21.01.2014 Aufrufe

33. Sitzung - Deutscher Bundestag

33. Sitzung - Deutscher Bundestag

33. Sitzung - Deutscher Bundestag

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

2590 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode - <strong>33.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991<br />

Johannes Gerster (Mainz) (CDU/CSU): Dem Kollegen<br />

von der PDS gestatte ich keine Zwischenfrage.<br />

Mein lieber Herr Heuer, Sie sind ja fast doppeltes<br />

Ehrenmitglied der SED, seit 1948 Mitglied dieser Partei.<br />

Daß Sie sich zum Fürsprecher von mehr Demokratie<br />

machen, heißt den Bock zum Gärtner machen. Darf<br />

ich daran erinnern, daß es gerade zwei Jahre her ist,<br />

daß Sie ein System unterstützt haben, das freie<br />

Wahlen gar nicht zugelassen und unfreie Wahlen sogar<br />

noch manipuliert hat, nämlich die Kommunalwahl<br />

1989.<br />

(Detlev von Larcher [SPD]: Sie antworten auf<br />

eine nicht zugelassene Zwischenfrage!)<br />

Wenn Sie sich hier hinstellen und für Demokratie reden,<br />

sollte sich die SPD sehr genau überlegen, in welcher<br />

Gesellschaft sie sich mit ihrem Ansinnen bewegt.<br />

Ich rate Ihnen, hier lieber den Mund zu halten. Sie<br />

sind kein Fürsprecher für mehr Demokratie.<br />

(Abg. Dr. Uwe-Jens Heuer [PDS/Linke Liste]<br />

begibt sich zum amtierenden Präsidenten)<br />

Vizepräsident Dieter-Julius Cronenberg: Es ist das<br />

Recht des Abgeordneten, Herr Dr. Heuer, eine Zwischenfrage<br />

nicht zuzulassen.<br />

Johannes Gerster (Mainz) (CDU/CSU): Dritte Bemerkung,<br />

meine Damen, meine Herren: Träte eine<br />

Entscheidung durch den Volkssouverän als Möglichkeit<br />

der politischen Sachentscheidung parallel neben<br />

die parlamentarischen Mehrheitsentscheidungen, so<br />

würden wir die Entscheidungsfähigkeit und Verantwortungsbereitschaft<br />

des Parlaments zwangsläufig<br />

beschädigen. Nicht zuletzt wäre es für die gewählte<br />

parlamentarische Mehrheit dann kaum noch möglich,<br />

eine in sich logisch zusammenhängende Gesamtpolitik<br />

zu verfolgen.<br />

Es ist doch die Wahrheit — hierzu hat Frau Däubler<br />

Gmelin in ihrer Intervention meines Erachtens die<br />

Entwicklung der Weimarer Republik zumindest, um<br />

es vorsichtig auszudrücken, nicht zutreffend dargestellt<br />

— , daß gerade die Erfahrungen mit Volksentscheiden,<br />

mit Volksbegehren, die in der Weimarer<br />

Republik so negativ waren, die Verfassungsväter,<br />

auch die von der SPD, veranlaßt haben, Volksbegehren<br />

und Volksentscheide auf die Länderneugliederung<br />

zu beschränken und ansonsten auszuschließen.<br />

Das ist die historische Wahrheit. Ein Nachlesen etwa<br />

der Motive unseres Grundgesetzes macht sie deutlich.<br />

(Dr. Herta Däubler-Gmelin [SPD]: Das ist<br />

-<br />

falsch!)<br />

( V o r s i t z : Vizepräsident Hans Klein)<br />

Deswegen gibt es, sagen wir von der CDU/CSU,<br />

gewichtige Gründe, aus denen wir gegen Volksbegehren<br />

und Volksentscheide über den Verfassungsrahmen<br />

hinaus eintreten.<br />

Es dekuvriert das Vorgehen der SPD, daß es ihr,<br />

