33. Sitzung - Deutscher Bundestag
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2708* <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode — <strong>33.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991<br />
nicht grundsätzlich bestreiten will, kann und muß als<br />
ein Mittel zur Rationalisierung beg riffen werden, als<br />
Anlaß für innerbehördliche Vorschriftenentsorgung.<br />
Zeit- und Aufgabendruck schärfen den Blick für das<br />
Wesentliche.<br />
Die Verwaltungen in den neuen Bundesländern,<br />
besonders die Gemeinden, fordere ich auf, die angebotenen<br />
Personal- und Finanzhilfen zum Verwaltungsaufbau<br />
unverzüglich anzunehmen. Die Mitarbeiter<br />
westdeutscher Verwaltungen kommen nicht,<br />
wie es die PDS zum Schutz ihrer Seilschaften darzustellen<br />
versucht, als „Besatzer" , sondern als Menschen,<br />
die aus nationaler Solidarität helfen wollen.<br />
Den offenbar unvermeidlichen Kritikern des Finanzaufwandes<br />
für die Personalhilfen hier im Westen sage<br />
ich: Diese Finanzhilfen sind keine verlorenen Kosten,<br />
sondern Investitionen in unsere gemeinsame Zukunft,<br />
die wir vor allem den Menschen in den neuen Bundesländern<br />
schulden.<br />
Fritz Rudolf Körper (SPD): Unter der Drucksache<br />
12/732 liegt uns der Entwurf eines Gesetzes über die<br />
Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in<br />
Bund und Ländern für das Jahr 1991 vor. Dieser Gesetzentwurf<br />
ist von der Bundesregierung eingebracht<br />
worden. Er hat in erster Linie die Anpassung der Bezüge<br />
der Beamten, Richter und Soldaten sowie der<br />
Versorgungsempfänger des Bundes, der Länder und<br />
Gemeinden entsprechend der allgemeinen wirtschaftlichen<br />
Verhältnisse unter Berücksichtigung des<br />
Tarifabschlusses für den Arbeitnehmerbereich des öffentlichen<br />
Dienstes vom 16. März 1991 zur Grundlage.<br />
Der Vorschlag wird gemacht, die Bezüge linear<br />
um 6 Prozent zum 1. März 1991 anzuheben.<br />
Dazu bleibt festzustellen: Die Beschäftigten des öffentlichen<br />
Dienstes haben Anspruch auf Teilnahme<br />
an der allgemeinen Einkommensentwicklung. Dabei<br />
hat sich in der Vergangenheit das Verfahren bewährt,<br />
die Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst auch auf<br />
den Beamtenbereich zu übertragen. Davon sollte auch<br />
in diesem Jahr keine Ausnahme gemacht werden.<br />
Dies bedeutet nach unseren Vorstellungen, daß man<br />
die Anpassung zum 1. Januar 1991 vornehmen<br />
sollte.<br />
Ich bin überzeugt, daß auch die Beamtinnen und<br />
Beamten bereit sind, ihren Beitrag zur Finanzierung<br />
der deutschen Einheit zu leisten. Eine inhaltliche Abkoppelung<br />
der Beamtenbesoldung vom Tarifergebnis<br />
ist aber nicht der richtige Weg, dies zu gewährleisten.<br />
Eine gerechte Verteilung der Lasten kann nur über<br />
Steuern und die Einführung einer Arbeitsmarktabgabe<br />
erreicht werden.<br />
Wie fragwürdig das von der Bundesregierung vorgeschlagene<br />
Verfahren ist, wird insbesondere im Versorgungsbereich<br />
deutlich. Die Erhöhung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge<br />
und die entsprechende<br />
Belastung der aktiven Beamten haben gleichzeitig<br />
Auswirkungen auf die Versorgungsempfänger. Diesen<br />
wird damit wie den aktiven Beschäftigten ein<br />
Opfer zugemutet, ohne danach zu fragen, ob sie es in<br />
gleicher Weise wie die aktiven Beschäftigten verkraften<br />
