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33. Sitzung - Deutscher Bundestag

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2636 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode — <strong>33.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991<br />

Dr. Gero Pfennig<br />

beitung von Petitionen, die Bund und Länder gleichzeitig<br />

betreffen, austauschen konnten.<br />

Allen Mitgliedern des Ausschusses möchte ich herzlich<br />

danken. Sie müssen nicht nur den Eingabenzuwachs<br />

bewältigen, sie sind durch Tätigkeit im Petitionsausschuß<br />

und der Mitgliedschaft in den Fachausschüssen<br />

auch einer Doppelbelastung ausgesetzt. Der<br />

gleiche Dank gilt den Mitarbeitern des Petitionsausschusses,<br />

die, wie ich es dargestellt habe, eine enorme<br />

Mehrarbeit schon im Jahre 1990 und fortgesetzt jetzt<br />

auch 1991 bewältigen müssen.<br />

Allen Bürgern, die sich mit ihren Sorgen an den<br />

Petitionsausschuß gewandt haben, darf ich versichern,<br />

daß der Ausschuß in seinem Bemühen nicht<br />

nachlassen wird, berechtigte Interessen engagiert zu<br />

vertreten.<br />

(Beifall im ganzen Hause)<br />

Vizepräsidentin Renate Schmidt: Das Wort hat der<br />

Kollege Horst Peter.<br />

Horst Peter (Kassel) (SPD): Frau Präsidentin! Meine<br />

Damen und Herren! Wir beraten heute über den letzten<br />

Jahresbericht des Petitionsausschusses der vergangenen<br />

Legislaturperiode, deshalb ein knapper<br />

Rückblick auf die vergangene Legislaturperiode. Wir<br />

hatten in den Debatten der letzten Jahresberichte drei<br />

Streitpunkte: Erstens. Gibt es einen Unterschied zwischen<br />

politischen Petitionen und p rivaten Anliegen?<br />

Zweitens. Gibt es die Notwendigkeit, Massenpetitionen<br />

anders als Einzelpetitionen zu behandeln? Drittens.<br />

Ist der Petitionsausschuß ein Überausschuß, der<br />

auch fachpolitische Problemstellungen zu entscheiden<br />

hat?<br />

Inzwischen bin ich der Auffassung, daß sich diese<br />

Streitpunkte im Lichte unserer neuen Grundsätze als<br />

scheinbare Streitpunkte erwiesen haben. Ich bin nun<br />

wirklich kein Feind von Konfrontation,<br />

(Zuruf des Abg. Bernd Reuter (SPD])<br />

— ich gehe keinem Streit aus dem Wege, kann man<br />

auch sagen —, aber die neuen Grundsätze haben die<br />

richtige Konfliktlinie dargestellt. Wir sind im Petitionsausschuß<br />

über die Behandlung von Verfahren<br />

weitgehend einig und können uns dann oft gemeinsam<br />

an der Verwaltung, an der Bundesregierung, am<br />

Arbeitsamt, an der Krankenversicherung usw. abarbeiten,<br />

und das ist, glaube ich, die richtige Zielstellung<br />

im Interesse der Petenten.<br />

Die Ursache dafür sind unsere Verfahrensgrundsätze.<br />

Wir haben uns Mühe gegeben, die Voten differenzierter<br />

zu gestalten. So ist es möglich, die Unterschiede<br />

zwischen politischen und p rivaten Anliegen,<br />

zwischen Einzel- und Massenpetitionen und auch die<br />

Frage, ob der Petitionsausschuß ein übergreifender<br />

Ausschuß ist, auszugleichen. Wir haben uns mit den<br />

neuen Grundsätzen auch die Möglichkeit eröffnet,<br />

den Bundesrechnungshof einzuschalten, wenn es uns<br />

sinnvoll erscheint, das Bundesversicherungsamt einzuschalten,<br />

um in dem Bereich, in dem wir oft machtlos<br />

sind — bei Verhaltensweisen der Sozialversicherungen<br />

—, einen Zugriff zu erhalten. Wir haben ja das<br />