wenn sie jetzt dieses Thema erörtert, letzten Endes<br />

weniger um die Frage Bonn oder Berlin geht, sondern<br />

nur um einen Einstieg in Volksentscheide allgemein<br />

(Dr. Herta Däubler-Gmelin [SPD]: Auch ei<br />

nen Einstieg! Nicht nur einen Einstieg!)<br />

soweit sie so argumentiert, wie es hier geschehen<br />

ist.<br />

Ich halte den Vorschlag der SPD nicht nur für kurios,<br />

sondern auch für wenig glaubwürdig, Frau Däubler-Gmelin.<br />

(Detlev von Larcher [SPD]: Natürlich! Wie<br />

können Sie auch etwas anderes sagen?)<br />

— Ich werde Ihnen das gleich begründen — . Frau<br />

Däubler-Gmelin hat vorgetragen, der <strong>Bundestag</strong> und<br />

der Bundesrat sollten in dieser Woche entscheiden,<br />

und dann solle ein Volksentscheid kommen.<br />

(Dr. Herta Däubler-Gmelin [SPD]: Richtig!)<br />

Aber nach der Verfassung ist diese Entscheidung bindend.<br />

Sie wollen, daß diese Entscheidung zunächst<br />

nach der Verfassung bindend getroffen wird. Doch<br />

dann soll sie ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr<br />

bindend sein, und das Volk soll letzten Endes entscheiden.<br />

(Detlev von Larcher [SPD]: Das ist Gerster<br />

Logik! — Dr. Herta Däubler-Gmelin [SPD]:<br />

Er dreht sich im Kreis! Er hat nichts verstan<br />

den!)<br />

Es kann doch nicht wahr sein, daß Sie dies mit der<br />

Verfassung machen wollen. Das ist doch nicht richtig.<br />

Es ist auch nicht glaubwürdig, Frau Kollegin, was<br />

Sie betreiben.<br />

(Detlev von Larcher [SPD]: Das kann er nicht<br />

verstehen!)<br />

Ich muß Sie daran erinnern, daß es bei dem epochalen<br />

Ereignis der Vereingiung Deutschlands — als es darum<br />

ging, ob wir den Bürgern der neuen Bundesländer<br />

sofort die Möglichkeit der unmittelbaren Wahl<br />

und Mitentscheidung geben, was ein gesamtdeutsches<br />

Parlament angeht — just die SPD war, die eine<br />

Grundgesetzänderung, um vorgezogene Wahlen herbeiführen<br />

zu können, ablehnte.<br />

Das heißt, wenn Sie jetzt einen Volksentscheid wegen<br />

der Entscheidung zwischen Bonn und Berlin wollen,<br />

dann ist das in zweifacher Weise im Widerspruch<br />

zu ihrem bisherigen Verhalten.<br />

(Dr. Herta Däubler-Gmelin [SPD]: Nein!)<br />

Es ist widersprüchlich, weil Sie im vorigen Jahr dem<br />

Einigungsvertrag zugestimmt haben, in dem festgelegt<br />

ist, daß das gesamtdeutsche Parlament die Entscheidung<br />

über den Sitz der Regierung und des Parlaments<br />

zu treffen hat. Es ist zudem unglaubwürdig,<br />

weil Sie im vorigen Jahr den Bürgern der neuen Bundesländer<br />

einschließlich Opposition<br />

(Detlev von Larcher [SPD]: Sie müssen ge<br />

rade von Glaubwürdigkeit reden!)<br />

die Möglichkeit genommen haben, mit dem Beitritt<br />

sofort ein gesamtdeutsches Parlament gemeinsam mit<br />

uns zu wählen. Hier haben Sie eine Grundgesetzergänzung<br />

abgelehnt.<br />

Mit anderen Worten: Wenn Sie heute oder vor<br />

14 Tagen nach Ihrem Parteitag plötzlich das Grundgesetz<br />

ändern wollen,<br />

(Detlev von Larcher [SPD]: Nicht plötzlich!)

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!