33. Sitzung - Deutscher Bundestag
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2634 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode — <strong>33.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991<br />
Dr. Gero Pfennig<br />
ja im Vergleich zu den letzten zehn Jahren eindeutig<br />
an der Spitze.<br />
Auch beim Vergleich der Legislaturperioden liegt<br />
die 11. Legislaturperiode mit 52 528 Eingängen insgesamt,<br />
also mit den Sammelpetitionen und den anderen,<br />
weit an der Spitze. Schon jetzt kann die Prognose<br />
für das Jahr 1991 gewagt werden, daß die Zahl der<br />
Eingaben nochmals kräftig, auf ca. 20 000 wachsen<br />
wird.<br />
Dies stellt die Kollegen im Ausschuß, aber auch den<br />
Ausschußdienst vor erhebliche Probleme. Täglich gehen<br />
Zuschriften aus dem gesamten Bundesgebiet ein.<br />
Übrigens, die größte Steigerung unter den Bundesländern<br />
kam aus Berlin unter Einbeziehung des Ostteils<br />
der Stadt. Ab dem Beitritt am 3. Oktober 1990 kamen<br />
von dort insgesamt 883 Zuschriften, d. h. pro 1 Million<br />
Bevölkerung 350. Zum Vergleich: Aus Hamburg kamen<br />
256, aus Nordrhein-Westfalen 254, wobei man<br />
allerdings wissen muß, daß Nordrhein-Westfalen als<br />
bevölkerungsreichstes Bundesland natürlich mit 26 %<br />
aller Petitionen weit an der Spitze liegt. Gegenstand<br />
der Eingaben aus dem Beitrittsgebiet waren die Währungsunion,<br />
die Fragen der Anpassung von Löhnen,<br />
Gehältern und Renten sowie der Eigentumsordnung<br />
von Grundstücken. Hinzu kommen die Forderungen<br />
vieler Petenten nach strafrechtlicher, beruflicher und<br />
verwaltungsrechtlicher Rehabilitierung, weil das Rehabilitierungsgesetz<br />
der ehemaligen DDR nur in Teilen<br />
weitergilt.<br />
Rund 270 Petenten begehrten die Wiedergutmachung<br />
von Schäden, die in der Folge zwangsweiser<br />
Aussiedlung aus dem früheren Grenzgebiet der DDR<br />
zur Bundesrepublik Deutschland entstanden waren.<br />
Natürlich ist auch die Stasi-Problematik Gegenstand<br />
zahlreicher Eingaben gewesen.<br />
Bei den Eigentumsverhältnissen spielten sowohl<br />
Fragen aus dem neuen Bundesgebiet als auch aus<br />
dem alten Bundesgebiet, darunter übrigens auch von<br />
sehr vielen früheren Flüchtlingen, eine Rolle und auch<br />
die Frage der Rückgabe zwischen 1945 und 1949 enteigneten<br />
Eigentums.<br />
Der Petitionsausschuß hat zu allem eine Stellungnahme<br />
abgegeben und insbesondere die Bundesregierung<br />
gebeten, möglichst schnell Fragen wie etwa<br />
der Aussiedlung aus dem Sperrgebiet zu klären. Einzelfragen<br />
können wir als Petitionsausschuß des <strong>Bundestag</strong>es<br />
nicht regeln, weil hier die Kommunal- und<br />
Landesbehörden zuständig sind. Deswegen werden<br />
diese Petitionen an die Eingabeausschüsse der sechs<br />
östlichen Bundesländer weitergegeben.<br />
Der Zusammenhang zwischen Vereinigung und<br />
Zunahme der Eingaben besteht im weitesten Sinne<br />
auch bei der Kriegsfolgengesetzgebung. Viele Bürger<br />
aus dem Beitrittsgebiet begehren Lastenausgleich für<br />
Vertreibungsschäden. Auch sind Forderungen im Zusammenhang<br />
mit Kriegsgefangenenentschädigung<br />
und Häftlingshilfe erhoben worden.<br />
Der Petitionsausschuß hat auch insoweit ein Überdenken<br />
der geltenden Gesetzgebung gefordert und<br />
