33. Sitzung - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode — <strong>33.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 2621<br />
Günther Friedrich Nolting<br />
Eine Fristverlängerung bis Ende September, die die<br />
Länder jetzt fordern, ist für uns nicht akzeptabel. Sie<br />
kann nicht akzeptabel sein;<br />
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)<br />
denn ich sage Ihnen: Die betroffenen Soldaten, ihre<br />
Familien, die zivilen Mitarbeiter und die Regionen<br />
und Standorte müssen jetzt endlich Planungssicherheit<br />
haben.<br />
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)<br />
Zu geringfügigen Fristverlängerungen können wir<br />
uns bestimmt noch äußern.<br />
Die SPD hat noch im letzten Jahr eine Reduzierung<br />
der Bundeswehr auf 200 000 Mann gefordert. Davon<br />
ist jetzt, wo es darum geht, Standorte auszudünnen<br />
oder aufzulösen, natürlich nichts mehr zu hören.<br />
Wenn man alle Forderungen der SPD-Vertreter im<br />
Verteidigungsausschuß nach Verbesserungen und<br />
Zuschlägen zusammenzählt, dann dürften wir die<br />
Bundeswehr nicht verkleinern, sondern müßten ihre<br />
Stärke um einige hunderttausend Mann erhöhen.<br />
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU —<br />
Dieter Heistermann [SPD]: Märchenerzähler<br />
Nolting!)<br />
— Ich beweise Ihnen das. — Dieses Verfahren ist<br />
schlicht und einfach unredlich.<br />
(Dieter Heistermann [SPD]: „Es war ein<br />
mal" !)<br />
Hier stellt sich Frau Matthäus-Maier für die SPD-<br />
Fraktion hin, und fordert drastische Kürzungen des<br />
Verteidigungshaushalts, die auch zu Lasten der Bundeswehrsoldaten<br />
gingen; gleichzeitig beginnt Herr<br />
Lafontaine das strukturpolitische Gejammer, weil in<br />
seinem Land nur um ein Prozent gekürzt wird.<br />
(Karl Stockhausen [CDU/CSU]: Viel zuwe<br />
nig!)<br />
Plötzlich hat die SPD die Liebe zur Bundeswehr entdeckt.<br />
Das haben wir soeben auch bei Herrn Müller<br />
erlebt.<br />
(Dr. Walter Franz Altherr [CDU/CSU]: Eine<br />
späte Liebe!)<br />
Herr Müller, Ihnen und Ihrer Partei sage ich dazu: Sie<br />
möchten die Bundeswehr doch am liebsten in den<br />
Kasernen verstecken. Ich erinnere an den Gelöbnisbeschluß<br />
Ihres vorletzten Bundesparteitags.<br />
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU —<br />
Lachen bei der SPD)<br />
-<br />
Für die FDP ist wichtig, daß es bei der Umsetzung<br />
des Konzepts nicht zu einem Verschiebebahnhof für<br />
Soldaten kommen darf. Die Zahl der Umzüge muß<br />
möglichst geringgehalten werden. Die Soldaten und<br />
ihre Familien dürfen keine beliebige Manövriermasse<br />
sein.<br />
(Beifall bei der FDP)<br />
Sie dürfen nicht die Verlierer dieser erfolgreichen Abrüstungspolitik<br />
sein. Dies gilt auch für den zivilen<br />
Bereich.<br />
(Zuruf von der SPD: Eben!)<br />
Im weiteren Verlauf der Beratungen der Standortkonzeption<br />
müssen die anderen Ministerien einbezogen<br />
werden. Der Kollege Beckmann hat darauf hingewiesen.<br />
Dies muß eine Gemeinschaftsaufgabe sein.<br />
Ich erinnere an die Standortschließung bei Stahl<br />
und Kohle, wo schon fast der nationale Nostand ausgerufen<br />
wurde und eine Sondersitzung die andere<br />
jagte. Hier aber geht es um weit über 100 000 Soldaten<br />
und Zigtausende von Zivilbeschäftigten und ihre<br />
Familien, also eine Größenordnung, die noch nie dagewesen<br />
ist.<br />
Deshalb handelt es sich um eine Aufgabe der gesamten<br />
Regierung und des gesamten Parlaments, und<br />
ich beziehe die Opposition ausdrücklich ein, weil ich<br />
noch nicht die Hoffnung aufgegeben habe, daß Sie zu<br />
einem Konsens in der Lage sind.<br />
Ausschließen möchte ich hier ausdrücklich die Kollegin<br />
von der PDS, die sich hier als Spreche rin der<br />
Nachfolgeorganisation der SED hinstellt, uns hier<br />
Vorschriften macht, aber an keiner <strong>Sitzung</strong>, als das<br />
Stationierungskonzept beraten wurde, teilgenommen<br />
hat. Ich frage Sie: Woher nehmen Sie eigentlich Ihre<br />
Informationen? Wenn Sie dann hier als Spreche rin der<br />
SED-Nachfolgeorganisation uns etwas über Abrüstung<br />
erzählen wollen, dann darf ich Sie doch wohl<br />
daran erinnern, daß es die SED war, die ihr Land bis in<br />
den letzten Winkel aufgerüstet hat. Unter diesen Folgen<br />
leiden unsere Mitbürger noch heute, und Sie tragen<br />
dafür die Verantwortung.<br />
Ich bedanke mich.<br />
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)<br />
Vizepräsident Helmuth Becker: Meine Damen und<br />
Herren, das Wort hat nunmehr der Bundesminister der<br />
Verteidigung, Herr Gerhard Stoltenberg.<br />
Dr. Gerhard Stoltenberg, Bundesminister der Verteidigung:<br />
Herr Präsident! Meine Damen und Herren!<br />
Seit der Vorlage und Begründung des Stationierungskonzepts<br />
für die Standorte der Soldaten am 24. Mai<br />
erleben wir in der Öffentlichkeit eine beite, ganz<br />
überwiegend sachbezogene Debatte. Ich will das unterstreichen.<br />
Wir haben seitdem über acht Stunden im Verteidigungsausschuß<br />
diskutiert — heute morgen noch über<br />
die schon erwähnte Folgevorlage für die zivilen Mitarbeiter<br />
der Streitkräfte. Ich hebe das auch hervor,<br />
weil es schon erstaunlich ist, wie Hauptsprecher der<br />
Opposition — Kollege Müller als erster — hier lustig<br />
drauflosreden, die an keiner dieser Beratungen teilgenommen<br />
haben.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)<br />
Von Sachkenntnis ungetrübt übernehmen Sie den<br />
polemischen Teil, und das im Namen einer Partei, die<br />
ja leider im letzten Jahr bewiesen hat — daran ist<br />
schon ein ganzes Jahr lang von Oskar Lafontaine bis<br />
Egon Bahr erinnert worden — , daß sie eine Bundeswehr<br />
von etwa 200 000 Mann wollte. Wenn wir das<br />
umsetzen müßten, würden wir unsere sicherheitspolitische<br />
Verantwortung mißachten und einen Kahlschlag<br />
bei den Soldaten und den zivilen Mitarbeitern<br />
machen, der vollkommen unvertretbar wäre.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)