33. Sitzung - Deutscher Bundestag
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2652 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode — <strong>33.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991<br />
Gertrud Dempwolf<br />
zu bekommen. Der Petent lebt bei seinem Bruder und<br />
von der Sozialhilfe mit dem niedrigsten Satz.<br />
Unsere Bemühungen sind noch nicht abgeschlossen.<br />
Aber wir suchen noch nach weiteren Lösungen,<br />
damit dieser Mann einen Ausgleich für verlorene Gesundheit<br />
und für verlorenes Lebensglück bekommt.<br />
Ich weiß, daß das sehr schwer ist, aber ich wünschte<br />
mir, es käme ein guter Rat aus unserem Kreis.<br />
Ich danke Ihnen.<br />
(Beifall im ganzen Hause)<br />
Vizepräsident Hans Klein: Das Wort hat der Abgeordnete<br />
Bernd Reuter.<br />
Bernd Reuter (SPD): Herr Präsident! Meine sehr<br />
verehrten Damen und Herren! Wie wir in dieser Aussprache<br />
schon einige Male zur Kenntnis genommen<br />
haben, hat sich die Tätigkeit des Petitionsausschusses<br />
im Jahre 1990 erheblich ausgeweitet, vor allem auch<br />
durch eine Vielzahl von Petitionen aus den östlichen<br />
Bundesländern. Dies reflektiert vor allem die großen<br />
sozialen und wirtschaftlichen Probleme der Menschen<br />
in der ehemaligen DDR. Wir stellen allerdings auch<br />
hier vielfach überhöhte Erwartungen an die Regelungskompetenz<br />
des Petitionsausschusses fest.<br />
Bei der Diskussion des Jahresberichts des Petitionsausschusses<br />
kann natürlich nicht nur Positives zur<br />
Sprache kommen. In einigen Fällen ist auch Kritik an<br />
der Bundesregierung angebracht, die unser Vorsitzender<br />
schon in so hervorragender Weise formuliert<br />
hat. Es gibt Entscheidungen des Petitionsausschusses,<br />
die die Bundesregierung nicht beachtet hat.<br />
Ich will Ihnen, meine Damen und Herren, dazu ein<br />
Beispiel vortragen. Da schreibt ein Minister am Schluß<br />
seiner Aussage zu einer Petition, die wir zur Berücksichtigung<br />
überwiesen hatten:<br />
Nach allem komme ich zu dem Ergebnis, die der<br />
Bundesregierung vom Deutschen <strong>Bundestag</strong><br />
überwiesene Petition auf Grund der dargestellten<br />
Rechtslage nicht berücksichtigen zu können. Ich<br />
bedaure, dem Wunsch des <strong>Bundestag</strong>s nach einem<br />
anderen Ergebnis nicht entsprechen zu können,<br />
sehe mich aber durch das Gesetz zu dieser<br />
Entscheidung gezwungen.<br />
Meine Damen und Herren von der Regierung, das<br />
wußte der Petent auch, sonst hätte er keine Petition<br />
eingereicht. Sein Begehren war doch, sich hilfesuchend<br />
an den <strong>Bundestag</strong> zu wenden und zu sagen:<br />
Hier ist Handlungsbedarf.<br />
-<br />
Der Petitionsausschuß sagt in seinen Beratungen:<br />
Jawohl, wir sehen das auch so; die Bundesregierung<br />
möge das berücksichtigen. Die Bundesregierung stellt<br />
dann fest: Die Rechtslage steht dem entgegen. Das<br />
wußten alle. Ich hätte gerne von der Bundesregierung,<br />
daß sie die Entscheidungen des Petitionsausschusses<br />
in Zukunft etwas ernster nimmt, als das in<br />
der Vergangenheit geschehen ist.<br />
Ich will auch hinzufügen, daß Entscheidungen des<br />
Petitionsausschusses auch solche des Deutschen <strong>Bundestag</strong>es<br />
