33. Sitzung - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode — <strong>33.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 2597<br />
Vizepräsident Hans Klein<br />
Zur Beantwortung der Fragen ist der Parlamentarische<br />
Staatssekretär Bernd Schmidbauer erschienen.<br />
Ich rufe die Frage 1 des Abgeordneten Karl Stockhausen<br />
auf:<br />
Ist die Bundesregierung bereit, den durch die Verwendung<br />
von „Kieselrot" aus den ehemaligen Hermann-Göring-Werken<br />
in Marsberg (Nordrhein-Westfalen) beim Bau von Freizeitanlagen<br />
betroffenen Kommunen finanziell zu helfen?<br />
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, Sie haben<br />
das Wort.<br />
Bernd Schmidbauer, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister<br />
für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit:<br />
Herr Kollege Stockhausen, auf Ihre Frage<br />
darf ich wie folgt antworten: Die Beseitigung von Bodenkontaminationen<br />
aus der Kriegszeit ist, soweit es<br />
sich nicht um bundeseigene Grundstücke handelt,<br />
eine Aufgabe, die nach Art. 30 und 104 a des Grundgesetzes<br />
als ordnungsbehördliche Aufgabe den Bundesländern<br />
obliegt. Ob und gegebenenfalls in welchem<br />
Umfang der Bund verpflichtet ist, den Ländern<br />
die Aufwendungen für Kriegsfolgelasten zu erstatten,<br />
richtet sich nach einer auf die fünfziger Jahre zurückgehenden<br />
Staatspraxis, die bei der Neufassung des<br />
Art. 120 des Grundgesetzes in den Jahren 1965 und<br />
1969 als fortgeltende Kostenverteilungsregelung zugrunde<br />
gelegt worden ist.<br />
Nach § 1 des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes<br />
sind sämtliche Ansprüche gegen das Deutsche Reich<br />
und die anderen dort genannten Rechtsträger erloschen,<br />
soweit sie nicht durch besondere Bestimmungen<br />
aufrechterhalten wurden.<br />
Nach § 19 Abs. 2 Nr. 1 des von mir erwähnten Allgemeinen<br />
Kriegsfolgengesetzes in Verbindung mit<br />
§ 1004 BGB hat der Bund den Ländern die Kosten für<br />
die Beseitigung solcher Gefahren zu erstatten, die von<br />
Sachen ausgehen, die Eigentum des Deutschen Reiches<br />
oder eines anderen in § 1 AKG genannten<br />
Rechtsträgers waren. Auf Grund dieser Staatspraxis<br />
ersetzt der Bund den Ländern z. B. die Kosten für die<br />
Beseitigung ehemals reichseigener Kampfmittel auf<br />
nicht bundeseigenen Liegenschaften.<br />
Nicht erstattungsfähig — das zielt auf Ihre Frage<br />
ab — sind die Beseitigungskosten für Sachen im Eigentum<br />
anderer natürlicher oder juristischer Personen.<br />
Dies gilt auch für chemische Stoffe, deren Eigentümer<br />
Unternehmen waren, an denen das Deutsche<br />
Reich beteiligt war, z. B. die Hermann-Göring-<br />
Werke.<br />
Maßgebend für eine Kostenerstattungspflicht nach<br />
§ 19 Abs. 2 Nr. 1 AKG ist, daß das Deutsche Reich<br />
selbst Eigentum an den in Betracht kommenden chemischen<br />
Stoffen gehabt hat. Ansprüche gegen das<br />
Deutsche Reich können auch nicht im Wege der<br />
Durchgriffshaftung begründet werden.<br />
Vizepräsident Hans Klein: Zusatzfrage.<br />
Karl Stockhausen (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär,<br />
das war natürlich ein Überrollen mit vielen Paragraphen.<br />
Dem kann man im Moment gar nicht folgen.<br />
Klar ist doch, daß die Hermann-Göring-Werke<br />
