21.01.2014 Aufrufe

33. Sitzung - Deutscher Bundestag

33. Sitzung - Deutscher Bundestag

33. Sitzung - Deutscher Bundestag

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode — <strong>33.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 2697*<br />

äußerst bedenklich, wenn sich Frau Griefahn wie folgt<br />

einläßt: „Außerdem sei es (verdeckt) geboten, politische<br />

und juristische Schritte in einem Gleichklang zu<br />

initiieren, um die Erreichung eines bestimmten Zieles<br />

auch im Prozeßwege zu begünstigen. Dies sei z. B. bei<br />

der Prozeßführung dadurch sicherzustellen, daß in<br />

dem zulässigen Maße und in dem gebotenen Umfang<br />

das Ministerium mit Bürgerinitiativen und Nachbarn<br />

zusammenarbeite. "<br />

Unabhängig davon, ob man die weitere Nutzung<br />

der Kernenergie mittel- und langfristig bejaht oder<br />

einen Ausstieg fordert, so steht jedenfalls fest, daß für<br />

die schon vorhandenen radioaktiven Abfälle eine<br />

möglichst sichere Entsorgung vorgenommen werden<br />

muß. Ich habe kein Verständnis für diese letztlich<br />

nicht rechtlich, sondern politisch motivierte Weigerung<br />

Niedersachsens, diese Abfälle abzulagern. Ich<br />

appelliere an die Landesregierung von Niedersachsen,<br />

auch in Fragen des Atom- und Strahlenschutzrechts<br />

zu rechtsstaatlichem Verhalten zurückzukehren.<br />

Wir brauchen einen Energiekonsens, der die nukleare<br />

Entsorgung einschließt.<br />

Ich fordere deshalb Bund und Länder auf, alles zu<br />

unternehmen, um wieder zu einem Grundkonsens in<br />

Energie- und auch Kernenergieentsorgungsfragen zu<br />

kommen. Die Zukunft des Industriestandorts BRD<br />

hängt entscheidend davon ab, ob wir neben der Versorgungsinfrastruktur<br />

über eine modernsten Anforderungen<br />

entsprechende Entsorgungsinfrastruktur<br />

— und zwar für alle Arten von Abfällen — verfügen.<br />

Jedenfalls sollte die Bundesrepublik Deutschland ihre<br />

eigenen Entsorgungsprobleme nicht auf dem Rücken<br />

anderer Staaten austragen, sondern für ihre Abfälle,<br />

einschließlich der radioaktiven Abfälle, die Verantwortung<br />

selbst übernehmen.<br />

Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister für Umwelt, Na<br />

turschutz und Reaktorsicherheit: Mit ihrer Untersagungsverfügung<br />

vom 14. Juni 1991, für die es einer<br />

Weisung des Niedersächsischen Umweltministeriums<br />

an das Gewerbeaufsichtsamt Lüneburg bedurfte, hat<br />

die Niedersächsische Landesregierung eindeutig<br />

rechtswidrig gehandelt. Es war daher meine mir durch<br />

Verfassung zugewiesene Pflicht, nachdem sich das<br />

Land weigerte, die rechtswidrige Verfügung aufzuheben,<br />

durch eine bundesaufsichtliche Weisung den<br />

rechtgemäßen Zustand wiederherzustellen.<br />

Offenkundig hat die Landesregierung versucht, mit<br />

dem Mittel des Rechtsbruchs ihre Koalitionsabsprache<br />

durchzusetzen. Die rechtlichen Argumente waren<br />

so fadenscheinig, daß dieses Spiel für jedermann, der<br />

-<br />

sich damit etwas näher beschäftigte, durchschaubar<br />

war.<br />

Die ausschließlich polemische, unsachliche und mit<br />

keinen Fakten versehene hemmungslose Kritik des<br />

Niedersächsischen Ministerpräsidenten entlarvt ihn<br />

selbst. Wenn ein Verfassungsorgan so handelt, argumentiert<br />

und polemisiert, dann muß man sich nicht<br />

wundern, wenn das Vertrauen vieler Menschen in<br />

unseren Rechtsstaat erschüttert wird. Da wird hemmungslos<br />