der Bundesregierung alle Petitionen als Mate rial im<br />
Jahre 1991 nach Abschluß der Grundverfahren überwiesen.<br />
Zu den einzelnen Ressorts. Eine deutliche Steigerung<br />
der Zahl der Petitionen hat es im Bereich des<br />
Bundesjustizministers und des Bundesministers des<br />
Innern sowie des Finanzministers und beim früheren<br />
Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen gegeben.<br />
Beim zuletzt genannten Ressort gingen früher<br />
viele Petitionen mit der Bitte um Unterstützung bei<br />
Übersiedlungen und Häftlingsfreikäufen ein. Im<br />
Jahre 1990 hat sich das mehr auf Fragen des Einigungsvertrages<br />
verschoben.<br />
Insgesamt ist also im Jahre 1990 eine gewisse Verlagerung<br />
der Schwerpunkte der Eingaben festzustellen.<br />
Beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung<br />
verzeichnete man trotz vieler neuer Eingaben<br />
aus dem neuen Bundesgebiet einen leichten Rückgang<br />
und dafür einen starken Anstieg beim Bundesminister<br />
der Justiz. Bei den Fragen der Staatssicherheit,<br />
die ich noch einmal aufgreifen möchte, also Eingaben,<br />
die vor allen Dingen an das Innenministerium<br />
weitergegeben wurden, haben die berufliche Zurücksetzung,<br />
überhaupt die Verfolgung und — nach Beginn<br />
der Vereinigung im Oktober 1990 — auch vor<br />
allen Dingen die Frage von Stasi-Mitarbeitern in den<br />
Arbeitsämtern eine große Rolle gespielt. Hier hat der<br />
Petitionsausschuß die entsprechenden Hinweise über<br />
das Bundesministerium für Arbeit an die Landesanstalt<br />
gegeben. Ich kann heute feststellen, daß beispielsweise<br />
20 Leiter von Arbeitsämtern auf Grund<br />
der Hinweise, die wir gegeben haben, abgelöst worden<br />
sind.<br />
(Beifall bei Abgeordneten der FDP)<br />
Vizepräsidentin Renate Schmidt: Kollege Pfennig,<br />
darf ich Sie einmal — nicht zu Lasten Ihrer Zeit —<br />
ganz kurz unterbrechen? — Darf ich darum bitten, daß<br />
die Stehkonferenz hinten im Saale außerhalb des Saales<br />
oder im Sitzen stattfindet, aber dann so ruhig, daß<br />
der Redner nicht gestört wird und die anderen dem<br />
Redner folgen können. Ich bedanke mich ganz herzlich.<br />
(Beifall bei allen Fraktionen)<br />
Herr Abgeordneter, Sie haben wieder das Wort.<br />
Dr. Gero Pfennig (CDU/CSU): Wie Sie wissen und<br />
wie ich hier schon einmal vorgetragen hatte, hatte die<br />
Volkskammer der ehemaligen DDR einen eigenen<br />
Petitionsausschuß gebildet, dessen Vorsitzender unser<br />
heutiger Kollege Göttsching gewesen ist. Nach<br />
dem Beitritt lagen dort noch eine Reihe unbearbeiteter<br />
Zuschriften. Diese sind unter Mithilfe von Ausschußmitarbeitern<br />
unseres Petitionsausschusses aufgearbeitet<br />
worden und — soweit sie in die Länderzuständigkeit<br />
fielen — an die Petitionsausschüsse in den<br />
sechs östlichen Bundesländern zur Weiterbearbeitung<br />
gegeben worden.<br />
Beim Rückblick auf die Eingänge des Ausschusses<br />
im Jahre 1990 ist in quantitativer Hinsicht vielleicht<br />
am bemerkenswertesten, daß sich neben den Zuschriften<br />
aus dem neuen Bundesgebiet insbesondere<br />
die Zahl der Sammeleingaben mit vielen Unterschriften<br />
merklich erhöht hat. Sie erreichten rund 460 000<br />
gegenüber 300 000 im Vorjahr. Allein 320 000 Bürger<br />
forderten beispielsweise ein sofortiges Verbot der<br />
Herstellung und des Verbrauchs von FCKW.