können.<br />
Wir von der SPD-<strong>Bundestag</strong>sfraktion bleiben dabei:<br />
Die Arbeitsmarktabgabe für alle — ich betone: für<br />
alle — Erwerbstätigen wäre die bessere, gerechtere<br />
Lösung. Die SPD-<strong>Bundestag</strong>sfraktion hat wiederholt<br />
die Bundesregierung dazu aufgefordert, eine Arbeitsmarktabgabe<br />
zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit<br />
einzuführen. Die Beratung zu diesem Gesetzentwurf<br />
wäre eine gute Gelegenheit, unsere Vorschläge<br />
von seiten der Bundesregierung noch einmal<br />
neu zu überdenken.<br />
Auch müssen die Strukturverbesserungen des Tarifbereiches<br />
auf den Beamtenbereich übertragen werden.<br />
Dies gilt u. a. für die Zulagenregelung bei<br />
Schicht- und Wechselschicht. Benachteiligt werden<br />
offensichtlich nach diesem Entwurf beispielsweise<br />
Feuerwehrbeamte, da ihnen die Zulage vorenthalten<br />
wird, Polizeibeamte, Justizvollzugsbeamte sowie Beamte<br />
der Krankenpflege, da ihnen die Zulage nur zur<br />
Hälfte zugestanden wird. Die Zulagenregelung wird<br />
den Schichtsystemen, insbesondere bei Bahn, Post<br />
und Polizei, offensichtlich nicht gerecht.<br />
Bei den Fragen nach diesen Strukturverbesserungen<br />
sollte der Bund eine enge Absprache mit den<br />
betroffenen Ländern und Gemeinden pflegen. Wir<br />
müssen in den parlamentarischen Beratungen, insbesondere<br />
im Innenausschuß, diesen Komplex sorgfältig<br />
prüfen und uns auch dabei mit den gewerkschaftlichen<br />
Vorschlägen auseinandersetzen.<br />
In diesem Zusammenhang sei mir eine Anmerkung<br />
zum Beteiligungsrecht der gewerkschaftlichen Spitzenorganisationen<br />
bei der Vorbereitung beamtenrechtlicher<br />
Vorhaben erlaubt. Wir von der SPD-<strong>Bundestag</strong>sfraktion<br />
sind der Auffassung, daß dieses Beteiligungsverfahren<br />
bei den parlamentarischen und Regierungsentscheidungen<br />
im Sinne einer größeren<br />
Einflußmöglichkeit der Gewerkschaften verändert<br />
werden sollte. Die Praxis des gegenwärtigen Beteiligungsverfahrens<br />
bei der Erarbeitung von Entwürfen<br />
der Bundesregierung, bei der häufig nicht einmal die<br />
Mindestfrist für Stellungnahmen eingehalten wird,<br />
gibt jedenfalls Anlaß zur Kritik und muß grundsätzlich<br />
verbessert werden.<br />
Es ist schon bedenklich, wenn uns berichtet wird,<br />
daß nunmehr der 23. Fall in Folge vorliegt, in dem der<br />
Bundesminister des Innern seit Sommer 1989 das gesetzlich<br />
zwingend vorgeschriebene Beteiligungsverfahren<br />
der gewerkschaftlichen Spitzenorganisation<br />
mißachtet hat. Nach den mir vorliegenden Informationen<br />
hat es seit Amtsantritt des amtierenden Bundesinnenministers<br />
kein Beteiligungsverfahren von Relevanz<br />
mehr gegeben, bei dem die von mir schon angesprochene<br />
Mindestfrist von sechs Wochen zur Abgabe<br />
von Stellungnahmen eingehalten wurde. Auch diesen<br />
Problemkreis wollen wir bei den anstehenden Ausschußberatungen<br />
ansprechen.<br />
Darüber hinaus wird unsererseits sorgfältig geprüft<br />
werden, wie die Tarifergebnisse auf den Beamtenbereich<br />
übertragen werden. Es geht selbstverständlich<br />
nicht an, daß mit besoldungsrechtlichen Regelungen<br />
in die Tarifautonomie eingegriffen wird. Aus diesem<br />
Blickwinkel werden wir den Gesetzentwurf sorgfältig<br />
prüfen und bei Verstößen gegen den Grundsatz nachdrücklich<br />
Korrekturen vorschlagen.