mit Unterstellungen gearbeitet, wider besseres<br />

Wissen vorhandene Information abgestritten —<br />

mit einem Wort: Es wird alles getan, um die politische<br />

Entscheidung in Koalitionsvereinbarung und Regie<br />

rungserklärung auch am bestehenden Recht vorbei<br />

durchzusetzen.<br />

Wie sind die Fakten?<br />

Die Herkunft dieser Abfälle ist durch ein TÜV-Gutachten<br />

und durch die Arbeiten der deutsch-belgischen<br />

Experten-Kommission eindeutig nachgewiesen.<br />

Die Genehmigungslage für das Faßlager und die<br />

Beförderung ist eindeutig. Die Genehmigungsvoraussetzungen<br />

sind gegeben. Die Erfüllung der Einlagerungsbedingungen<br />

ist nach Qualität und Umfang der<br />

Abfälle in einem von Bund und Land einvernehmlich<br />

festgelegten Prüfverfahren für diese Abfälle eindeutig<br />

nachgewiesen worden.<br />

Die Niedersächsische Landesregierung ist bei diesem<br />

Vorgang ihrer Verantwortung nicht gerecht geworden:<br />

— Sie hat eine rechtswidrige Weisung erlassen in dem<br />

klaren Bewußtsein, daß die Bundesaufsicht weisen<br />

wird. Sie hat diese Weisung provoziert, um sich selbst<br />

aus der Verantwortung zu stehlen und ihre politische<br />

Vorabentscheidung zu bestätigen. Sie sollte sich nicht<br />

der Hoffnung hingeben, daß die Öffentlichkeit dies<br />

nicht durchschaut.<br />

Ich fordere die Niedersächsische Landesregierung<br />

auf, endlich ihrer Verantwortung gerecht zu werden.<br />

— Wenn die Landesregierung künftig Abfälle deutscher<br />

Herkunft aus Belgien nicht abnehmen will, heißt<br />

dies nichts anderes als endgültiger Export deutschen<br />

radioaktiven Abfalls. Mit anderen Worten: Die Niedersächsische<br />

Landesregierung will deutschen radioaktiven<br />

Abfall im Ausland endlagern. Dies ist nicht<br />

hinnehmbar. Dies wäre eine Europäisierung der Abfallpolitik<br />

— nicht das, was wir verantwortungsvoll<br />

tun.<br />

— Ich bin mit der Transnuklear-Affäre konfrontiert<br />

worden. Ich habe gehandelt, um diese Affäre aufzuklären<br />

und die notwendigen Konsequenzen zu ziehen.<br />

Dies waren tiefe Schnitte. Wir haben Transnuklear<br />

und NUKEM Genehmigungen entzogen. Wir hab<br />

en die westdeutsche Nuklearwirtschaft entflochten.<br />

Wir haben das Schienenkonzept für den Transport<br />

radioaktiven Mate rials mit der Bahn durchgesetzt. Wir<br />

haben eine Abfallkontrollrichtlinie — gemeinsam mit<br />

den Ländern — erlassen, um jederzeit eine lückenlose<br />

Kontrolle auch der schwach- und mittelaktiven Abfälle<br />

zu haben. Und wir haben gemeinsam mit Belgien<br />

eine deutsch-belgische Expertenkommission unter<br />

Beteiligung der Länder — stellvertretend waren dies<br />

Hessen und Nordrhein-Westfalen — eingesetzt, um<br />

die Abfälle in Mol den Abfallverursachern zuzuordnen.<br />

Der 2. Untersuchungsausschuß des Deutschen<br />

<strong>Bundestag</strong>es hat in der letzten Legislaturperiode die<br />

Richtigkeit und Konsequenz meiner Maßnahmen bestätigt.<br />

Die Länder waren hierüber stets voll informiert.<br />

Ihnen war bekannt, daß die Abfälle in die Bundesrepublik<br />

Deutschland zurückgenommen werden<br />

würden. Noch vor wenigen Wochen hat die Niedersächsische<br />

Landesregierung gegenüber Baden-Württemberg<br />

schriftlich bestätigt, daß flüssige Abfälle aus<br />

Mol, die im Kernforschungszentrum Mol konditioniert<br />

wurden im Faßlager Gorleben zwischengelagert wer-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!