Reichseigentum waren, daß die Betroffenen nach<br />
1945 Abfall aus dem Kupferbergwerk in dem Glauben<br />
benutzt haben, sehr billig Sportplätze, Laufflächen<br />
oder andere Einrichtungen mit diesem Kieselrot aufzuschütten.<br />
Heute stellt sich heraus, daß sie dioxinbelastet<br />
sind und daß enorme Aufwendungen, und zwar<br />
von den Kommunen, aber auch von Vereinen, notwendig<br />
sind, das Kieselrot zu beseitigen. Gibt es, abgesehen<br />
von Paragraphen, keinen Ermessensspielraum,<br />
daß der Bund ohne gesetzliche Verpflichtung<br />
bemüht ist, den Kommunen zu helfen?<br />
Bernd Schmidbauer, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege<br />
Stockhausen, ich habe Ihnen die Rechtspraxis<br />
hier dargestellt, sehr theoretisch und für Sie auch zum<br />
Nachvollziehen. Ich darf Ihnen aber gleichzeitig sagen,<br />
daß wir vor wenigen Tagen gemeinsame Handlungsempfehlungen<br />
für diese belasteten Flächen zusammen<br />
mit den Ländern erstellt haben und daß es<br />
darüber hinaus weitere Besprechungen gemeinsam<br />
mit den Ländern gibt, um nach Lösungen in diesem<br />
Bereich zu suchen. Aber im Augenblick ist die Rechtspraxis<br />
so, daß der Bund keine finanziellen Hilfestellungen<br />
geben kann.<br />
Vizepräsident Hans Klein: Weitere Zusatzfrage.<br />
Karl Stockhausen (CDU/CSU): Kann ich aus der<br />
letzten Formulierung entnehmen, daß in Fortführung<br />
der begonnenen Gespräche eventuell doch noch Hilfe<br />
vom Bund zu erwarten ist?<br />
Bernd Schmidbauer, Parl. Staatssekretär: Das kann<br />
ich Ihnen so nicht beantworten. Aber Sie können davon<br />
ausgehen, daß wir bereit sind, im Zusammenhang<br />
mit der Sanierung dieser Flächen — dies wird eine<br />
große Aufgabe für die Länder darstellen — jeden Einzelfall<br />
entsprechend zu prüfen.<br />
(Karl Stockhausen [CDU/CSU]: Schönen<br />
Dank!)<br />
Vizepräsident Hans Klein: Frau Kollegin, eine Zusatzfrage.<br />
Marion Caspers-Merk (SPD): Herr Staatssekretär,<br />
Sie haben in der gemeinsamen <strong>Sitzung</strong> des Sportausschusses<br />
und des Umweltausschusses damals ausgeführt,<br />
daß es möglich sei, eventuell über die Abfallabgabe<br />
zu einer Bundesfinanzierung zu kommen. Halten<br />
Sie diese Aussage aufrecht?<br />
Bernd Schmidbauer, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin,<br />
ich bin Ihnen für die Frage sehr dankbar. Wir<br />
haben bei dieser Ausschußsitzung eine Möglichkeit<br />
aufgezeigt, wie Bund und Länder gemeinsam in dieser<br />
Frage zu neuen Finanzierungsmechanismen kommen<br />
können — Sie haben dort auch gehört, daß eines<br />
der anwesenden Länder, Nordrhein-Westfalen, dies<br />
bereits aufgegriffen hat — , mit denen wir in der Lage<br />
wären, über einen gemeinsamen finanziellen Beitrag<br />
durch eine solche Abfallabgabe solche Dinge als Altlasten,<br />
um den Begriff zu verwenden, zu finanzieren.<br />
Diese Aussage steht.<br />
Vizepräsident Hans Klein: Ich rufe die Frage 2 des<br />
Kollegen Stockhausen auf:<br />
Ist die Bundesregierung bereit, bei den ihr direkt oder indirekt<br />
zugeordneten Dienststellen (Deutsche Bundespost, Deutsche<br />
Bundesbahn, Zoll, Bundeswehr, Bundesgrenzschutz usw.) Hydrauliköl<br />
auf biologischer Basis (beispielsweise Rapsöl) einzusetzen,<br />
um die Belastung der Umwelt zu vermindern?