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33. Sitzung - Deutscher Bundestag

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2682 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode — <strong>33.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991<br />

Konrad Weiß<br />

Rahmen der gewährten Kredite nicht als Entwicklungshilfe<br />

einstufbar. Ich teile diese Einschätzung<br />

ausdrücklich nicht.<br />

Dennoch wird der Aufbau Nicaraguas durch Kredite<br />

belastet, die nicht alle der Entwicklung des Landes<br />

dienten und die nicht von der demokratischen<br />

Regierung unter Präsidentin Chamorro zu verantworten<br />

sind. In meinen Augen ist es daher nicht nur politisch<br />

fragwürdig, sondern auch aus ethischen und humanistischen<br />

Erwägungen heraus unerträglich, wenn<br />

Deutschland heute von Aktivitäten der ehemaligen<br />

DDR profitiert, die mit der Wert- und Rechtsordnung<br />

des Grundgesetzes vielfach nicht im Einklang standen.<br />

Auch aus diesem Grunde habe ich der Präsidentin<br />

Nicaraguas unlängst bei ihrem Besuch in Deutschland<br />

versprochen, mich für eine Streichung dieser<br />

Schulden einzusetzen.<br />

Ich bitte das Hohe Haus, der Bundesregierung die<br />

Streichung dieser Schulden aufzutragen. Dies wäre<br />

ein wirksamer Beitrag Deutschlands zur Unterstützung<br />

einer jungen demokratischen Regierung und ein<br />

wirklicher Erweis der Solidarität mit dem Volk von<br />

Nicaragua.<br />

Ich danke Ihnen für Ihre Geduld zu später<br />

Stunde.<br />

(Beifall beim Bündnis 90/GRÜNE, der SPD<br />

und der PDS/Linke Liste)<br />

Vizepräsident Helmuth Becker: Meine Damen und<br />

Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.<br />

Unser Kollege Klaus-Jürgen Hedrich möchte seine<br />

Rede zu Protokoll geben. Ich denke an das, was wir im<br />

Laufe des Abends vereinbart haben, und bitte um Ihre<br />

Zustimmung. — Ich sehe und höre keinen Widerspruch.<br />

Dann ist das so beschlossen.*) Damit ist die<br />

Aussprache beendet.<br />

Nunmehr hat gemäß § 30 der Geschäftsordnung<br />

unsere Kollegin Frau Ursula Fischer das Wort.<br />

Dr. Ursula Fischer (PDS/Linke Liste): Ich möchte an<br />

dieser Stelle eine persönliche Erklärung abgeben,<br />

weil ich es auch zur Verbesserung der Kultur dieses<br />

Hauses und der Art und Weise, wie hier miteinander<br />

umgegangen wird, für nötig halte. Diese bestürzen<br />

mich doch immer wieder sehr.<br />

Ich bin ganz persönlich von Ihnen angesprochen<br />

worden. Sie haben „Sie" gesagt; Sie haben das nicht<br />

im übertragenen Sinne gemeint. Sie sollten sich vielleicht<br />

Leute einmal besser ansehen. Ich finde es um so<br />

bedauerlicher, daß gerade in diesem Bereich - derart<br />

polemisiert wird.<br />

Ich weiß nicht, ob Ihnen die ganzen Dinge, die ich<br />

vorgetragen habe, bekannt sind, unter anderem, daß<br />

der entsprechende Ausschuß in der damaligen DDR<br />

beschlossen hatte, die Schulden zu streichen. Das ist<br />

nicht genehmigt worden. Das scheint Ihnen offensichtlich<br />

nicht bekannt gewesen zu sein.<br />

Ich habe aber noch etwas anderes dazu zu sagen. Es<br />

ging mir — das habe ich am Anfang gesagt — nicht<br />

allein um Nicaragua. Es ging vielmehr um einen An-<br />

*) Anlage 8<br />

fang, und einen solchen wollte ich an dieser Stelle<br />

machen.<br />

Ich möchte Sie jedoch auch fragen, ob Ihnen bekannt<br />

ist, wer die Häfen in Nicaragua damals vermint<br />

hat und was die Contras gemacht haben. Ich hatte<br />

z. B. Kinder in der Sprechstunde, die nicht mehr gesprochen<br />

haben, weil die Mutter in Anwesenheit der<br />

fünf Kinder von den Contras auf eine Mine gesetzt<br />

worden ist. Solche Sachen habe ich erlebt. Ich möchte<br />

wissen, wie Sie das bewerten. Es liegt nicht immer nur<br />

an einer Seite.<br />

Ich möchte noch eines sagen: Wenn sich jeder Bürger<br />

der BRD dafür verantworten müßte, was meinetwegen<br />

jetzt im Golfkrieg mit Giftgasfabriken usw.<br />

passiert ist, dann ist hier, wenn das eines Tages aufgerollt<br />

wird, auch jeder dafür verantwortlich. Auch ich<br />

bin jetzt dafür verantwortlich, weil ich jetzt im vereinigten<br />

Deutschland lebe.<br />

Sie haben gesagt, ich hätte die Vereinigung noch<br />

nicht im Kopf. Ich frage mich angesichts der Situation<br />

im Osten, wie ich das vollkommen verarbeiten kann.<br />

Ich habe überhaupt keine Idee, wie Sie mit der Mentalität,<br />

mit der anderen Entwicklung, die wir nun einmal<br />

40 Jahre lang durchgemacht haben, umgehen.<br />

Auch Sie hätten 1952 auf dem Gebiet der DDR geboren<br />

worden sein können. Ich weiß nicht, wie Sie sich<br />

entwickelt hätten. Von dem Standpunkt aus sollten<br />

Sie das auch einmal betrachten, und zwar in aller<br />

Ruhe.<br />

Ich halte es für unerträglich, wie hier mit Worten<br />

umgegangen wird. Ich bitte Sie, in Zukunft solche<br />

Anwürfe zu unterlassen.<br />

(Beifall bei der PDS/Linke Liste und dem<br />

Bündnis 90/GRÜNE sowie bei Abgeordne<br />

ten der SPD — Ulrich Irmer [FDP]: Das ist ja<br />

ein Skandal! — Abg. Werner Zywietz [FDP]<br />

meldet sich zu Wort)<br />

Vizepräsident Helmuth Becker: Herr Kollege Zywietz,<br />

was möchten Sie?<br />

(Werner Zywietz [FDP]: Ich möchte ebenfalls<br />

eine persönliche Erklärung abgeben!)<br />

— Bitte sehr.<br />

Werner Zywietz (FDP): Herr Präsident! Ich möchte<br />

nur feststellen, daß ich in meinem Redebeitrag bis auf<br />

die Erwähnung der Berufstätigkeit der Kollegin in<br />

Nicaragua keine persönlichen Anwürfe gemacht<br />

habe, sondern mich ausschließlich mit der politischen,<br />

parteilichen Wertung dieser Thematik beschäftigt<br />

habe. Ich habe mich in keinster Weise persönlich eingelassen.<br />

(Dr. Ursula Fischer [PDS/Linke Liste]: Lesen<br />

Sie es im Protokoll noch einmal nach!)<br />

Vizepräsident Helmuth Becker: Ich nehme an, Herr<br />

Kollege Zywietz, daß das, was Sie jetzt erklärt haben,<br />

auch so zu verstehen ist, wie Sie es jetzt gesagt haben,<br />

daß, selbst wenn etwas vorgekommen ist, dies keine<br />

Absicht war.<br />

Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der<br />

Aussprache über diesen Tagesordnungspunkt.

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