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33. Sitzung - Deutscher Bundestag

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2662 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode — <strong>33.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991<br />

Vizepräsident Hans Klein<br />

Meine Damen und Herren, jetzt sind die Redner für<br />

den Tagesordnungspunkt 10 noch nicht da.<br />

(Dr. Herta Däubler-Gmelin [SPD]: Also kön<br />

nen wir das auch absetzen!)<br />

Dann überblättere ich zunächst einmal diesen Tagesordnungspunkt,<br />

bis die Kolleginnen und Kollegen im<br />

Saal sind.<br />

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 auf:<br />

Beratung des Antrags des Abgeordneten<br />

Dr. Klaus-Dieter Feige und der Gruppe Bündnis<br />

90/DIE GRÜNEN<br />

Nationale und internationale Konsequenzen<br />

der ökologischen Auswirkungen des Golf<br />

Krieges<br />

— Drucksache 12/779 —<br />

Überweisungsvorschlag:<br />

Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit<br />

(federführend)<br />

Auswärtiger Ausschuß<br />

Rechtsausschuß<br />

Finanzausschuß<br />

Ausschuß für Wirtschaft<br />

Verteidigungsausschuß<br />

Ausschuß für Verkehr<br />

Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />

Haushaltsausschuß<br />

Interfraktionell ist für die Aussprache eine Runde<br />

mit Zehn-Minuten-Beiträgen vereinbart worden. —<br />

Kein Widerspruch. Es ist so beschlossen.<br />

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete<br />

Dr. Feige.<br />

Dr. Klaus-Dieter Feige (Bündnis 90/GRÜNE): Herr<br />

Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!<br />

Der frühe Debattenzeitpunkt wird jetzt, glaube ich,<br />

einige Kollegen in Verlegenheit bringen, die diesen<br />

Beitrag ebenfalls kommentieren wollten. Aber ich<br />

denke, sie werden im Laufe der Zeit noch eintrudeln.<br />

Gestern früh, auf dem Weg zur Pressekonferenz,<br />

fragte mich ein Kollege, zu welchem Thema ich mich<br />

denn dort äußern wolle. Die Antwort war, daß es um<br />

die ökologischen Auswirkungen des Golfkrieges<br />

gehe. Dies veranlaßte ihn — sinngemäß — zu der Aussage:<br />

Wen interessiert denn jetzt so etwas? Da kommt<br />

ja nicht einmal Berlin und Bonn drin vor. — Somit,<br />

meinte er, sei es schon fast aussichtslos, daß das Aufmerksamkeit<br />

bekomme.<br />

(Vorsitz : Vizepräsident Helmuth Becker)<br />

Es stimmt: Der Krieg am Golf ist zu Ende. Die Kon-<br />

-<br />

fetti-Siegesparaden wollen uns gar suggerieren, alles<br />

sei wieder in bester Ordnung. Aber noch brennen die<br />

Schlachtfelder, noch sterben die Menschen an den<br />

Folgen dieses Krieges, der, genau gesehen, ein Krieg<br />

um Erdöl war. Es werden noch lange Menschen und<br />

vor allem Kinder an den Spätfolgen dieses datengeschützten<br />

Umweltkrieges umkommen. Die Zensur<br />

über die genauen Kriegsfolgen besteht immer noch.<br />

Damit kein Mißverständnis aufkommt: Saddam<br />

Hussein ist ein Verbrecher. Aber Verbrecher sind<br />

auch all diejenigen, die ihn aktiv gefördert haben, ihm<br />

die Waffen lieferten oder ihn technisch beraten haben.<br />

Nicht erst seit Hiroshima sind die Auswirkungen<br />

eines Krieges auf die natürlichen Lebensgrundlagen<br />

bekannt. Die Giftgaseinsätze im Ersten Weltkrieg töteten<br />

