33. Sitzung - Deutscher Bundestag
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2704* <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode — <strong>33.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991<br />
Anlage 9<br />
Zu Protokoll gegebene Reden<br />
zu Tagesordnungspunkt 13 —<br />
Antrag betr. Aufnahme des grünen Pfeils<br />
in die Straßenverkehrsordnung —<br />
Jutta Braband (PDS/Linke Liste): Die Diskussion<br />
um den grünen Pfeil, um das Für und Wider dieser<br />
Regelung für das Rechtsabbiegen bei „Rot" an ampelgeregelten<br />
Kreuzungen in der ehemaligen DDR bewegt<br />
inzwischen seit Monaten Bürgerinnen und Bürger<br />
vor allem in den neuen Bundesländern. Sie<br />
schließt den Streit verantwortlicher Politiker, Stellungnahmen<br />
von Verkehrsverbänden und Verkehrsexperten<br />
ein. Es wurden regelrechte Kopfstände vollführt,<br />
der Pfeil demontiert und wieder montiert.<br />
Die letztlich getroffene Kompromißlösung, die<br />
Rechtsabbiegeregelung in den neuen Bundesländern<br />
bis zum 31. Dezember 1991 beizubehalten, sollte sicher<br />
auch den wachsenden Unmut von Bürgern der<br />
ehemaligen DDR dämpfen. Die ja damit eingeschlossene<br />
Liquidierung dieser nützlichen Verkehrsregelung<br />
zum Jahresende sehen viele Menschen in den<br />
neuen Bundesländern als Bestandteil einer Politik,<br />
nach der alles, was nicht in eingefahrene Gleise der<br />
Alt-BRD paßt, auch nichts in der Gesetzgebung zu<br />
suchen hat.<br />
Mit unserem Antrag zur Änderung der Straßenverkehrsordnung<br />
hinsichtlich der Übernahme des grünen<br />
Pfeils soll Bewährtes als eine vernünftige Regelung<br />
in ganz Deutschland gesetzt werden. Wenn ich<br />
entsprechende Meldungen richtig deute, steht ja auch<br />
der Bundesverkehrsminister Günther Krause mit seinen<br />
Erfahrungen als Verkehrsteilnehmer in der ehemaligen<br />
DDR dieser Regelung aufgeschlossen gegenüber.<br />
Wortmeldungen des Berliner Senators Elmar<br />
Pieroth verdeutlichen, daß er auch ohne diese Erfahrungen<br />
für den Pfeil im deutschen Straßenverkehr<br />
ist.<br />
Mit unserem Antrag plädieren wir für Vernunft, für<br />
die Verbesserung des Verkehrsflusses für Fußgänger,<br />
Radfahrer und Kraftfahrer an Kreuzungen. Die Entscheidung,<br />
welche größeren ampelgeregelten Kreuzungen<br />
mit dem Abbiegepfeil für Rechtsabbiegen bei<br />
„Rot" ausgerüstet werden, ist dabei eine rein kommunale<br />
Sache.<br />
Verstopfte Straßen, starke Abgasemissionen, Verkehrschaos<br />
nicht nur zu Spitzenzeiten sind bestimmend<br />
für das Bild in den Städten. Nun ist der „grüne<br />
Pfeil" nicht die Lösung — diese bedarf einer völlig<br />
neuen Verkehrspolitik — , aber ein Mittel für eine gewisse<br />
Entschärfung an stark frequentierten Kreuzungen.<br />
Unübersehbar ist, die in den neuen Bundesländern<br />
anstehenden Verkehrsprobleme wurden und werden<br />
durch die Demontage der grünen Pfeile an den Ampeln<br />
der Kreuzungen für das Rechtsabbiegen bei<br />
„Rot" zusätzlich verschärft. Der grüne Pfeil war wesentliches<br />
Element des fließenden Verkehrs in den<br />
Kreuzungsbereichen. Seine ersatzlose Demontage im<br />
Rahmen der Straßenverkehrsordnung der alten Bundesländer<br />
führt zum Anwachsen und Entstehen von<br />
neuen Staus und belastet dadurch die Luft in den<br />