sind. Sie sollten für die Regierung eigentlich<br />
schon aus diesem Grunde beachtenswert sein.<br />
Auch in diesem Berichtszeitraum gab es eine große<br />
Anzahl von Fällen, in denen die Petitionen der Bundesregierung<br />
zur Berücksichtigung oder zur Erwägung<br />
überwiesen worden waren, aber nicht im Sinne<br />
des Petitionsausschusses erledigt wurden.<br />
Vizepräsident Hans Klein: Herr Kollege, gestatten<br />
Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Göhner?<br />
Dr. Reinhard Göhner (CDU/CSU): Verehrter und<br />
hochgeschätzter Kollege Reuter, würden Sie mir darin<br />
zustimmen, daß auch bei einem Beschluß des Petitionsausschusses<br />
und des <strong>Bundestag</strong>es die Bundesregierung<br />
als Exekutive gleichwohl an die Gesetze gebunden<br />
bleibt, so daß dann, wenn der <strong>Bundestag</strong> die<br />
Regierung zu einem bestimmten Verhalten aufgefordert<br />
hat, dieses Verhalten aber ohne eine Gesetzesänderung<br />
nicht möglich ist, nur der <strong>Bundestag</strong> selbst<br />
dem Petitum der Petition durch eine Gesetzesänderung<br />
entsprechen kann?<br />
Bernd Reuter (SPD): So wie ich die Praxis unserer<br />
Arbeit kenne, Herr Kollege Dr. Göhner, ist es richtig,<br />
daß die Regierung an das Gesetz gebunden ist. Es<br />
wäre noch schöner als schön, wenn die Regierung<br />
machen könnte, was sie wollte!<br />
(Dr. Reinhard Göhner [CDU/CSU]: Na<br />
eben!)<br />
Das ist vollkommen klar.<br />
Wenn aber Handlungsbedarf aus einer Petition erwächst,<br />
weil ein Mensch erklärt und uns darlegt, daß<br />
das Gesetz eine Lücke, keine Härteregelung oder etwas<br />
ähnliches hat, dann kann ich doch von einem ausgewachsenen<br />
Minister, der noch dazu Professor ist,<br />
erwarten, daß er uns sagt: Wir sehen das ein; wir werden<br />
bei der nächsten Novelle des Gesetzes darangehen,<br />
diesen Mangel zu beheben. — Darum geht es im<br />
wesentlichen.<br />
(Beifall bei der SPD, der PDS/Linke Liste,<br />
beim Bündnis 90/GRÜNE sowie bei Abge<br />
ordneten der CDU/CSU)<br />
Herr Dr. Göhner, Sie kennen mich schon lange, und<br />
ich kenne Sie auch. Natürlich will ich der Regierung<br />
nicht einfach Schuld zuweisen; denn es gibt vielfach<br />
Petitionen, wo der <strong>Bundestag</strong> selber, die Fraktionen<br />
Handlungsbedarf erkennen müßten und selber handeln<br />
müßten. Das will ich Ihnen gerne zugestehen.<br />
Meine Damen und Herren, es ist aus meiner Sicht<br />
nicht hinnehmbar, daß manche Petitionen nur deshalb<br />
über mehrere Jahre laufen, weil die Stellungnahmen<br />
nicht fristgerecht abgegeben wurden. Ich will deshalb<br />
einmal ganz nachhaltig Kritik an den Ministerien und<br />
Bundesbehörden üben, die sich über Gebühr lange<br />
Zeit lassen, wenn sie um Stellungnahmen zu Petitionen<br />
gebeten werden.<br />
Erfreulich — auch das ist heute abend schon einige<br />
Male angeklungen — ist die Tatsache, daß im Petitionsausschuß<br />
im Interesse der hilfesuchenden Menschen<br />
sehr oft parteiübergreifende Entscheidungen<br />
fallen. Es soll allerdings auch nicht verschwiegen werden,<br />
daß es durchaus strittige Themen gibt, die kontrovers<br />
diskutiert werden und diskutiert werden müssen.