nicht nur zigtausend Soldaten, sie rotteten auch<br />

alles höhere tierische Leben im Frontgebiet aus. Ich<br />

möchte hier nur an die Schlachten von Verdun erinnern.<br />

Selbst auf dem Gebiet sogenannter konventioneller<br />

Kriegswaffen gibt es kein Tötungsinstrument<br />

mehr, das nicht nachhaltig auf die Umwelt wirken<br />

kann. So beinhaltet jeder Krieg, der heute geführt<br />

wird, die Gefahr der unwiederb ringlichen Vernichtung<br />

wertvoller Ökosysteme oder der Erde selbst. Da<br />

wir nun einmal nur diese eine Erde haben, ist es die<br />

Pflicht der friedensbewahrenden Menschen, endlich<br />

Konfliktlösungsstrategien zu entwickeln und die<br />

Menschenrechte und die Freiheit ohne den Einsatz<br />

des Waffenarsenals sogenannter moderner Kriege zu<br />

sichern.<br />

Es kann eben nicht nur darum gehen, mit Nachsorgemaßnahmen<br />

und einer internationalen Neubewertung<br />

der Umweltauswirkungen von Kriegen den Eindruck<br />

zu erwecken, als wäre die ökologische Bedrohung<br />

der Menschheit durch technischen Umweltschutz<br />

oder völkerrechtliche Vereinbarungen zu bewältigen.<br />

Es muß um die Beseitigung der Kriegsursachen<br />

selbst gehen.<br />

In Kuwait brennen die Ölfelder. Mediziner raten<br />

jedem, der es sich leisten kann, das Land zu verlassen.<br />

Die regionalen oder globalen Folgen der Ölbrände,<br />

die möglicherweise erst in Jahren gelöscht sein werden,<br />

sind völlig unabsehbar. Aber nicht nur das: Unmengen<br />

Rohöl sind in den Persischen Golf geflossen.<br />

Dort, wo das Öl unmittelbar auf Meeresfauna und<br />

-flora trifft, vergiftet und vernichtet es sofort alles Leben.<br />

Treibende Fischeier und Larven erleiden irreparable<br />

Schäden; Vögel, deren Gefieder verklebt, erfrieren<br />

oder müssen jämmerlich ertrinken. Es erscheint<br />

schon makaber, wenn sogenannte Experten angesichts<br />

der dicken ausgehärteten Ölfladen an den<br />

Stränden von einer „angenehmen Küstensicherung"<br />

oder „Verfestigung" sprechen.<br />

Aber schon die sogenannten normalen Folgen des<br />

Krieges können sich zu einer langen Liste von Zeitbomben<br />

summieren. Hunderttausende Minen und<br />

Bomben, eine Unmenge von Kampfstoffen verseuchen<br />

Böden und Luft, erzeugen gefährliche Altlasten,<br />

deren Sanierung nur mit Milliardenaufwand möglich<br />

sein wird. Die Zerstörung von Ent- und Versorgungssystemen<br />

führte in größeren Städten bereits nach wenigen<br />

Tagen zum Zusammenbruch der Strom- und<br />

der Wasserversorgung. Gesundheitsgefahren durch<br />

schlechte Wasserqualiltät und unzureichende medizinische<br />

Versorgungsmöglichkeiten für die Zivilbevölkerung<br />

sind die Folge.<br />

Lange genug hat sich Deutschland intensiv an der<br />

Verbrennung jahrmillionenlang aufgespeicherter<br />

Sonnenenergie beteiligt und auch gut vom Golföl gelebt.<br />

Ohne diese Voraussetzung wäre die Regierung<br />

auch nicht in der Lage gewesen, so problemlos die fast<br />

20 Milliarden DM für die Unterstützung des militärischen<br />

Einsatzes der USA bzw. der Alliierten aufzubringen.<br />

Aus einem Gefühl der Mitverantwortung für<br />

die Zukunft und nicht zur Restaurierung eines vergangenen<br />

Status quo muß die Bundesrepublik

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