Städten zusätzlich. Was das Argument zur Verringerung<br />
der Verkehrssicherheit für Fußgänger durch die<br />
Möglichkeit des Rechtsabbiegens bei „Rot" bet rifft, so<br />
war in der früheren DDR nach Einführung dieses<br />
Pfeils keine Unfallzunahme — aus ebendiesen Gründen<br />
— zu verzeichnen.<br />
Alle sachlichen Gründe sprechen für die Aufnahme<br />
des „grünen Pfeils" in die Straßenverkehrsordnung<br />
der BRD. Dagegen spricht nur die Nichtakzeptanz der<br />
Übernahme früheren DDR-Rechts in die Gesetze der<br />
BRD.<br />
Eduard Oswald (CDU/CSU): Unser gemeinsames<br />
Ziel muß die Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer<br />
auf und an unseren Straßen sein. Ohne jetzt Pro und<br />
Kontra zu beleuchten, muß man objektiv feststellen:<br />
Ein sachgerechter Abbau der Grünpfeile und eine<br />
Umstellung auf die nach der Straßenverkehrsordnung<br />
zulässigen Möglichkeiten — wie grüner Lichtpfeil<br />
oder gesonderte Abbiegespur mit negativen Vorfahrtszeichen<br />
— wird bis zum Ablauf der vorgesehenen<br />
Übergangsfrist nicht möglich sein. Es ist deshalb<br />
eine Verlängerung dieser Frist durch eine neue Verordnung<br />
zur Änderung der Straßenverkehrsordnung<br />
anzustreben.<br />
Es ist keine Frage, daß es Kreuzungsbereiche gibt,<br />
in denen es im Interesse der Leistungsfähigkeit der<br />
Kreuzung und damit der Verbesserung des Verkehrsflusses<br />
dem Kraftfahrzeugverkehr ermöglicht werden<br />
muß, nach rechts abbiegen zu dürfen, wenn dem Geradeaus-<br />
oder dem Linksabbiegeverkehr die Weiterfahrt<br />
durch Rotlicht einer Lichtzeichenanlage untersagt<br />
ist. Dies gilt ganz sicher gleichermaßen für die<br />
neuen wie für die alten Bundesländer.<br />
Ich will jetzt nicht auf die Entstehungsgeschichte<br />
der Grünen-Pfeil-Regelung eingehen. Das entscheidende<br />
Argument für die Beibehaltung und Einführung<br />
einer solchen Regelung ist der Verkehrsfluß. Die<br />
Frage wird sein, ob die für den Verkehrsfluß positive<br />
Wirkung des Grün-Pfeils die mit dem wachsenden<br />
Verkehr auftretenden Verkehrsprobleme lösen kann.<br />
Ich glaube, gerade in den Kreuzungsbereichen, besonders<br />
in den größeren Städten, wird man den starken<br />
Verkehrszuwächsen nur mit der Nutzung der<br />
Möglichkeiten der modernen Lichtsignaltechnik und<br />
einer entsprechenden Ampelschaltung gerecht werden<br />
können.<br />
Auch wenn ich das Thema jetzt problematisiere, bin<br />
ich der Meinung, daß eine endgültige Entscheidung<br />
zur Aufnahme oder Nichtaufnahme des Grünen Pfeils<br />
in die Straßenverkehrsordnung erst dann getroffen<br />
werden kann, wenn uns eindeutige Analysen auf der<br />
Basis der Verkehrskonflikttechnik vorliegen. Ich kann<br />
nur begrüßen, daß der Bundesminister für Verkehr die<br />
Bundesanstalt für das Straßenwesen — und hier die<br />
Außenstelle Berlin — beauftragt hat, gemeinsam mit<br />
der Hochschule für Verkehr in Dresden ein Gutachten<br />
zu erstellen.<br />
Wir werden dann im Herbst im Verkehrsausschuß<br />
auf der Grundlage dieser Ergebnisse Vor- und Nachteile<br />
der Grünen-Pfeil-Regelung abzuwägen haben.<br />
Dabei gelten drei entscheidende Punkte:<br />
1. Die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer,<br />
2. die Leistungsfähigkeit lichtsignalgesteuerter Knotenpunkte,