Problem, daß unser Zugriff im Sozialversicherungsbereich<br />

durch die Aufgabe, die die Selbstverwaltung<br />

wahrnimmt, gebremst ist. Ich werde im Laufe dieses<br />

Beitrags verdeutlichen, daß das für Petenten manchmal<br />

eine sehr schwierige Sache ist.<br />

Wir haben auch die kritische Auseinandersetzung<br />

mit den Stellungnahmen der Regierung auf Berücksichtigungs-<br />

und Erwägungsbeschlüsse zu unserer<br />

ständigen Praxis gemacht. Darauf ist der Vorsitzende<br />

des Ausschusses eingegangen; darauf wird dann mit<br />

weniger Verpflichtung zur Zurückhaltung auch der<br />

Kollege Reuter noch eingehen.<br />

Mir ist aus dem inzwischen klargeworden: Die<br />

Trennung in Petitionen mit privatem oder politischem<br />

Anliegen ist eine Scheinalternative, wenn man<br />

so will: ein antiquierter Streit. Jede Petition hat eine<br />

politische Dimension. Der Unterschied liegt in der<br />

Reichweite des Anliegens.<br />

Beispiel 1: Ein Petent aus Norddeutschland bezog<br />

nach Abschluß seines Studiums von Juli bis Dezember<br />

1989 Arbeitslosenhilfe. Er bewarb sich im gesamten<br />

Bundesgebiet und erhielt im Dezember 1989 eine<br />

mündliche Zusage in Frankfurt am Main. Dort suchte,<br />

fand und renovierte er mit Freunden bis Ende Dezember<br />

eine Wohnung. Seinen schriftlichen Arbeitsvertrag<br />

erhielt er erst am 6. Januar 1990. Am 8. Januar<br />

— die Daten sind wichtig — schrieb er seinem zuständigen<br />

Arbeitsamt, daß er einen Arbeitsvertrag abgeschlossen<br />

habe, der ab dem 1. Januar 1990 gelte und<br />

den er seit dem 2. Januar 1990 erfülle. Des weiteren<br />

fragte er nach Rückzahlungsmodalitäten für eventuell<br />

zuviel erhaltene Arbeitslosenhilfe. Außerdem bat er<br />

um Informationen über Beihilfe zu seinen Umzugskosten.<br />

Am 25. Januar teilte ihm das Arbeitsamt mit, daß<br />

sein Antrag auf Gewährung von Umzugskosten verspätet<br />

erfolgt sei — spätestens bis zum Tag der Arbeitsaufnahme<br />

oder am Tag des Umzugs —, und<br />

übersandte als Beleg nunmehr das entsprechende<br />

Merkblatt.<br />

Mit Schreiben vom 20. Februar erteilte ihm das Arbeitsamt<br />

darüber hinaus noch eine förmliche Verwarnung<br />

für seine verspätete Meldung der Arbeitsaufnahme<br />

bezüglich der Zeit vom 2. bis 10. Januar 1990,<br />

sah aber „ausnahmsweise" von einem Verwarnungsgeld<br />

ab.<br />

In der Stellungnahme gegenüber dem Petitionsausschuß<br />

schreibt das Arbeitsamt im Ap ril 1990 zur Begründung<br />

der Ablehnung der Umzugskostenhilfe unter<br />

anderem: „Er hat durch die Durchführung des<br />

Umzugs faktisch bewiesen, daß er auf die Hilfe des<br />

Arbeitsamtes nicht unbedingt angewiesen war." Die<br />

arbeitsverwaltungsbehördliche Posse findet ihren Höhepunkt<br />

in einem Bescheid vom 10. September 1990,<br />

in dem das Arbeitsamt die Arbeitslosenhilfe in Höhe<br />

von 32,10 DM für den 1. Januar 1990 zurückfordert,<br />

da er insoweit die Arbeitsaufnahme nicht richtig mitgeteilt<br />

habe.<br />

Deutlicher als der Petent allerdings in seinem<br />

Schreiben vom 8. Januar 1990 kann man die maßgeblichen<br />

Daten nicht formulieren. Das Arbeitsamt hat<br />

demnach neun Monate später faktisch bewiesen, daß<br />

es der Lektüre einfachster Schreiben nicht unbedingt<br />

gewachsen war. Die Reichweite dieser Petition geht<br />

dahin: Der Arbeitsverwaltung am zuständigen Ort ist

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