Zeiten wurde gemunkelt,<br />
daß irgend etwas nicht stimmen kann, wenn eine<br />
Frau nicht arbeiten ging; ob sie das Arbeiten vielleicht<br />
nicht erfunden hat — solche Reden wurden geäußert.<br />
Ich möchte zum Schluß kommen, meine Damen und<br />
Herren. Im Interesse der betroffenen Mütter fordere<br />
ich alle auf, auch wenn uns verschiedene Regelungen<br />
nicht so angenehm sind, wie wir es gern hätten, über<br />
Parteigrenzen hinweg mitzuwirken, daß dieser gute<br />
Gesetzentwurf möglichst schnell umgesetzt wird.<br />
Ich bedanke mich.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP —<br />
Zustimmung des Abg. Michael Habermann<br />
[SPD])<br />
Vizepräsident Dieter-Julius Cronenberg: Das Wort<br />
hat der Abgeordnete Habermann.<br />
Michael Habermann (SPD): Herr Präsident! Meine<br />
Damen und Herren! Liebe Frau Pfeiffer, die SPD wird<br />
diesem Gesetzentwurf zustimmen, so wie wir auch in<br />
erster Lesung zugestimmt haben. Die Kritik und die<br />
Bedenken, die Sie in meinem Redeprotokoll gefunden<br />
haben, werden wir natürlich aufrechterhalten. Es geht<br />
uns nicht um Miesmachen; mit dem, was wir vorgeschlagen<br />
und diskutiert haben, wollen wir vielmehr<br />
Verbesserungen erreichen.<br />
Wir glauben, daß mit der Absicht, die ich gerade<br />
erwähnte, auch ein Stück der Politik verwirklicht<br />
wird, die Sie sich selbst als Zielvorgabe gesteckt haben.<br />
Wenn Frau Michalk gesagt hat, daß mit diesem<br />
Gesetzentwurf eine Lücke geschlossen wird, die von<br />
den Betroffenen zu Recht als Unrecht erfahren wird,<br />
und Sie das eben noch einmal bestätigt haben, dann<br />
muß es natürlich erlaubt sein, zu fragen, wie diese<br />
Lücke geschlossen wird und ob sie tatsächlich so geschlossen<br />
wird, daß Familien in Ost und West die gleichen<br />
Lebensverhältnisse haben. Die Absicht, mit einer<br />
Angleichung der sozialen Leistungen schneller<br />
zur sozialen Einheit unseres Vaterlandes beizutragen,<br />
ist für uns ein Schritt in die richtige Richtung. Deshalb<br />
werden wir dem Gesetzentwurf trotz Bedenken zustimmen.<br />
Ich darf Ihnen noch einmal unsere Ausgangsüberlegungen<br />
in Erinnerung rufen. Wir waren zunächst mit<br />
der Frage beschäftigt, ob es nicht möglich ist, daß wir<br />
allen Familien rückwirkend ab 3. Oktober Erziehungsgeld<br />
gewähren; denn wenn eine nachträgliche<br />
Verbesserung eintritt, sollte man möglichst für alle<br />
gleiche Verhältnisse schaffen. Das, was zum 1. Januar<br />
1991 möglich ist, hätte auch in einer Korrektur nachträglich<br />
auf den 3. Oktober zurückdatiert werden<br />
können.<br />
Wir kritisierten in der ersten Lesung die Ungleichbehandlung<br />
und haben das als ein Dreiklassenrecht<br />
definiert, das jetzt zu einem Zweiklassenrecht wird.<br />
Ich möchte auch darauf hinweisen, daß mich Staatssekretärin<br />
Verhülsdonk in der damaligen Debatte gefragt<br />
hat, ob mir denn nicht bewußt sei, daß sich die<br />
Einheit für alle Frauen auch darin ausdrückt, daß kein<br />
Unterschied mehr zwischen erwerbstätigen und<br />
nichterwerbstätigen Frauen gemacht wird. Sie fragte<br />
weiter, ob mir nicht bewußt sei, daß bei allen Frauen<br />
die Erwartung bestehe — so formulierte sie — , daß<br />
diese Unterstützung ab dem Tag des Beitritts erfolge.<br />
Wir haben in den Ausschußberatungen festgestellt,<br />
daß genau dieser Punkt, nämlich daß die Frauen die<br />
Erwartung haben, gleichbehandelt zu werden, durch